Untitled
hatte sich eingeredet, es sei Habgier. Das ganze Geld – sollte er es wir k lich einfach da liegen lassen? Also hatte er es genommen und war davongerannt. Aber nicht vor den Schurken, die hinter diesem Geld her waren. Er war vor Molly davongerannt. Davor, wie schön es war, mit ihr zusammen zu sein. Vor der Gewissheit, dass er sie nicht beschützen konnte, dass sie bei ihm niemals in Sicherheit sein würde, nicht, solange Chai am Leben war.
Die bösen Buben hatten natürlich weiter nach dem Geld gesucht. Und als sie es nicht finden konnten, da hatten sie auf Molly geschossen.
»Ich will es sehen«, sagte er jetzt. Er schob sich von ihr herunter und half ihr, sich im Bett aufzusetzen.
Molly wäre nicht Molly gewesen, hätte sie nicht genau gewusst, was er meinte. »So schlimm ist es gar nicht.«
»Warum behältst du dann das Kleid an?«, fragte er.
Sie gab ihm eine ehrliche Antwort. »Das ist meine Hoc h zeitsnacht, mein Gebieter. Ich soll alle möglichen wunde r schönen Erinnerungen an diese unsere erste Begegnung als Mann und Frau im Gedächtnis behalten. Verzeih mir meine Oberflächlichkeit, aber zusehen zu müssen, wie die Manne s pracht meines Bräutigams auf Erdnussgröße zusamme n schrumpft, wenn ich mir das Hochzeitskleid ausziehe, das ist in meinen Augen alles andere als wunderschön.“ Molly schlüpfte aus den Ärmeln und … Oh Gott.
Sie versuchte ihn abzulenken, indem sie auch noch ihren Büstenhalter auszog. Er liebte ihre Brüste, so weich und voll, und das wusste sie auch, aber …
Herrgott noch mal.
In gewisser Hinsicht hatte sie sogar Recht. So schlimm war es gar nicht. Es sah eigentlich genau danach aus, was es auch war – eine verheilte Schusswunde im weichen Teil ihres Oberarms. Kleine, leicht runzelige Eintritts- und Austritt s narben.
Aber eben deshalb, weil es genau danach aussah, was es war – nämlich die Narben einer Schussverletzung – konnte es gut sein, dass ihm gleich schlecht wurde.
»Es tut mir so leid«, flüsterte er.
»Mir auch«, erwiderte sie. »Aber es hätte so viel schlimmer ausgehen können.«
Kein Scheiß. Die Kugel, die sich in das Fleisch ihres Obe r arms gebohrt hatte, hätte auch ihre Brust treffen können. Oder ihren Hals. Oder ihren Kopf.
Und wenn, dann wäre sie jetzt schon drei Jahre tot. Und er auch. Vielleicht nicht körperlich, aber emotional garantiert.
Panik erfasste ihn. Und wenn er nicht Recht hatte? Wenn das alles doch nicht so einfach war?
Er hatte im Brustton der Überzeugung gesagt, dass er glaubte, dass sie nichts zu befürchten hatten, und dazu stand er auch. Die Geschichte, wie Molly Anderson irgendeinen AAI-Sonderling geheiratet hatte, um einem kenianischen Mädchen das Leben zu retten, würde international die Runde machen. Wenn überhaupt, dann würde sie zu seinem Vorteil dienen – als Bestätigung der Gerüchte über Grady Morants alias David Jones’ vorzeitiges Ableben.
Solange sie keine besondere Aufmerksamkeit auf sich zogen, war alles in Ordnung. Sicher, er musste von nun an bis zu seinem Tod Leslie Pollard sein, aber da gab es ganz b e stimmt Schlimmeres.
Nein, das, was ihm jetzt so zu schaffen machte, war die Erkenntnis, dass es Leute gab, die Molly nach dem Leben trachteten, und zwar aus Gründen, die gar nichts mit ihm zu tun hatten.
Obwohl, wenn er vielleicht immer in ihrer Nähe blieb und sie niemals aus den Augen ließ …
Sie küsste ihn sehr liebevoll. »Alles in Ordnung?«
Er legte den Kopf ein Stück zurück, um ihr in die Augen sehen zu können. »Das ist das letzte Mal, dass wir so etwas machen«, sagte er. »Wir bringen Lucy nach Marsabit, fahren zurück ins Lager und verbringen jeden freien Augenblick damit auszuprobieren, wie man völlig geräuschlosen Sex haben kann.« Wo die Segeltuchwände doch so dünn waren und alles …
»Ich glaube, ich werde sehr viel üben müssen«, meinte sie und küsste ihn schon wieder.
»Ansonsten haben wir wahrscheinlich nur die Alternative, dass ich mit meinem Leslie- Akzent Bin ich gut ? sage.« Er probierte es aus. »Bin ich gut?«
Molly lachte. Er liebte dieses Lachen. Aber sie hörte ein bisschen zu früh wieder auf damit. »Ich kann dir nichts ve r sprechen«, sagte sie. »Wegen … du weißt schon. Wenn wieder mal ein Mädchen ins Lager kommt und Hilfe braucht …«
»Ja, ja.« Das war genau das, wovor Jones Angst hatte. »Wie wär’s denn damit: Du verlässt das Lager nicht ohne mich. Niemals. Ohne jede Ausnahme. Und wenn du dich dann tatsächlich einmal in
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