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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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befreien.
      „Sie ist nicht diejenige, für die Sie sie halten", flüsterte er ihr zu.
      Empört wandte sich die kleine Dame an ihre Freundinnen. „Eulalia, Clothilde, schaut sie euch an. Ihr kennt sie, nicht wahr? Sidonie, es stimmt doch, daß es sich um die Witwe des Gerichtsschreibers handelt, oder nicht?"
      „Ja, sicher ist sie es. Unverkennbar diese großen Augen", hauchten die Damen mitleidsvoll. Sie bemerkten nicht die leicht teuflischen Züge um die Mundwinkel der jungen Frau. Der Edle war aschfahl im Gesicht geworden und brachte vor Entsetzen kein Wort mehr heraus. Diejenige, die der gespenstischen Situation abrupt die Spannung nahm, war die häßliche Gräfin.
      „Oh, die Contessa beehrt uns! Welch ein Vergnügen! Nehmen Sie Platz!"
      Noch immer sagte die schwarzgekleidete Dame kein Wort. Daß mit ihr etwas nicht stimmte, hatten die Damen inzwischen auch begriffen. „Wieso Contessa?" fragten sie wie aus einem Munde.
      „Hat jemand von unseren verehrten Gästen Knoblauch hier?" fragte der Edle, der plötzlich die Sprache wiedergefunden hatte, in die Runde.
      „Ich!" rief Madame eifrig und wühlte in ihrem Pompadour. „Da!" rief sie triumphierend und hielt die Knolle in die Höhe. Herr von Grauenstein hatte ihr vorsichtshalber den Rücken gewandt. „Nähern Sie sich der angeblichen Witwe, und Sie werden sehen, was geschieht", sagte er schnell.
      Madame zögerte. Nun war ihr das alles doch etwas unheimlich geworden.
      Hochwürden griff in seine Soutane und fühlte beruhigt den Flachmann mit dem Weihwasser. Er konnte seiner Nachbarin also in jedem Falle zu Hilfe eilen. Sein Blick gab ihr die nötige Kraft, um vorsichtig auf die unheimliche Gestalt zuzugehen.
      Die Knoblauchknolle lag in der rechten Hand, die sie weit vom Körper weggestreckt hielt. Sie kam näher und näher. Die großen Augen der vermeintlichen Witwe flackerten immer unruhiger. Madame war nur noch wenige Schritte von der Besucherin entfernt, als sich diese mit einem Aufschrei auf sie stürzte und den Knoblauch aus der Hand schlug. Er kullerte dem Edlen direkt vor die Füße, der sich daraufhin rasch in den hintersten Teil des Raumes verzog, wo er das turtelnde Liebespaar aufscheuchte, das daraufhin verschreckt in eine andere dunkle Ecke stürzte.
      Sie registrierten kaum die beiden weiblichen Wesen, die auf der Erde miteinander rangen, umsprungen von einem Geistlichen, der, Gebete murmelnd, die Kämpfenden mit Weihwasser besprengte.
      Aber es half nichts. Jedesmal, wenn die Contessa von einigen Tropfen getroffen wurde, schrie sie nur auf, um sogleich noch wütender nach ihrem Opfer zu greifen. Sie wollte Blut!
      Hochwürden war verzweifelt. Er konnte seiner Nachbarin nicht zu Hilfe eilen. War das die Strafe dafür, daß er sich mit dem Bösen eingelassen hatte? In seiner Verzweiflung kniete er nieder und betete laut, doch die beiden kämpften unverdrossen weiter. Madame hielt sich tapfer gegen die Bestie, deren feurige Augen sie schier durchboren wollten. Und dieses widerliche Gebiß! Nein, das schienen keine Stiftzähne zu sein! Die waren echt.
      „Warum hilft mir denn keiner?" rief sie mit ermattender Stimme. Ihre Freundinnen standen aufgeregt im Kreis um die Kontrahentinnen herum. Statt ihr zu helfen, feuerten sie Madame zu immer größeren Leistungen an. „Gib's ihr! Gib's ihr! Gib es diesem Ungeheur! Prima! Noch mehr! Stärker!"
      Das fürchterliche Gesicht kam immer näher! Schon spürte die alte Dame den Atem. Mit einer letzten Kraftanstrengung riß sie ihre beiden Arme hoch und verschränkte sie zu einem Kreuz. Fauchend und heulend ließ die Bestie von ihr ab – im allerletzten Moment, denn Madame fühlte ihre Kräfte rapide schwinden. „Ich glaube ..." mehr brachte sie nicht heraus, dann fiel sie in Ohnmacht. Sofort beugte sich der Arzt über sie, jedoch beruhigt, als er sah, daß sich ihr Busen gleichmäßig hob und senkte. „Gottlob, es ist nur eine vorübergehende Schwäche. Sie wird bald wieder zu sich kommen", erklärte er den anderen. Alle waren erleichtert.
      Wo aber steckten der Edle und Graf Dracula? Die beiden standen verzweifelt in der Ecke und starrten böse auf die ihnen zu Füßen gerollte Knoblauchknolle. Der Weg zu den anderen war ihnen dadurch versperrt.
      „Ich bin ja sonst nicht so empfindlich", ließ sich die Stimme des Edlen vernehmen. „Aber diese Knolle dürfte besonders frisch sein. Es ist ja nicht zum Aushalten! Vielleicht hätte jemand der

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