Untitled
Hut des Priesters war ein paar Schritte weiter gerollt. Giovanni war in Schweiß gebadet, er wußte nicht, was er tun sollte. Der Priester selbst half ihm, indem er die Augen öffnete, die er vorher fest verschlossen hatte, und blickte ihn starr an. Da erkannte Giovanni ihn: das hier war der berühmte Padre Carnazza, mit dem ihn jemand aus dem Finanzpräsidium bekannt gemacht hatte und über den sein Cousin Fefè ihm soviel erzählt hatte. Der Priester blickte ihn weiterhin starr an und versuchte schließlich, irgend etwas zu artikulieren. »Spa…ato…spa…iiii…ato«
Spaiato? Was sollte das bedeuten? »Sparato« vielleicht? Geschossen?
Er schob eine Hand unter den Kopf des Verletzten und hielt ihn ein wenig in die Höhe. Plötzlich schnappte der Priester wie eine Zange nach Giovannis rechter Hand, die dieser in die Luft gehalten hatte, weil er nicht wußte, wo er sie aufstützen sollte, und zog sie fest an sich, wodurch er Giovanni zwang, mit seinem Gesicht ganz dicht an seines zu kommen. Aber das mußte Don Carnazza wohl übermäßig angestrengt haben, denn erschöpft schloß er wieder die Augen. Giovanni dachte schon, er sei tot, doch die Umklammerung des Verletzten war noch immer fest. Der Priester öffnete wieder die Augen und machte noch einmal einen Versuch, etwas zu sagen.
»Mo… ro… mo… ro… cu… scinu… Fu… fu… moro… cuscinu…«
Cuscinu? Was hieß das? Vielleicht »cuscino«? Ein Kissen? »Wollen Sie ein Kissen?« fragte Giovanni ihn verzweifelt und völlig benommen.
»Fffff… aaaaa… nnnnnn… cu… lo«, sagte der Priester und ließ seine Hand los. Er schloß die Augen, neigte seinen Kopf zur Seite und starb.
Sollte er wirklich gesagt haben »Vaffanculo«? War es möglich, daß ein Priester, was für ein Gauner er auch immer gewesen sein mag, ihn im Augenblick des Todes wirklich zum Teufel schickte? Nein, unmöglich, wer weiß, was er hatte sagen wollen, er, Giovanni, hatte nur nicht verstanden.
»Padre! Padre!« rief er und schüttelte ihn. Der andere antwortete nicht. Entweder hatte er keinen Atem mehr, um reden zu können, oder er wollte einfach nicht mehr mit jemandem sprechen, der sowieso nichts verstand. Oder war er tot?!
Voller Entsetzen fühlte er ihm den Puls. Er schlug nicht. Was tat er eigentlich noch da? Er stand auf, zog seinen Überwurfmantel aus, bedeckte den Körper des Priesters, lief zum Pferd, schwang sich darauf und jagte im Galopp nach Montelusa.
Am Abend zuvor hatte Advokat Gregorio Fasùlo seinen Teil zu dem beigetragen, wozu Don Cocò ihn angewiesen hatte. Er war persönlich in die Wohnung des Kanonikus gegangen, um Padre Carnazza mitzuteilen, daß Don Cocò, vor allem nach dem Schiedsentscheid, mit dem das Landstück Pircoco Don Memè weggenommen worden war, daß er, mit einem Wort gesagt, die Dinge zwischen ihm und seinem Cousin Memè ins Reine bringen wollte. Eine Übereinkunft sei nach Ansicht von Don Cocò möglich. Um Geschwätz und bösartiges Gerede im Ort zu vermeiden, habe Don Cocò eine Begegnung auf dem Land organisiert, im kleinen Häuschen von Ciccio Peralta, an der Straße nach Vigàta, um zehn Uhr am nächsten Morgen. Don Cocò persönlich würde die Zusammenkunft zwischen den beiden Cousins überwachen.
Der geistliche Herr hatte zwar sein Gesicht verzogen, aber schließlich doch akzeptiert. Er wußte nicht, daß Don Cocò überhaupt kein Versöhnungstreffen mit Don Memè organisiert hatte oder besser: Padre Carnazza würde zwar auf dem Weg zu Peraltas Landhäuschen seinen Cousin Memè treffen, der aber wollte gar nicht mit ihm sprechen, sondern nur ihn erschießen und Schluß. Don Cocò würde es als seine Aufgabe ansehen, Memè aus möglichen Schwierigkeiten herauszuhelfen, das hatte er ihm hoch und heilig versprochen. Als Sciaverio Pipitone, der damit beauftragt war, die ganze Mordangelegenheit aus der Ferne zu verfolgen, in der Kanzlei von Advokat Fasùlo erschien, begriff dieser auf der Stelle, daß irgend etwas nicht ganz nach Plan verlaufen war. »Was ist passiert?«
»Don Memè hat den Pfarrer getroffen, hat ihn hinter den Felsblock geschleppt und ihn erschossen.«
»Dann ist also doch alles gut verlaufen?«
»Ja und nein. Als Don Memè sich davongemacht hatte, bin ich nähergekommen, um zu sehen, ob der Pfarrer tot war oder nicht, und genau da tauchte der Mühleninspekteur auf, der, der Bovara heißt, und der…«
»Herrjesseschrist! Das hatte uns gerade noch gefehlt! Und was hat dieses Arschloch
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