Untitled
„HKKB?" Die Gräfin fixierte sie erstaunt. „Das kennen Sie nicht? Das berühmte Hexenküchenkochbuch natürlich!"
Mit der Buttercremetorte und dem Rumtopf der alten Dame wußte wiederum die Gräfin, so angestrengt sie auch ihrer Lebzeiten gedachte, nichts anzufangen. So einigte man sich, daß die Gräfin bei nächster Gelegenheit der reizenden Dame einen Besuch abstatten wollte, um jene Köstlichkeiten zu probieren.
„Vielleicht sind sie brauchbar für meine Küche! Wissen Sie, meine Liebe, ganz im Vertrauen, ich versuche seit Urzeiten ein Rezept gegen die weitverbreitete Liebenswürdigkeit zu finden!" Unsere Freundin konnte ihr dafür keinen Beifall zollen, und sie enthielt sich daher der Stimme.
Der Doktor und Lord Simon schwärmten von Cambridge und dem englischen Landleben. Hochwürden und die beiden Grafen diskutierten eifrig über die Chancen der Wiedereinführung der Monarchie.
Es hätte fast gemütlich sein können, wenn Wölfi nicht immer sein fürchterliches Geheule erschallen ließe. Aber er mußte ja seinen Pflichten nachkommen. Täte er dieses nicht, gäbe es mit Sicherheit nichts mehr zu fressen. Und da seine Augen und seine Nase auch nicht mehr die besten waren, würde es für ihn äußerst bedenklich werden, allein auf die Jagd zu gehen. So blieb ihm also nichts anderes übrig, als sich von der alten Schachtel herumkommandieren zu lassen. Ach, was war das für eine Wohltat, gestreichelt zu werden, dachte er wehmütig und ließ einen besonders sehnsüchtigen Heuler ertönen, der allen durch Mark und Bein ging, so daß niemand das Eintreffen des Edlen von Grauenstein so richtig registrierte.
„Einen wunderschönen guten Abend allerseits", grüßte der neue Gast freundlich und verbeugte sich in Richtung der beiden Damen. Unter den Armen trug er mehrere Blutkonserven, die er vor Graf Dracula, seinen Paten, auf den Tisch stellte.
„Was hältst du von einem guten Tröpfchen, lieber Onkel?" fragte er den Transsylvanier, der bereits mit gierigen, rotunterlaufenen Augen auf die Geschenke stierte.
„Ich habe gute Jahrgänge erwischt", fügte der Edle hinzu und ging sogleich daran, die Flaschen zu öffnen. „Flieger, seien Sie so gut und besorgen Sie uns Trinkhalme", wandte er sich an den Butler.
Die Gräfin, seine Tante, meinte pikiert: „Du mit deinen Friedhofsmanieren wirst heute doch wohl gefälligst deine Mahlzeiten wenigstens aus der Suppentasse zu dir nehmen. Was sollen unsere Gäste von dir denken?"
„Verzeih, liebste Tante! Wie du weißt, lege ich ebenfalls sehr viel Wert auf einen stilvoll gedeckten Tisch. Ich dachte nur, so als kleiner Aperitif für den Onkel und mich ... Du weißt doch, wir mögen keinen Sherry", antwortete er schuldbewußt zur Genugtuung seiner gräflichen Tante, die es sich nicht verkneifen konnte hinzuzufügen: „Er hat sich schon immer gerne mit dem gemeinen Volk abgegeben. Irgendwo mußte es ja haften bleiben!"
„Sie beißen nicht selbst, Graf Dracula?" fragte die kleine Dame teilnahmsvoll, worauf der Graf vor Scham errötete.
„Ach, wissen Sie", entgegnete er sehr verlegen, „ich trage seit einigen Jahren Stiftzähne. Es ist halt alles nicht mehr so wie früher! Ich habe ständig Angst, kräftig zuzubeißen, weil meine Beißerchen abbrechen könnten!"
„Sie Armer!" bemitleidete ihn Madame. „Vielleicht darf ich Ihnen einen guten Zahnarzt empfehlen?" Erwartungsvoll schaute sie den Vampir an.
„Äußerst liebenswürdig, von Ihnen, Gnädigste! Aber mehr als das übliche Kassengebiß kann ich mir nicht mehr leisten, da mein Privatvermögen so gut wie aufgebraucht ist. Ach, und die Gebisse, die die Kassen zahlen ...!"
„Da brauchen Sie mir nichts zu erzählen", seufzte Madame verständnisinnig. „Wenn ich von meinem Seligen nicht reichlich geerbt und mir daher meine Prothese nicht hätte privat anfertigen lassen können, müßte ich wohl bis zu meinem Lebensende Brei löffeln, denn ich hätte auf die dritten Zähne wohl ganz verzichten müssen."
„Verständlich, Teuerste! Aber stellen Sie sich vor, Sie müßten nach Ihrem Tode als Vampir durch die Lande spuken", gab Graf Dracula zu bedenken.
Madame mußte ihm recht geben.
„Dieses Gejaule von Wölfi ist heute wirklich nicht auszuhalten", beschwerte sich Ihre Scheußlichkeit.
„Vielleicht stromert draußen eine läufige Werwölfin herum." Graf Louis versuchte eine Erklärung zu finden. „Du kennst doch sein
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