Untitled
Grundstellung. Tekener ergriff den weißen Königsbauer und schob ihn um zwei Felder nach vorn. "Was nun?" fragte Kennon. "Sollen wir warten, bis Jammun mir den Besitz meines Bruders übergibt, oder wollen wir irgend etwas unternehmen?" "Ich denke, wir warten", sagte Tekener.
Als Kennon nach einem seiner Springer griff, gab es plötzlich ein knirschendes
Geräusch. Tekener blickte auf. Der Major hatte die Plastikfigur in der Hand
zerdrückt.
"Ken!" sagte Tekener bestürzt. "Was soll das?"
Kennon atmete schwer. "Ich weiß es nicht", sagte er kopfschüttelnd. "Aber irgendeine innere Regung zwang mich dazu, es zu tun."
Die Barriere bricht zusammen! dachte Tekener. Er kann die Spannungen in seinem Unterbewußtsein nicht mehr lange eindämmen.
Kennon stand auf. "Es wird nicht wieder passieren", sagte er hastig. Tekener blickte benommen auf die Überreste der Schachfigur, die auf dem Spielbrett lagen. Wenn er nur die Symbolik verstanden hätte. Ohne es zu wissen, hatte Kennon seinen Haß auf irgend jemand abreagiert. Die zerbrochene Figur hatte eine bestimmte Bedeutung.
"Ken", sagte Tekener beschwörend. "Ich muß dich einigen Tests unterziehen.
Begleite mich in die Bordklinik."
"Du mißt einer zerbrochenen Figur zuviel Bedeutung zu", sagte Kennon lächelnd. "Du vergißt, welche Kraft ich in meinen Händen habe. Es war nur eine ungeschickte Bewegung. Manchmal kann ich meinen Körper noch nicht richtig kontrollieren."
"Dann sei vorsichtig, wenn du jemand die Hand gibst", sagte Tekener. Er wußte, daß Kennon nicht mit ihm in die Bordklinik gehen würde. Es wäre falsch gewesen, wenn er seinen Freund zu einem Test gezwungen hätte. Früher oder später würde Kennon dem geistigen Druck nicht mehr standhalten. Er näherte sich immer schneller dem Höhepunkt der Krise, ohne es zu bemerken.
Tekener hoffte, daß Kennons Zusammenbruch nicht ausgerechnet dann erfolgte, wenn Lepsonen in der Nähe waren.
Die Nacht verlief ruhig. Sie war auf Lepso knapp zwei Stunden kürzer als auf der Erde. Tekener erwachte, sobald es hell wurde. Er beeilte sich mit seiner Toilette, kleidete sich an und begab sich in die Zentrale der SPACELADY. Er hoffte, daß die CONDOS VASAC im Laufe des Tages versuchen würde, Kontakt mit ihm herzustellen.
Wenn diese Kontaktaufnahme nicht bald erfolgte, mußte Tekener selbst irgendwelche Schritte unternehmen. Mit jeder Stunde, die verstrich, wuchs die Wahrscheinlichkeit, daß der entführte Dr. Josepe Arltino seine Arbeit beendete. Es war wichtig, daß der Wissenschaftler befreit wurde, bevor die CONDOS VASAC im Besitz der Transformkanone war.
In der Zentrale des Schiffes traf Tekener zehn Männer der Besatzung, die während der letzten Hälfte der Nacht Wache gehalten hatte. Der Funker übergab dem Oberstleutnant eine kurze Nachricht, die vor wenigen Minuten über Visiphon eingetroffen war.
Die Botschaft besagte, daß ein Handelsvertreter namens Urbta-Noce der SPACELADY einen Besuch abstatten wollte. Der Besucher hatte seine Ankunft für die frühen Morgenstunden angesagt.
Tekener war der Name Urbta-Noce unbekannt. Er wußte nicht, ob es sich um einen
Verbindungsmann der CONDOS VASAC handelte oder um einen Geschäftsmann, der
irgendeinen Handel abschließen wollte.
"Wie sah der Mann aus?" erkundigte sich Tekener.
"Das kann ich nicht sagen, Sir", erwiderte der Funker. "Der Besuch wurde von einem Roboter angekündigt."
"Hm!" machte Tekener nachdenklich. Urbta-Noce schien ein sehr vor- sichtiger Mann zu sein.
Wenige Augenblicke später betrat Kennon die Zentrale. Er machte einen ausgeruhten und entspannten Eindruck. Tekener ließ sich jedoch nicht täuschen. Er mußte ständig damit rechnen, daß sich Kennons psychische Verfassung weiter verschlechterte.
"Wir bekommen Besuch", sagte Tekener. Er zeigte dem Major die kurze Botschaft. Auch Kennon war der Name Urbta-Noce unbekannt.
"Es ist sinnlos, daß wir irgendwelche Spekulationen anstellen", sagte Tekener. "Auf jeden Fall werden wir zunächst die Rolle ehrbarer Händler spielen." Kennon nickte zustimmend. Er ließ seinen aus Atronital-Compositum bestehenden Körper in einen Sessel sinken. Seine Bewegungen wirkten fließend und mühelos. Tekener wußte, daß alle befehlsgebenden Nervenleiter Kennons in direkter Verbindung mit dem biopositronischen Impulswandler standen, der die Steuerbefehle der Nervenzellen empfing und sie an die mechanischen Steuerorgane der Glieder weiterleitete.
Kennon schien zu fühlen, daß Tekener ihn beobachtete, denn er
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