Untitled
mitgegeben, und ich brauche nicht annähernd so viele.»
Sie rechnete damit, daß dieses Angebot ausgeschlagen würde, aber statt dessen ging Rosamund bereitwilligst darauf ein. «Wenn das so ist, dann kann ich auch den Hut nehmen», sagte sie. «Und jetzt müssen wir etwas für Sie finden, Lady Peter. Etwas ganz Schlichtes und Unaufdringliches», erklärte sie schon der Modistin. «Keineswegs maskulin, sondern elegant. Bringen Sie doch einmal den aus dem Fenster.»
Wie sich herausstellte, hatte Rosamund recht. Der Hut aus dem Schaufenster stand Harriet wirklich gut und wurde pflichtschuldigst erworben.
«Gehen wir zusammen einen Kaffee trinken, Lady Peter? Ich kenne da ein reizendes Lokal gleich um die Ecke vom Sloane Square. Oh, bitte sagen Sie nicht nein! Laurence ist heute den ganzen Tag weg, und ich habe niemanden, mit dem ich mich unterhalten kann.»
«Gut, aber wirklich nur ein Stündchen», willigte Harriet ein. Es stieg in ihr die Erkenntnis auf, daß die «Klatschbasen», die zu ignorieren ihr Gerald geraten hatte und die lautstark angezweifelt hatten, daß Peters Frau noch zum Schreiben käme, wohl zum Teil gesellschaftliche Pflichten wie diese hier im Auge gehabt hatten. Harriet Vane hätte nicht im Traum daran gedacht, ihre Zeit mit Rosamund Harwell zu verbringen, mit der sie überhaupt nichts gemein hatte. Aber die erschreckende Wahrheit war, als Lady Peter hatte sie sehr wohl etwas mit Mrs. Harwell gemein, beunruhigend viel sogar, um ehrlich zu sein. Das Argument, sie müsse diesen Nachmittag noch arbeiten, war ganz gewiß nicht angeraten. Sich den Lebensunterhalt verdient haben zu müssen, soviel hatte sich ja bereits herausgestellt, war der wunde Punkt in der Vergangenheit ihrer Begleiterin.
Die beiden Frauen ließen sich inmitten von Chrom-LederSesseln und riesengroßen Kübelpalmen nieder und bestellten schwarzen Kaffee – die Petits fours wurden dankend abgelehnt. Nun herrschte am Tisch einen Moment lang Schweigen.
«Sind Sie gerne verheiratet, Lady Peter?» fragte da Rosamund.
«Ja, das bin ich», antwortete Harriet schlicht. «Sehr gerne.» Da sah sie zu ihrer Beunruhigung einen Ausdruck der Überraschung über Rosamunds Gesicht streichen.
«Sie denn nicht?» stellte sie sich dem Gefecht.
«Ja, wissen Sie, wenn Laurence zu Hause ist, ist es natürlich wundervoll», antwortete Rosamund. «Aber er ist ebenso schrecklich oft weg, wegen dieser Theatergeschichten. Ich habe mir ja vorher keinen Begriff gemacht, wieviel Zeit das in Anspruch nimmt. Und manchmal weiß ich eben gar nichts mit mir anzufangen und sitze herum und warte darauf, daß er wiederkommt. Geht es Ihnen denn nicht genauso?»
«Ehrlich gesagt, nein» sagte Harriet. «Ich mache einfach alles so weiter, was ich früher auch gemacht habe, das versuche ich zumindest. Und dann kommt noch einiges an Neuem hinzu.»
«Ich dachte, dieses viele Personal nimmt Ihnen alles ab», erwiderte Rosamund verständnislos.
«Schon, aber sehen Sie», erklärte Harriet, «all diese schwarzen Kleider und Hüte würde ich gar nicht brauchen, wenn ich nicht Lord Peters Ehefrau wäre, die in London lebt. Ich käme mit ganz wenig aus … Vielleicht ist die Lösung unserer Probleme, Mrs. Harwell, einfach aufs Land zu fliehen und unterzutauchen.»
Sie dachte mit Wehmut einen Augenblick lang an Talboys, das abgeschieden zwischen Bauernhöfen in den Fenmooren stand und wo das Leben fernab von allen Anforderungen der Metropole sanft vor sich hin plätscherte. Sie hatte die Kaminaufsätze, die sie und Peter wiedergefunden hatten, noch nicht gesehen, seit sie wieder an ihrem angestammten Platz waren.
«Wir haben einen Bungalow in Hampton, am Fluß», sagte Rosamund. «Wir haben uns gedacht, wir könnten im Sommer öfter einmal hinfahren und Bootspartys dort veranstalten, aber im letzten Jahr sind wir praktisch überhaupt nicht dagewesen. Man müßte es ein bißchen herrichten, damit es wirklich wohnlich ist. Aber im Moment ist Laurence unmöglich dazu zu bringen, mit mir hinunterzufahren. Er macht zur Zeit viel Aufhebens um ein Theaterstück, das verschoben werden mußte.»
«Doch nicht das Stück von Mr. Amery?»
«Nein, nein, das liegt noch in weiter Ferne. Dieses hier heißt Auf geht's, Edward! »
Die beiden Frauen brachen in Gelächter aus. «Oh je, der Fall ist klar. Das geht wirklich nicht», brachte Harriet schließlich heraus. «Können sie es nicht einfach umbenennen?»
«Ich denke, schon», sagte Rosamund. «Ich verstehe bloß nicht, warum
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