Untitled
essen.«
»Ah, nein. Ich habe schon gegessen. Bitte, dankt ihm vielmals.«
»Wie Euer Ehren belieben. Gute Nacht.«
»Ebenfalls.«
Und die beiden Schatten verloren sich im Dunkel der Nacht. Wieso nur wollte dieser Trottel von Don Cocò ihm unbedingt etwas zu essen geben?
Er machte die Fensterläden zu und sicherte die Türe mit einer Eisenkette.
Montag, 3. September 1877
Sie saßen am Verhandlungstisch, unser Diener Gottes in seinem bestickten Morgenmantel und Donna Trisìna hochelegant. Padre Carnazzas Brust schwoll an und fiel wieder zusammen, es war als würde er ersticken, weil er keine Luft mehr bekam. Seine Augen hingen halb her aus, wie bei einem gerade geangelten Fisch. »Die beiden Silberkandelaber vom Hochaltar?«
»Jawohl, mein Herr.«
»Aber die sind ein Geschenk der Marchesa Torrenova!«
»Das interessiert mich einen Dreck, wer sie geschenkt hat. Ich will sie.«
» Trisìna, versuch vernünftig zu sein, mein Schönchen, mein Herz. Die beiden Kandelaber sind nicht von mir, sondern gehören der Kirche!«
»Und die Kirche, wem gehört die? Nicht etwa dir?«
»Aber die Marchesa wird ganz sicher bemerken, daß die Kandelaber nicht mehr da sind! Die kommt doch jeden Tag! Und dann verlangt sie Rechenschaft und Erklärungen! Was soll ich ihr dann erzählen, eh? Die ist doch fähig, kleinkariert wie sie ist, sich zuerst an den Polizeileiter zu wenden und anschließend an den Bischof!«
»Ist doch ganz einfach: Euer Ehren sagt, daß die beiden Kandelaber von Dieben gestohlen worden sind und daß Euer Ehren gar nichts weiter darüber weiß.«
»Aber wenn nur, gesetzt den Fall…«
»Priesterchen, so ist es nun mal. Ihr schenkt mir die beiden Kandelaber, und ich schenke Euch dafür, was Ihr begehrt. Auch den ganzen Akt, wie Mann und Frau, auf dem Bett, im Schlafzimmer. Aber wenn Ihr etwas dagegen habt, dann hört die ganze Geschichte hier auf. Und ich komme natürlich auch noch weiter in die Kirche, aber ich komme nicht mehr hier herauf, um Sie zu besuchen. Denken Sie darüber nach. Ich lasse Ihnen Bedenkzeit bis Mittwoch.«
Sie stand auf und ging. Krack machte die Treppe. Der geistliche Herr war schweißgebadet. Die beiden sechsarmigen Kandelaber aus reinem Silber! War dieses Weib denn verrückt geworden? Ja, und er war sicherlich auch verrückt nach diesem Weib. Plötzlich sprang er auf und ging zur Türe. Trisìna war unten an der Treppe angekommen.
»Trisi!«
»Ehje?«
»Zweimal.«
»Nur einmal.«
Und sie machte Anstalten wegzugehen. »Warte!« flehte sie der Diener Gottes an. Unter sich sah er die Holztreppe, und es war ihm, als stünde er vor dem Höllenschlund. »Entscheiden Sie sich nun oder nicht?« fragte Trisìna. Er entschied sich.
»Nicht nötig, bis Mittwoch zu warten. Komm morgen früh.«
Punkt acht kam er beim Präsidium an. Stiddruzzo hatte vom Haus bis Montelusa drei Viertel Stunden gebraucht. Er stieg ab, brachte das Pferd in den Reitstall des Präsidiums und übergab es den Knechten. Dann begab er sich gleich nach oben, ins Büro des Präsidenten, der an diesem Morgen besonders schlechter Laune zu sein schien.
»Guten Morgen, Bovara. Heute bin ich wirklich nicht…«
»Ich stehle Ihnen nicht viel von Ihrer Zeit, Signor Präsident. Ich mochte von Ihnen lediglich erfahren, wer La Mantìa und Fasùlo sind.«
»Wie?« sagte der Präsident, Commendatore La Pergola. »Sie heißen La Mantìa und Fasùlo, und nach dem, was mir Caminiti, der Amtsdiener, erzählt hat, sind die beiden Herren, von ihnen entsprechend autorisiert, gekommen, um in Bendicòs Papieren herumzustöbern.«
»Ach, ja. Jetzt erinnere ich mich«, sagte der Präsident, der ein Lächeln versuchte, seine Rolle aber schlecht spielte. »Ja, ja, das stimmt, sie hatten mein Einverständnis. La Mantìa ist der Stellvertreter des Polizeiamtsleiters Spampinato, er hoffte, er könnte das eine oder andere Indiz finden, das zur Enthüllung des Mörders fuhren würde.«
»Ich verstehe. Und hat er etwas gefunden?«
»Nein, nichts.«
»Und der andere?«
»Advokat Fasùlo, tja, wissen Sie, der ist ein frommer Mann und bereit, auch noch das letzte Hemd für andere herzugeben.«
»Ich verstehe nicht ganz, entschuldigen Sie bitte.«
»Sehen Sie, das ist eine äußerst heikle Sache… Der arme Bendicò mochte die Weibsbilder so gern… Sogar sehr gern… Es heißt, er soll sogar eine blutjunge Geliebte gehabt haben…«
»Ja, gut, in Ordnung, aber wieso dieser
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