Untitled
er. »Sie hat mehr Ahnung von Fremdsprachen als ich.« Er wandte sich an Max. »Ich glaube, ich weiß jetzt, was dieser ganze Affenzirkus soll. Ich glaube, ich weiß, wer hinter mir her ist.« Er zeigte ihm das Flugblatt. »Siehst du den Kerl da? Er hat Chai einen großen Batzen Geld dafür bezahlt, dass ich seine Geliebte umbringen soll.«
»Er heißt Heru Nusantara«, sagte Jones. »Ich weiß nicht, um welches Amt er sich bewirbt, aber offensichtlich gibt es da jemanden, der seinen Wahlkampf finanziert.«
»Ich glaube nicht, dass es um ein bestimmtes Amt geht«, meinte Molly. Sie saß inzwischen wieder am Tisch und las das Flugblatt durch. »Ich glaube, es ist nur, ich weiß auch nicht, eine Art Propaganda …? Hier steht nirgends, wofür er sich bewirbt. Zumindest kann ich nichts dergleichen en t decken. Ich meine, es gibt hier schon ein paar Parallelen zu den Dialekten, die ich verstehe, aber …«
»Du kannst das sehr viel besser als ich«, sagte Gina. Der Tee hatte jetzt endlich fertig gezogen, und sie goss zwei Tassen voll. Eine stellte sie vor Molly auf den Tisch.
»In diesem Absatz hier geht es um Ost-Timor.« Molly deutete auf den Anfang des Flugblatts. Erschöpft lächelte sie Gina zu. »Danke.«
Gina nahm sich ihre Tasse und setzte sich an den Tisch neben Max, der sich durch die gefundenen Disketten klickte.
Molly war eindeutig überlastet, müde, verärgert, ve r ängstigt – Gina hatte vollstes Verständnis dafür. Der letzte Monat war die Hölle gewesen, und es war noch lange kein Ende in Sicht.
Als ob er ihre Gedanken lesen konnte, lehnte Max, der bi s her das Kinn in die Hand gestützt hatte, sich ein wenig zurück und legte den Arm auf ihre Stuhllehne. Hier in der Küche war es zu warm, um sich richtig aneinanderzukuscheln, aber er berührte sie trotzdem – ganz leicht streiften ein paar Finge r spitzen ihren Rücken, kaum spürbar.
Sie hätte um ein Haar angefangen zu weinen.
Er war hier. Neben ihr.
Er liebte sie – irgendwie hatte er endlich seinen Frieden damit gemacht.
Sie war wunschlos glücklich – abgesehen vielleicht davon, dass sie noch weitere hundert Jahre mit Max an ihrer Seite erleben wollte.
Das Problem dabei war, dass ihre Nahrungs- und Wasse r vorräte nur ein paar Wochen reichen würden. Höchstens. Von dem Panzer ganz zu schweigen.
Aber trotzdem, Max war hier. Er war nicht nur eine Stimme aus einem Funkgerät, nicht nur ein Produkt ihrer Fantasie.
»Hier steht etwas von einem amerikanischen Konzern, der ins Land kommen will.« Molly blickte Jones an. »Gibt es in Ost-Timor nicht …? Es liegt mir auf der Zunge, nicht Öl …«
»Erdgas«, sagte er. »Aber wegen der Gewalt und der ständigen Kämpfe auf der Insel traut sich niemand ran.«
»Ich glaube, hier steht, dass dieser Politiker, Heru Nusantara, an einer Vereinbarung mit einer Firma, die sich Alliance Co. nennt, mitgewirkt hat«, sagte Molly. »Um dadurch Arbeitsplätze und Geld für die Region zu beschaffen – und Ost-Timor ein für alle Mal zu einem festen Bestandteil Indonesiens zu machen.«
»Ganz bestimmt«, sagte Jones spöttisch. »Als ob das jemals was werden könnte. Irgendwelche Leute werden dabei garantiert reich, aber bestimmt nicht die hungernden Menschen in Ost-Timor.«
»Hier steht auch, wieso es in Dili eine amerikanische Bo t schaft gibt«, fuhr Molly fort. »Anscheinend ist sie mit dem Schutz der Alliance Co. beauftragt. Man geht davon aus, dass die Präsenz der USA in Ost-Timor für mehr Stabilität sorgen kann.«
»Und was hat dieser Politiker mit dir zu tun?«, wollte Max von Jones wissen.
»Nusantara war einer von Chais … nun ja, Geschäft s partnern würde man wohl sagen«, meinte Jones.
Molly ließ ein verächtliches Schnauben hören. »Hier steht, er bringe Ehrlichkeit und Vertrauen nach Indonesien zurück. In dem ganzen Blättchen dreht es sich nur darum, was er für ein toller Hecht ist. Unbestechlich. Ha, Heru, der Held des Volkes. Genau.«
»Wenn das stimmt, dann kann ich verstehen, wieso er nach mir sucht«, sagte Jones. »Ich kenne da ein paar ziemlich schmutzige Details.«
»Zum Beispiel?«, fragte Max, wobei er anscheinend nach wie vor konzentriert auf den Computerbildschirm starrte. »Du hast vorhin seine … Geliebte erwähnt?«
Jones nickte. »Sie war gerade erst sechzehn Jahre alt. Und schwanger. Chai hat sie mir übergeben und gesagt, ich soll sie umbringen.«
»Ach, du lieber Gott«, sagte Molly.
»Ich hab’s nicht gemacht, okay?«, zischte er sie
Weitere Kostenlose Bücher