Untitled
Gefahr begeben solltest, dann musst du dir jederzeit darüber im Klaren sein, dass ich, falls tatsächlich jemand auf dich schießen sollte, mein Möglichstes tun werde, um die Kugel abzufangen.«
Mit diesem Bekenntnis hatte er sie offenbar schockiert. Gut. Vielleicht würde sie dann zweimal nachdenken, bevor sie sich in Gefahr begab.
Molly versuchte, die Stimmung zu heben. »Bist du denn auch einer von diesen immer rechthaberischen, fordernden Ehemännern?«
»Einer von denen, der sich aufregt, wenn auf seine Frau geschossen wird?«, konterte er. »Ja.« Er küsste die Narbe auf ihrem Arm, küsste ihre Schulter, ihren Hals, ihre Brüste, und sie zerrte an seinem Hemd, wollte, dass er es auszog. Er half ihr dabei, ließ sich von ihr zurück auf das Bett stoßen, ließ sich von ihr besteigen. »Einer von der egoistischen Sorte, der sie nicht mehr in die Staaten zurück lässt – hast du dir das wirklich gut überlegt?«, fragte er sie. »Deine Familie lebt dort.« Im vermaledeiten Iowa. Was wollte sie bloß in Kenia?
»Meine Familie ist jetzt hier«, sagte sie.
Dann küsste sie ihn, als wüsste sie genau, wie viel ihm diese Worte bedeuteten, als wüsste sie genau, dass sie ihm damit einen dicken Kloß im Hals beschert hatte.
Er war doch ein großer, knallharter, gefährlicher Kerl, der eigentlich keine feuchten Augen bekommen und denken sollte: »Scheiße, das ist das Schönste, was ich in meinem ganzen Leben gehört habe« oder: »Hey, jetzt ist sie meine Frau«, und dabei völlig aus dem Häuschen geraten.
Er hatte sich immer eingeredet, sein Lieblingssatz mit drei Wörtern sei »Fick mich fester« und nicht etwa »Ich liebe dich«.
Aber Molly wäre nicht Molly gewesen, hätte sie ihm in dieser Nacht nicht alle beide ins Ohr geflüstert.
Und Jones wusste, dass es nur einen einzigen Grund gab, weshalb sie es nicht in alle Welt hinausschrie: Weil sie nä m lich übte, leise zu sein.
In dieser Hinsicht hatten sie noch sehr viel Arbeit vor sich. Sehr viel Arbeit.
Aber natürlich konnte man nicht erwarten, dass immer alles wie geschmiert lief.
Pulau Meda, Indonesien
24. Juni 2005
Gegenwart
Gina griff mit den Fingern direkt in die Dose und aß Affe n gulasch, während sie auf Emilios Geisel-Fernseher CNN schaute.
Na gut, okay, wahrscheinlich war es kein Affenfleisch, aber das Etikett hatte keine englische Beschriftung, und sie hatte nicht den blassesten Schimmer, was darauf stand. Auf der Dose war auch eine kleine Zeichnung – ein Affenkopf mit einer kecken roten Mütze, der mit dem Auge zwinkerte. Das war vermutlich nur das Firmenlogo und hatte wohl nichts mit dem Inhalt der Dose zu tun.
Ähnlich wie die Meerjungfrau auf diesen Thunfisch-Dosen.
Als Kind hatte sie sich immer geweigert, Thunfischsalat zu essen, weil sie Angst hatte, sie könnte dann eine der weniger beliebten Schwestern Arielles zerkauen.
Ihre drei älteren Brüder hatten sie deshalb gnadenlos ve r spottet. Bis heute wurden im Haus der Vitaglianos darüber Witze gemacht.
Da, wo sie jetzt war – von East Meadow, Long Island, am anderen Ende der Welt aus gesehen – hätte Gina praktisch alles dafür gegeben, wenn ihre Brüder sich über sie lustig g e macht hätten.
Was sie wohl gerade dachten, was sie wohl gerade machten? Ob sie aufgrund der Terrordrohungen zu Hause blieben und nicht zur Arbeit gingen?
Gina hatte niemals damit gerechnet, dass der Fernseher auch funktionierte. Emilio musste eine Satellitenschüssel haben, denn HBO und Showtime konnten sie ebenso empfangen wie verschiedene Nachrichtensender.
Seit über einem Jahr hatte sie keine Folge von Sex and the City mehr gesehen, und auf einem Sender lief eine Episode nach der anderen, aber jetzt musste sie unbedingt Nachrichten sehen. Den Ton hatte sie leise gedreht, um Molly nicht zu stören, die immer noch fest schlief.
Sie zappte zwischen den einzelnen Nachrichtensendern hin und her und sah zu, wie die verschiedenen Sprecher das meiste aus dieser Terrorwelle herausholten. Nach der En t hüllung der Al-Qaida-Pläne, in wichtigen Städten überall auf der Welt schmutzige Bomben explodieren zu lassen, herrschte mittlerweile Alarmstufe Orange.
Immer noch hatte man eine Bombe nicht entdeckt, wah r scheinlich irgendwo im Großraum San Francisco. Oder vielleicht auch in Washington D.C.
Und nach der Werbung: Wie man die Explosion einer schmutzigen Bombe überlebt. Bleiben Sie dran, um weitere Einzelheiten … Pfff.
Wenn das Ziel der Terroristen darin bestand, die Welt in
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