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Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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Theaterstücken vorkamen: unbeschwerte, dumme, selbstzufriedene Männer, denen im dritten Akt immer Hörner aufgesetzt wurden, was vom zustimmenden Gelächter des Publikums begleitet war, sogar dem der Zuschauer auf den teuren Rängen, dieser Bastion der Wohlanständigkeit. Die Autoren ließen keinen Zweifel daran, daß diese Männer es nicht vermochten, ihre Frauen zu einer Erwiderung ihrer Leidenschaft zu bewegen. Daraus folgte der logische Schluß, daß mit einem selbst alles stimmte, solange man imstande war, die Leidenschaft zu wecken. Was Stücke anbetraf, in denen die Frauen spontan jedem Dahergelaufenen ihre Leidenschaft darbrachten, so waren diese Werke offensichtlich pervers und auch beim Publikum selten ein Renner. Und daß sie keine Renner waren, lag eben daran, daß das Publikum wußte, daß es so etwas nicht gab. Mit einem Stück, in dem ein Mann und seine Frau einander drei Akte hindurch quälten, um erst vor dem letzten Vorhang zueinanderzufinden, war man auf der sicheren Seite, denn es trug nach allgemeiner Übereinkunft den Stempel der wahren Liebe, so, wie sie wirklich war und wie es jedermanns Erfahrung entsprach.
    Es war für Laurence Harwell beruhigend zu wissen, daß er als Gegenleistung für Rosamunds weibliche Gaben – die Liebe und die Schönheit – ihr das bieten konnte, was eines richtigen Mannes würdig war. Zusätzlich zur Liebe hatte er auch Sicherheit und all den Luxus zu bieten, den sein Reichtum und sein Stand ermöglichten und auf den sie qua Schönheit und Weiblichkeit ein Anrecht hatte. Ihre Romanze trug diesen Namen zu Recht und war von der altmodischen Art, die (was auch immer Besserwisser sagen mochten) niemals altern würde. Unter den Märchen war es das vom Aschenputtel, auf dessen ewig anhaltenden Reiz man sich am sichersten verlassen konnte. Es war bloß freundliche Neugier gewesen, die Harwell getrieben hatte, sich nach dem Befinden von Warrens Tochter zu erkundigen. Sein eigener Vater war unerwartet am Ende des Gerichtsverfahrens gestorben, das für den säumigen Direktor eine kurze, aber verhängnisvolle Haftstrafe mit sich brachte, und das Erbe, das er, Harwell, antrat, schloß auch die mitfühlende Sorge um alle Waisenkinder ein. Das arme Kind konnte ja schließlich nichts dafür. Er hatte sie bei Madame Fanfreluche in der Nähe der Bond Street aufgespürt, wo sie, wie Aschenputtel, in einem Glanz erstrahlte, der nicht ihr eigener war. Madame Fanfreluche, eine gute Fee der anderen, geschäftstüchtigen Art, war so liebenswürdig gewesen, den edlen Prinzen gewähren zu lassen, als er ihrem schönsten Mannequin den gläsernen Pantoffel und den goldenen Ring anprobierte. Wenn sie gehofft hatte, die Prinzessin würde in Zukunft ihrem Etablissement als Kundin treu bleiben, so wurde sie enttäuscht. Jede Kreation des Hauses Fanfreluche würde für Rosamund immer den Ruch von Hexenbesen und Zauberkutsche an sich haben, und sie wünschte sich nichts sehnlicher, als die ganze erniedrigende Episode aus ihrem Leben zu tilgen. Kein Wunder, daß sie ihren Retter voll Bewunderung und Dankbarkeit willkommen geheißen hatte – aber zum Glück war es das nicht allein. Das Verlangen war echt und kam in gleichem Maße von beiden Seiten. Der Prinz hatte bereitwillig sein Haupt gebeugt, um unter dem niedrigen Sturz der ärmlichen Tür hindurchzutreten, und Aschenputtel hatte ihre Lumpen abgeworfen und freudig um Einlaß in sein Königreich gebeten.
    «Und die beiden bösen Schwestern wurden in ein Faß voller Nägel gesteckt und einen steilen Hang hinab ins Meer gerollt.» So endete das Märchen in der etwas dickfelligeren alten Zeit. In einigen Versionen hieß es herzlos noch: «Und so war alle Welt sie endlich los.» Das Feingefühl unserer Tage schreckt bei einer Liebesgeschichte vor einem solchen Schluß zurück. Den bösen Schwestern, das heißt in diesem Fall, dem bösen Vater muß vergeben werden, und er muß – in Grenzen, versteht sich – auf Kosten des Königreiches freigehalten werden. Die zehn Monate unter Verschluß hatten keineswegs bedeutet, daß man Mr. Warren nun los war. Nach seinem Wiederauftauchen war er bequem in einem Badeort an der Südküste untergebracht worden und erhielt eine bescheidene Rente. Von Zeit zu Zeit besuchte er seine Tochter und wurde vom generösen Prinzen nachsichtig empfangen. Man konnte ihm nicht wirklich die ganze Schuld an seiner Schande zuschreiben, er hatte nichts Böses im Schilde geführt, sondern lediglich zugelassen, daß Subjekte

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