Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
Vom Netzwerk:
Parker.
    «Regelmäßig schon, aber nicht oft, Sir», antwortete Mr. Snell. «Sie verlaufen über Hunderte und Aberhunderte von Meilen unter London. Es gibt die Rohrputzer, aber die brauchen eine Weile, bis sie überall waren. Wenn es nicht einen Notfall gibt, kann es mehr als ein Jahr dauern, bis wir an einer bestimmten Stelle wieder vorbeikommen.»
    «Klären Sie uns bitte auf, Mr. Snell. Was sind Rohrputzer?»
    «Leute, die die Ablagerungen hinausschaufeln, die sich in den Kanälen ansammeln, Sir. Sonst wäre alles verstopft.»
    «Wenn Sie sagen, das Wasser von Seven Dials kommt durch diesen Ablauf, dann sind wir hier richtig», sagte Charles. «Können wir da hineingehen?»
    «Das schon, Sir, aber nicht aufrecht. Es kann sein, daß Sie irgendwann weiter oben durch den Dreck kriechen müssen, Sir.»
    «Wir müssen es leider trotzdem versuchen», erklärte Charles. «Wenn es wirklich der nächste Zulauf von Seven Dials ist.»
    Wimsey schauderte es bei dem Gedanken, aber die Gruppe zog die Köpfe ein und schlurfte weiter voran. Und dann hörten sie ein Geräusch, einen rhythmischen tief dröhnenden Ton, wie Kanonenschläge, die langsam nacheinander abgefeuert werden.
    Mit einem Mal änderte sich Mr. Snells ganze Haltung.
    «Zurück!» rief er. «Und schnell, wenn's recht ist!»
    Man stürzte auf recht würdelose Weise in den Fleet-Tunnel zurück. «Hier entlang! Beeilung, Herrschaften!» Gerade als Mr. Snell das brüllte, rülpste ihnen der Tunnel einen Schwall seines fauligen Atems in die Gesichter. Und gleich darauf blies eine heftige Bö donnernd durch die Röhre.
    «Was geht hier vor?» schrie Inspector Bollin erschrocken.
    «Unser Mann oben hat den Gullydeckel an den Einstieg geschlagen, als Signal, daß es angefangen hat zu regnen», erklärte Mr. Snell. «Sie brauchen sich nicht zu beunruhigen, Gentlemen, wir haben noch ein, zwei Minuten. Hier, diese Leiter hinauf – beeilen Sie sich, bitte!» Der Ton echter Sorge war in seiner Stimme. Einer nach dem anderen stiegen sie die Sprossen nach oben, die durch einen Schacht in der Decke direkt hinausführten. Mr. Snell kam als letzter. Er hatte eben seine Hände an den Sprossenbügel unter Wimseys Füßen gelegt, als ein ohrenbetäubendes Krachen wie von der Brandung an einer Felsklippe ertönte. Wimsey blickte unter sich und sah eine tosende Flut unter dem Mann aufsteigen. Er hakte sich mit dem linken Arm in den nächsten Bügel, beugte sich nach unten und streckte Mr. Snell die Hand entgegen. Mr. Snell bekam einen Fuß auf die Sprosse oberhalb des sprudelnden und rasch ansteigenden Gebräus, und dann kletterten beide in Sicherheit. Ein Kreis von hellem Tageslicht war am Ende des Schachts zu sehen, gegen den sich schaukelnd die Silhouetten der beiden Polizisten über ihnen abzeichneten.
    Sie krochen in der Clerkenwell Road mitten auf der Straße aus der Erde, rechts und links brausten Autos an ihnen vorbei. Oben stand der Mann, der Alarm geschlagen hatte, und schwenkte zur Warnung für den Verkehr eine Fahne. In den Rinnsteinen schoß das Wasser dahin und ergoß sich in die Schlünde der Kanalisationsrohre.
    «Wir sind ziemlich weit östlich von Seven Dials», bemerkte Wimsey.
    Mr. Snell schien der Regen nicht sonderlich viel auszuma
    chen, aber schließlich mußte es auch eine willkommene Abwechslung für ihn sein, einmal von sauberem Wasser durchtränkt zu werden. «Ach, Sir, wer weiß, wo sie alle geblieben sind?» meinte er.
    «Wer alle?» fragte Wimsey, den die Vorstellung von Leichen im Plural erschreckte, wo eine einzige doch schon genügend Anlaß zur Sorge gab.
    «Die Londoner Flüsse», antwortete Mr. Snell. «Sie können sie ganz tief begraben, Sir, sie in Tunnel pferchen, sie umleiten und aufstauen und sie völlig vergessen, auch wenn Sie die Karte verlieren und die Namen aus dem Gedächtnis verbannen – aber: wo einmal ein Fluß war, wird auch immer ein Fluß bleiben.»
    «Sie sind ein Poet der Kanalisation, wie ich sehe», sagte Lord Peter anerkennend.
    «Dann werden wir es wohl bei trockenem Wetter noch einmal probieren müssen.» Chief Inspector Parker faßte sich und schlug seinen Kragen zum Schutz gegen den prasselnden Regen hoch.
    In der Zwischenzeit hatte sich unter ihren Füßen der träge Cranbourne in seinem anonymen Lauf erhoben und seine geheime Last in den reißenden Fleet gespieen, der sie seinerseits hin und her geworfen hatte und über die Abfolge von Wehren schwemmte, bis sie draußen in der beginnenden Ebbe der Themse trieb, auf

Weitere Kostenlose Bücher