Untitled
wir, und Sie werden es in dieser Stadt weit bringen. Hören Sie auf damit, so ein sturer Hund zu sein. Wehren Sie sich nicht mehr dagegen.«
»Ich bin nicht einverstanden. Freiwillig jedenfalls nicht. Nicht wenn ich was mitzureden habe. Ihre Vorstellung von Erfolg ist nicht meine.«
»Ich weiß, was hier das Richtige ist. Für uns beide«, sagte er. Dieses Mal lächelte Carl Monroe nicht die Spur. »Sie halten mich über die Fortschritte in diesem Fall auf dem laufenden. An dieser Sache sind wir beide beteiligt, Alex. Das ist ein Fall, bei dem man Karriere macht.«
Ich nickte Monroe zu. Aber klar doch, dachte ich. »Wer macht Karriere, Carl?«
Ich hatte vor dem Districtgebäude mit den vielen Schnörkeln gehalten. Monroe rutschte vom Sitz. Er blieb neben dem Auto stehen und schaute auf mich hinunter. »Dieser Fall ist ungeheuer wichtig, Alex. Er gehört Ihnen.«
»Nein, danke«, sagte ich.
Aber Monroe war schon fort.
9. Kapitel
Fünfundzwanzig Minuten nach zehn, gut in dem Zeitplan, den Gary Soneji bei seinen Probefahrten von Washington aus aufgestellt hatte, lenkte er den Lieferwagen auf eine unbeschilderte Zufahrt. Der Feldweg hatte schlimme Schlaglöcher und war dicht mit Unkraut überwuchert. Zu beiden Seiten wuchs Brombeergestrüpp.
Keine fünfzig Meter von der Hauptstraße entfernt konnte er nichts mehr sehen als den Feldweg und das Dickicht darüber. Niemand konnte von der Hauptstraße aus seinen Lieferwagen sehen.
Der Lieferwagen holperte an einem baufälligen, verblichenen weißen Farmhaus vorbei. Das Haus wirkte, als schrumpfe es, sacke in das Fundament zusammen. Nur vierzig Meter hinter dem Haus standen die Reste einer gleichermaßen heruntergekommenen Scheune.
Soneji fuhr den Lieferwagen hinein. Er hatte es getan; er hatte es durchgezogen.
In der Scheune parkte ein schwarzer Saab Baujahr 1985. Im Gegensatz zum Rest der verlassenen Farm wirkte die Scheune bewohnt.
Sie hatte einen Lehmboden. Drei kaputte Fenster im Heuboden waren mit dünnem Baumwollstoff beklebt. Weder rostige Traktoren noch andere Landmaschinen standen herum. Die Scheune roch nach feuchter Erde und Benzin.
Gary Soneji zog zwei Cokes aus einer Kühltasche auf dem Beifahrersitz. Er stürzte beide hinunter und rülpste befriedigt, als er die zweite kalte Limonade intus hatte.
»Will einer von euch eine Coke?« rief er den betäubten, bewußtlosen Kindern zu. »Nein? Okay, aber bald werdet ihr ganz schönen Durst kriegen.«
Es gab keine Gewißheiten im Leben, dachte er, aber er konnte sich nicht vorstellen, wie ihn die Polizei jetzt schnappen sollte. War es blöd und gefährlich, daß er so zuversichtlich war? fragte er sich. Eigentlich nicht, denn er war außerdem realistisch. Sie konnten ihn jetzt nicht mehr aufspüren. Sie hatten keinen einzigen Anhaltspunkt, dem sie folgen konnten.
Er hatte geplant, eine Berühmtheit zu entführen, seit – oh, seit ewigen Zeiten. Wer das sein sollte, hatte sich geändert, immer wieder geändert, aber nie das klare Ziel, das er vor Augen hatte. Er hatte monatelang an der Georgetown-Tagesschule gearbeitet. Dieser Moment, hier und jetzt, war jeden miesen Augenblick wert gewesen.
»Mr. Chips.« Er dachte an seinen Spitznamen in der Schule. Mr. Chips! Wie wunderbar, wunderbar er seine Rolle gespielt hatte. Wirklich reif für einen Oscar. Besser als alles, was er seit Robert de Niro in The King of Comedy gesehen hatte. Und diese darstellerische Leistung hatte Maßstäbe gesetzt. De Niro mußte im wahren Leben auch ein Psychopath sein.
Gary Soneji zog schließlich die Schiebetür des Lieferwagens auf. Wieder an die Arbeit, an die Arbeit, die reine Schinderei war.
Nacheinander zog er die Kinder aus dem Lieferwagen. Erst kam Maggie Rose. Dann der kleine Goldberg. Er legte sie nebeneinander auf den Lehmboden. Er zog beide bis auf die Unterwäsche aus. Er bereitete sorgfaltig Dosen von Secobarbitalnatrium vor. Der nette Apotheker an der Ecke bei der Schwerarbeit. Die Dosis lag irgendwo zwischen einer Schlaftablette und einer Krankenhausnarkose. Sie würde etwa zwölf Stunden reichen.
Er holte Einwegspritzen namens Tubex heraus und zwei Aderpressen. Er mußte äußerst vorsichtig sein. Bei Kindern war die genaue Dosierung problematisch. Als nächstes schob er den schwarzen Saab etwa zwei Meter nach vorn. Dadurch kam im Scheunenboden eine Grube zum Vorschein, anderthalb Meter lang, einszwanzig breit.
Er hatte das Loch bei mehreren früheren Besuchen auf der verlassenen Farm gegraben. In dem
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