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Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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vielleicht oder den Ring, den sie immer getragen hatte.
    Fast so, als wollte Max ihn beschäftigen, um ihn vom Hotel fern zu halten.
    Und das – aha! – war der Punkt, erkannte Jules. Max wollte alleine sein, während er Ginas Sachen durchging, während er sich mit der Tatsache konfrontiert sah, dass es ein mächtiger, oberdämlicher, riesenidiotischer Fehler gewesen war, sie überhaupt gehen zu lassen.
    »Das ist ja Wahnsinn«, sagte Victor gerade, ohne Jules’ düsteren Warnungen die geringste Beachtung zu schenken.
    »Das heißt nicht …«, setzte Jules noch einmal an, aber Vic schnitt ihm das Wort ab.
    »Ja, ja, ja«, sagte er. »Dass sie nicht tot ist. Hab ich kapiert. Aber im Augenblick können wir uns diesen Das-Glas-ist-halb-leer-Blödsinn nicht erlauben. Kannst du dich also an die gesicherten Tatsachen halten?«
    Aber Victor wollte gar nicht alle Tatsachen hören. Er wollte nur die hören, die positiv und hoffnungsvoll klangen.
    Hoffnung konnte etwas Wunderbares sein, das wusste Jules … in verträglichen Dosen. Aber wenn sie zu groß wurde, wenn sie die Realität überschattete, wenn jede schlechte Nachricht überhört wurde, nur um die Theorie zu stützen, dass Gina noch am Leben war, tja, dann konnte es sehr ungemütlich werden, wenn die Wirklichkeit schließlich ihr hässliches Haupt erhob.
    »Ginas Reisepass wurde bei einer jungen Frau gefunden, von der wir mittlerweile glauben, dass sie eine Terroristin war«, wiederholte Jules die Neuigkeiten, die er gerade Max mitgeteilt hatte. Aus seiner Sicht war das keine besonders gute Nachricht. Sie war, um genau zu sein, sogar äußerst u n gut. Sie bedeutete nämlich, dass Gina aller Wahrscheinlic h keit nach nicht bei der Explosion ums Leben gekommen war, sondern schon etliche Tage zuvor. Aber wenn er seine Stimme fröhlich genug klingen ließ, dann fragte Victor vielleicht nicht nach. »Er hat in einer versteckten Tasche unter der Bluse der Frau gesteckt«, fuhr er fort.
    Augenzeugen hatten ausgesagt, dass die Frau, die er und Max in Ginas Sarg entdeckt hatten, nur wenige Augenblicke vor der Explosion aus einem VW Jetta ausgestiegen und in eine Bäckerei gerannt war.
    Diese Kleinigkeit hatte Jules zwar Max mitgeteilt, aber Ginas Familie durfte es noch nicht erfahren. Genauso wenig wie die Tatsache, dass ein Flugticket auf Ginas Namen g e kauft worden war – nur Hinflug, nach New York –, und zwar für den Tag, an dem die Bombe hochgegangen war.
    Im FBI-Kauderwelsch wurde so etwas ein »Big Freaking Clue« genannt, eine riesige falsche Fährte: Hallo, wenn jemand gerade erst eine Zilliarde Euro für einen Flug nach New York ausgegeben hat, wäre es doch verrückt, wenn dieser Jemand sich anschließend in einem abgelegenen Hamburger Café in die Luft jagt.
    Und doch konnten sie sich immer noch nicht hundertpr o zentig sicher sein, dass Gina dieses Ticket nicht doch selbst gekauft hatte. Was einer der Gründe dafür war, dass Jules mit ihrem Bruder sprechen musste.
    »Als du Gina das letzte Mal gesprochen hast, da hat sie nicht zufällig erwähnt, dass sie nach Hause kommen will?«, wollte Jules jetzt von Victor wissen. »Nur für eine kurze Stippvisite vielleicht?«
    »Nein.«
    »Kann es sein, dass sie euch vielleicht überraschen wollte?«, hakte er nach. »Zum Geburtstag einer Großmutter oder zu irgendeinem Familienfest? Hochzeit? Beerdigung? Du weißt schon, irgendein Ereignis, von dem alle dachten, sie würde es verpassen, aber dann …?«
    »Nein. Wir haben nicht einmal gewusst, dass sie in diesem beschissenen Deutschland war«, sagte Vic gleichgültig. »Das Letzte, was wir gehört haben, war, dass sie in Kenia neun Monate verlängert hat.« Er hielt inne. »Kann es sein, dass sie immer noch in Afrika ist? Dass ihr Reisepass gestohlen oder kopiert worden ist oder so?«
    »Nein. Wir haben endlich Ben Soldano erreicht, den Leiter von Ginas AAI-Lager.« Daran hatte Jules bereits gedacht. »Sie hat Kenia am letzten Donnerstag verlassen, zusammen mit einer Freundin, einer gewissen Molly Anderson.«
    »Bist du sicher, dass der Kerl die Wahrheit sagt?«
    »Wenn man einmal zur Kenntnis nimmt, dass die beiden auf der Passagierliste eines Lufthansa-Fluges nach Hamburg gestanden haben, ganz abgesehen von der Tatsache, dass Soldano ein Priester ist und Gott es wirklich nicht gerne sieht, wenn Priester lügen … Heilige Scheiße!« Jules starrte zum Autofenster hinaus, an dem gerade ein Bus vorbeidonnerte, auf dessen Seite die Köpfe von Adam und Robin

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