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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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vorgenommen werden, keineswegs. Aber intensive Nachforschungen haben mich davon überzeugt, daß er ebensowenig die Rolle eines menschlichen Huhns spielte, das gedankenlos bei der Vernichtung einer schwächeren Henne mitmachte...«

    Sie lag
    (ich fürchte mich nicht fürchte mich nicht vor ihr)
      auf ihrem Bett, den Arm über die Augen gelegt. Es war Samstag abend. Wenn sie das Kleid nähen wollte, das sie im Sinn hatte, mußte sie morgen damit beginnen,
      (ich fürchte mich nicht Momma)
      spätestens. Das Material hatte sie bereits bei Johns in Westover gekauft. Über die schwere Fülle des Samts war sie erschrokken. Auch über den Preis war sie erschrocken, und sie hatte sich zudem von dem Geschäft einschüchtern lassen, von seiner Größe. Elegante Damen liefen in den neuesten Frühjahrskleidern umher und prüften ganze Berge von Stoffen. Dies alles war Welten entfernt von Woolworth in Chamberlain, wo sie sonst ihre Stoffe kaufte.
      Sie war eingeschüchtert, aber sie ließ sich nicht abschrecken. Denn wenn sie wollte, konnte sie alle schreiend auf die Straße hinausschicken. Schaufensterpuppen fallen um, Lichter verlöschen, Stoffballen schießen durch die Luft und wickeln sich ab. Wie Samson im Tempel konnte sie Verwüstung über sie kommen lassen, falls sie es wollte.
      (ich fürchte mich nicht)
      Das Paket hatte sie auf einem Regal im Keller versteckt. Sie wollte es heraufholen. In dieser Nacht.
      Sie öffnete die Augen.
      Zucken.
      Ihr Sekretär hob sich in die Luft, bebte einen Augenblick, und ging weiter in die Höhe, bis er fast die Decke berührte. Sie senkte ihn. Hob ihn. Senkte ihn. Jetzt das Bett, mit ihrem eigenen Gewicht. Auf. Ab. Auf. Ab.
      Sie war fast gar nicht müde. Nun, ein bißchen schon. Nicht sehr. Die Fähigkeit, vor zwei Wochen beinahe verloren, war wieder voll da. Sie hatte mit einer Schnelligkeit Fortschritte gemacht, die nun beinahe erschreckend war.
      Und jetzt unkontrolliert — wie das Wissen um die Menstruation —, stürmte eine Schar von Erinnerungen auf sie ein, als sei ein gedanklicher Damm eingerissen worden, und fremde Wassermassen hereingeflutet. Es waren verschwommene, ungeordnete Klein-Mädchen-Erinnerungen, aber sehr anschaulich. Wie sie Bilder an den Wänden tanzen ließ; den Wasserhahn von der anderen Seite des Zimmers aus andrehte, wie Momma sie aufforderte
      (Carrie schließ das Fenster es wird regnen)
      etwas zu tun, und Fenster plötzlich im ganzen Haus zuschlugen; wie Miß Macaferty plötzlich vier flache Reifen hatte, weil die Ventile losgeschraubt worden waren; die Steine
      (!!! nein nein nein nein!!!)
      — aber jetzt gab es keine Möglichkeit mehr, die Erinnerung zu verdrängen, so wenig wie man die Tatsache der monatlichen Regel verdrängen konnte. Und diese Erinnerung war nicht verschwommen, nein, diese nicht; sie war grell und hart, wie gebündelte Lichtstrahlen: das kleine Mädchen
      (Momma hör auf Momma nicht ich kann nicht atmen o mein Hals o Momma es tut mir leid ich habe geguckt o meine Zunge Blut in meinem Mund)
      das arme kleine Mädchen
      (schreiend: kleine Nutte o ich weiß wie das mit dir ist ich weiß was mit dir geschehen muß)
      das arme kleine Mädchen, halb in der Kammer, halb draußen liegend, schwarze Sterne tanzten überall, ein süßes, entferntes Schwindelgefühl, die geschwollene Zunge lallend zwischen den Lippen, um den Hals ein Ring aus blauen Flecken, wo Momma sie gewürgt hatte, und dann kam Momma zurück, kam zu ihr, Momma hielt Daddy Ralphs langes Metzgermesser
      (rausschneiden ich muß die teuflischen Sünden aus dem Fleisch rausschneiden ich weiß davon o die Augen schneide deine Augen raus)
      in der rechten Hand, Mommas Gesicht zuckte und arbeitete, Speichel an ihrem Kinn, hielt Daddy Ralphs Bibel in der anderen Hand,
      (du wirst diese nackte Verderbnis nie mehr anschauen)
      und etwas zuckt, nicht zucken, sondern ZUCKEN, etwas Riesiges und Unförmiges und Titanisches, eine Springflut aus Kraft, die sie jetzt nicht besaß und nie mehr wieder besitzen würde, und dann fiel etwas auf das Dach, und Momma schrie und ließ Daddy Ralphs Bibel fallen, und das war gut, und dann mehr Schläge und Gepolter, und dann begann das Haus die Möbel herumzuwerfen, und Momma ließ das Messer fallen und fiel auf die Knie und begann zu beten, streckte die Hände empor und schwankte auf ihren Knien hin und her, während Stühle durch die Halle zischten und das Bett im oberen Stock

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