Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
Vom Netzwerk:
Ein Ausdruck des Widerwillens strich über ihr Gesicht, der Harwell jedoch entging, weil er immer noch nach einer Krawatte suchte.
    «Ich wollte dich schon immer einmal wieder in Schwarz sehen. Du hast wie ein venezianisches Gemälde ausgesehen.»
    «Wie zuvorkommend von unserem armen König, zu sterben und dir damit die Erfüllung eines langgehegten Wunsches zu ermöglichen! Aber das ist doch irgendwie schrecklich.»
    «Ja, ich weiß.» Harwell war dunkel bewußt, daß er etwas nicht ganz Passendes geäußert hatte, aber sein Gehirn war mo mentan ein wenig träge, und er konnte es nicht dazu bewegen, sich mit diesem häuslichen Problem zu befassen, während sich eine nationale Katastrophe abspielte und es gleichzeitig galt, einen Ausweg aus dem sich abzeichnenden geschäftlichen Desaster zu finden. «Man muß sich eben wie alle anderen verhalten.»
    Das Telefon klingelte, und er nahm ab. Es war natürlich Leinster, der, völlig außer sich, Alarm schlug.
    «Ja … ja, alter Knabe … ja, ich weiß, ich habe auch schon daran gedacht … ja. Na, es hat doch keinen Sinn, sich jetzt verrückt zu machen.»
    Während er auf dem Rand des Bettes saß und telefonierte, lag sie da und beobachtete ihn. Wieder einmal fragte sie sich, was genau es war, das sie an ihm so faszinierend und erregend fand. So sehr, daß es sie stets rasend vor Ungeduld machte, wenn er seine Aufmerksamkeit etwas oder jemand anderem als ihr widmete. Er war groß und ziemlich schwer, wenn auch nicht plump gebaut. Sie beobachtete, wie sich die Muskeln seiner breiten Schultern unter dem Hemd spannten, als er seinen Arm mit einem Grunzen vorstreckte, um seine Zigarette im Aschenbecher auszudrücken, der auf dem Telefontischchen neben ihr stand. Sein dichtes, dunkles Haar, rigoros kurz geschnitten und diszipliniert, hatte die hartnäckige Angewohnheit, sich am Scheitel zu wellen. Die sorgsame Strenge, die er dieser Welle angedeihen ließ, amüsierte sie jeden Tag aufs neue. Seine Hände, wie auch seine Stimme, waren die eines Gebieters. Daß ihnen ein so entlegener und unwichtiger Teil seiner selbst passiven Widerstand entgegensetzte, erfüllte sie insgeheim mit Vergnügen – es war die kecke Überheblichkeit des Schwachen, die den Starken aus dem Konzept brachte. Er sprach jetzt in entschiedenem, ermutigendem Tonfall mit dem Theaterdirektor, den offenbar, wenn man überhaupt aus der einen Seite des Gesprächs Schlüsse ziehen konnte, inzwischen die Panik gepackt hatte. Ein Aroma von Autorität ging von ihm aus, das sich mit dem männlichen Geruch von Bay Rum und Rasierseife vermengte. Vielleicht war es seine offene, unmißverständliche Männlichkeit, die sie zugleich bewunderte und verabscheute. Er war Herr über ihre Sinne und erregte mit dieser virilen Arroganz gleichzeitig ihren Zorn. Er war sich seiner Sache so sicher. Da er sich auch ihrer völlig sicher war, verspürte sie den Impuls, ihn immerzu zu kneifen, um ihn daran zu erinnern, daß sie auch noch da war und wahrgenommen werden wollte. Es war ihr bislang natürlich immer gelungen, ihn an die Kandare zu nehmen, indem sie sich verweigerte, aber dieser Triumph war nicht von Dauer. Ein Opfer ihrer eigenen Erregung, gab sie immer zu früh nach. Hatte gestern noch seine Zuwendung ihr allein gegolten, so war es heute früh nur die maskuline Außenwelt, die einen aufmerksamen Ton in seine Stimme bringen konnte.
    «Schon gut, schon gut», beschwichtigte er das kläffende Telefon. «Ich komme sofort.» Er wandte sich an seine Frau. «Ich muß ins Theater. Leinster hat völlig die Nerven verloren, wie üblich.» Harwell erklärte den gesamten Stand der Theaterleute einfach zu einem Haufen Hysteriker. «Es hat doch keinen Zweck, das Flattern zu bekommen. Man muß einen Entschluß fassen und sich dann nicht davon abbringen lassen.»
    «Heißt das, wir sehen uns beim Lunch?»
    Er schüttelte den Kopf. «Die wollen, daß ich um eins in die City komme, um mich mit Brownlow zu treffen. Ich habe halbe-halbe mit ihm gemacht, und jetzt ist er auf der Palme, weil er denkt, er sieht seine hartverdienten Dollars nie wieder. Sollte mich nicht wundern, wenn er recht behält, aber in diesem Geschäft muß man eben bereit sein, etwas zu riskieren. Ich muß versuchen, ihm etwas Stehvermögen in die Knochen … Oh, verdammt! Wir waren zum Lunch verabredet! Sorry, mein Herz. Ein andermal. Jemand muß diesen Verein auf Trab bringen.»
    Im Glanz des Sternenhimmels, den sie bereitet hatte, strahlte
    er mit Gelassenheit und

Weitere Kostenlose Bücher