Untitled
zu Zimmer 427 im Marbury Hotel in Georgetown. Sie fühlte sich wieder unter Zwang. Getrieben. Sie war nicht glücklich über dieses Geheimtreffen und fragte sich, worum es gehe. Jezzie glaubte, sie wisse es, und hoffte, daß sie sich irrte. Sie irrte sich selten.
Jezzie klopfte an die Tür. Sie schaute sich um. Das war keine Paranoia. Sie wußte, daß halb Washington damit beschäftigt war, die andere Hälfte zu beobachten.
»Es ist offen. Komm rein«, hörte sie von drinnen.
Jezzie machte die Tür auf und sah ihn sich auf der Couch lümmeln. Er hatte eine Suite genommen, was ein schlechtes Zeichen war. Er wollte mit dem Geld um sich werfen.
»Eine Suite für meine Süße.« Mike Devine lächelte sie von der Couch an. Er sah die Redskins im Fernsehen. So cool, wie jemand nur sein konnte. In vielerlei Hinsicht erinnerte er Jezzie an ihren Vater. Vielleicht hatte sie deshalb etwas mit ihm angefangen. Die Perversität war ein Reiz gewesen.
»Michael, das ist im Augenblick sehr gefährlich.« Jezzie trat in das Hotelzimmer und machte die Tür zu. Verriegelte sie. Sie ließ ihre Stimme eher besorgt als verärgert klingen. Die süße, liebe Jezzie.
»Gefährlich oder nicht, wir müssen reden. Weißt du, dein Freund war neulich bei mir. Heute morgen hat er vor meinem Haus geparkt.«
»Er ist nicht mein Freund. Ich habe ihn angezapft, weil wir die Informationen brauchen.«
Mike Devine lächelte. »Du zapfst ihn an, er zapft dich an. Und alle sind glücklich? Ich bin's nicht.«
Jezzie setzte sich neben Devine auf die Couch. Er war eindeutig sexy und wußte es. Er sah wie Paul Newman aus, bloß ohne die unerträglich schönen blauen Augen. Außerdem mochte er Frauen, und das merkte man ihm an.
»Ich sollte nicht hier sein, Michael. Wir sollten jetzt nicht Zusammensein.« Jezzie rieb ihren Kopf an seiner Schulter. Sie küßte ihn sanft auf die Wange, die Nase. Sie hatte im Augenblick nicht die geringste Lust, mit ihm zu schmusen. Aber sie konnte es, wenn sie mußte. Sie konnte alles, was nötig war.
»Doch, du solltest hier sein, Jezzie. Wozu ist denn das ganze Geld gut, wenn wir es nicht ausgeben und nicht Zusammensein können.«
»Ich scheine mich an ein paar Tage am See zu erinnern, erst neulich. Habe ich mir das eingebildet?«
»Zum Teufel mit gestohlenen Augenblicken. Komm mit mir nach Florida.«
Jezzie küßte ihn auf die Kehle. Er war glattrasiert und roch immer gut. Sie knöpfte sein Hemd auf und fuhr mit der Hand darunter. Dann ließ sie die Finger über die Wölbung in seiner Hose streichen. Sie lief jetzt auf Autopilot. Alles, was nötig war.
»Vielleicht müssen wir Alex Cross loswerden. Ich meine es ernst«, flüsterte er. »Hörst du mich, Jezzie?«
Sie wußte, daß er sie auf die Probe stellte, auf eine Reaktion wartete. »Das ist eine ernste Sache. Laß mich ein bißchen daran arbeiten. Ich krieg' schon raus, was Alex weiß. Hab Geduld.«
»Du vögelst mit ihm, Jezzie. Deshalb hast du Geduld.«
»Nein, das stimmt nicht.«
Sie machte seinen Gürtel auf, war ein bißchen ungeschickt mit der linken Hand. Sie mußte ihn noch eine Weile bei der >
Stange halten.
»Woher soll ich wissen, daß du dich nicht in Alex Cross verknallt hast?« Er war hartnäckig.
»Weil ich in dich verliebt bin, Michael.« Sie schob sich näher an Devine heran und nahm ihn in die Arme. Er war leicht zu täuschen. Das waren sie alle. Jetzt mußte sie nur noch abwarten, bis das FBI aufgab, dann hatten sie es geschafft. Perfekt. Das Verbrechen des Jahrhunderts.
80. Kapitel
Ich schlief, als um vier Uhr morgens der Anruf kam. Ein am Boden zerstörter Wallace Hart war in der Leitung. Er rief aus Fallston an, wo er mit einem ernsten Problem konfrontiert war.
Eine Stunde später war ich im Gefängnis. Ich war einer von vier privilegierten Eingeweihten, die sich heimlich in Wallaces engem, überheiztem Büro trafen.
Die Presse hatte von dem sensationellen Ausbruch noch nichts erfahren. Sie mußte bald informiert werden – das war unumgänglich. Es würde ein Festtag für sie sein, wenn sie melden konnten, Soneji/Murphy sei wieder auf freiem Fuß.
Wallace Hart saß zusammengesackt an seinem mit Papieren überhäuften Schreibtisch, als hätte er einen Schuß abbekommen. Die anderen im Büro waren der Gefängnisdirektor und der Gefängnisanwalt.
»Was weißt du über den vermißten Wärter?« fragte ich Wallace bei der ersten Gelegenheit.
»Er heißt Fishenauer. Sechsunddreißig Jahre alt. Er ist seit elf Jahren im
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