Untitled
gelangweilt. „Was nützt mir ein schöner, aber leerer Kopf ...? Obwohl schöne Köpfe waren dort genug vertreten! All die Günstlinge der Madame Dubarry, denen der gute Louis ...", hierbei spreizte sich der Graue, denn auch ein Gespenst kann sehr eitel werden, wenn es um die Namensgleichheit mit dem französischen König ging, „... auf die Schliche gekommen war. Aber sagen Sie selbst! Warum sollte ich mit einem fremden Kopf umherwandeln? Allen Geistern sei Dank, daß ich nicht lange nach meinem Eigentum suchen mußte! Ich kramte ihn unter größten Anstrengungen hervor! Wir hatten uns endlich wieder!"
Der Graf seufzte tief und verharrte einige Momente gedankenverloren.
„Sie können so spannend erzählen, lieber Graf", begeisterte sich Madame und klatschte in die Hände. Dabei vergaß sie ganz, daß sie eigentlich weiterhin indigniert zu sein gedachte! Wie merkwürdig, aber sie empfand keinerlei Abscheu mehr gegenüber diesem so schaurig wirkenden Wesen.
Etwas Wollig-Graues huschte durch die gemütliche Bibliothek. Niemand nahm es jedoch so richtig wahr. Es legte sich zu Füßen von Madame und knurrte leise vor sich hin.
„Gutes Hundchen! Gutes Hundchen", murmelte diese gedankenverloren und streichelte es, wie man eben ein Haustier tätschelt, damit es Ruhe hält. „Schön brav sein, ja?"
Hochwürden und der Doktor schauten entsetzt und bemühten sich vergebens, der alten Dame ein Zeichen zu geben, die sich, noch immer arglos, an den Transsylvanier wandte und meinte: „Lieber Graf! Sie sehen ganz anders aus, als ich Sie mir vorgestellt habe. Verzeihen Sie, aber unser guter Freund, der Edle von Grauenstein, entspricht wesentlich mehr dem Bild, daß wir uns vom, wie soll ich sagen, bekanntesten aller Vampire machen." Sie lächelte freundlich.
Der Graf jedoch saß sprachlos und wie vom Donner gerührt da! Sein Mund klappte hörbar auf und zu, so daß seine scheußlichen Zähne sichtbar wurden. Ihre höfliche Frage schien er keineswegs zur Kenntnis zu nehmen.
„Wissen Sie eigentlich, wen Sie da so friedlich kraulen?" stotterte Graf Dracula fassungslos. „Ich habe noch niemals erlebt, daß er so stillhält", sagte er zu den anderen gewandt.
Hochwürden murmelte immer wieder. „Unbegreiflich, unbegreiflich!" Der gute Doktor bangte um die Freundin, die ihm von Stunde zu Stunde näher ans Herz rückte, war aber unfähig, das Ungeheuerliche zu verhindern. Nur das kopflose Gespenst saß da und hing seinen Gedanken nach. Den Kopf hatte es vor sich auf dem Tischchen abgestellt.
Über so viel eigenartiges Benehmen erstaunt, schaute die kleine Dame auf das Etwas, das entspannt zu ihren Füßen lag und es sichtlich genoß, von ihr gekrault zu werden. Sie hatte schon immer ein Herz für Tiere und konnte sich deshalb das merkwürdige Verhalten der drei Herren überhaupt nicht erklären.
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und die Gräfin schwebte herein.
Sie trug ein schwarzes Kleid mit giftgrünen Paspeln an Ausschnitt und Saum. Die Haare waren nach wie vor unordentlich hochgesteckt, diesmal allerdings durch ein Diadem mit Smaragden geschmückt, die ebenso giftgrün glänzten wie die Paspeln ihres Kleides. Aber auch dieses kostbare Schmuckstück konnte ihr schlampiges Aussehen nicht korrigieren.
„Hat jemand Wölfi gesehen?" schrillte ihre Stimme in die Runde. „Dieser Köter! Wo er sich nur wieder rumtreibt! Dabei soll er Wache halten. Wofür kriegt er bei uns eigentlich sein Gnadenbrot?"
Sie hatte kaum geendet, als drei Zeigefinger in Richtung der reizenden Dame zeigten. Diese wollte die Herren schon wegen ihres ungehörigen Benehmens schelten, als ihr schlagartig bewußt wurde, daß sie die ganze Zeit über einem Werwolf ihre Zärtlichkeit geschenkt hatte.
Entsetzt zog sie die Hand zurück, was das Monster veranlaßte, sich nach mehrfachem Strecken mühsam zu erheben, Madame einen dankbaren Blick zuzuwerfen und traurig hinauszutrotten, um der unmißverständlichen Aufforderung der zeternden Gräfin nachzukommen.
„Diese Werwölfe heutzutage sind auch nicht mehr das, was sie früher einmal waren", schimpfte sie hinter Wölfi her, der daraufhin noch trauriger seinen Schwanz einklemmte und verschwand.
Der alten Dame versetzte es einen Stich ins Herz. Ungerechtigkeit hatte sie noch nie ertragen können. „Er scheint sehr lie bebedürftig zu sein", wandte sie sich vorwurfsvoll an die Gräfin. „Hören Sie nur!" Wieder ertönte das
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