Untitled
nicht sicher war, ob das nötig gewesen wäre. Meistens fühlen sich Kinder zu Sampson hingezogen. Er paßt in ihr Bild vom »lieben Monster«.
»Stimmt ja gar nicht!« sagte Mary-Berry. Sampson hatte sie schon zum Lächeln gebracht. Ein gutes Zeichen.
»Sie hat recht, wir sind echte Polizisten«, sagte ich zu den Kindern. »Wir sind hier, um dafür zu sorgen, daß ihr alle okay seid. Ich meine, puh, was – für ein Morgen!«
Ms. Kim lächelte mir über den Fußboden hinweg zu. Sie wußte, ich wollte die Kinder beruhigen. Die Polizei war da, sie waren wieder in Sicherheit. Niemand konnte ihnen jetzt etwas tun; die Ordnung war wiederhergestellt.
»Sind Sie ein guter Polizist?« frage Jonathan mich. Für einen so kleinen Jungen wirkte er ungeheuer ernst.
»Ja, bin ich. Und mein Partner, Detective Sampson, auch.«
»Sie sind groß«, sagte Luisa. »Groß, groß, so groß wie unser Haus!«
»Damit wir alle besser beschützen können«, sagte Sampson zu dem Mädchen. Sampson hatte schnell begriffen.
»Haben Sie Kinder?« fragte Brigid mich. Sie hatte uns beide gründlich beobachtet, ehe sie etwas sagte. Sie hatte herrliche strahlende Augen, und ich mochte sie jetzt schon.
»Ich habe zwei Kinder«, sagte ich. »Einen Jungen und ein Mädchen.«
»Und wie heißen die?« fragte Brigid. Sie hatte unsere Rollen elegant vertauscht.
»Janelle und Damon«, sagte ich. »Janelle ist vier und Damon sechs.«
»Wie heißt Ihre Frau?« fragte Stuart.
»Ich habe keine Frau«, sagte ich.
»Mann o Mann, Mr. Rogers«, sagte Sampson leise.
»Sind Sie geschieden?« fragte Mary-Berry mich. »Ist es deshalb?«
Ms. Kim lachte laut auf. »Aber, Mary, was stellst du unserem netten Freund für eine Frage!«
»Werden die Maggie Rose und Michael Goldberg was tun?« wollte der ernste Jonathan wissen. Es war eine gute, gerechtfertigte Frage. Sie hatte eine Antwort verdient.
»Ich hoffe nein, Jonathan. Eins kann ich euch sagen. Niemand wird euch was tun. Detective Sampson und ich sind hier, um das zu verhindern.«
»Falls ihr das noch nicht gemerkt habt, wir sind ganz schön zäh.« Sampson grinste. »Grrr! Diesen Kindern wird nie jemand was tun. Grrr!«
Kurz darauf fing Luisa zu weinen an. Sie war ein reizendes Kind. Ich hätte sie am liebsten in den Arm genommen, aber das ging nicht.
»Was ist denn, Luisa?« fragte Ms. Kim. »Deine Mom und dein Dad kommen bald.«
»Nein, die kommen nicht.« Das kleine Mädchen schüttelte den Kopf. »Die kommen nicht. Sie holen mich nie von der Schule ab.«
»Jemand kommt bestimmt«, sagte ich mit ruhiger Stimme. »Und morgen ist alles wieder gut.«
Die Tür zum Spielzimmer ging langsam auf. Ich schaute von den Kindern weg. Es war Bürgermeister Carl Monroe, auf Besuch in den hiesigen Schulen für Privilegierte.
»Haben Sie auch keinen Ärger, Alex?« Der Herr Bürgermeister nickte und lächelte, als er die ungewöhnliche Spielzimmerszene in sich aufnahm. Monroe war Mitte Vierzig und sah auf markige Weise gut aus. Er hatte einen vollen Haarschopf und einen dichten schwarzen Schnurrbart. Er sah in seinem marineblauen Anzug, dem weißen Hemd und der knallgelben Krawatte ganz dienstlich aus.
»O nein. Ich versuche bloß, hier was Nützliches mit meiner Freizeit anzufangen. Gilt für Sampson und für mich.«
Das brachte mir ein bürgermeisterliches Glucksen ein. »Sieht so aus, als wäre Ihnen das gelungen. Fahren wir ein Stück. Kommen Sie mit, Alex. Wir müssen über ein paar Dinge sprechen.«
Ich verabschiedete mich von den Kindern und von Ms. Kim und verließ mit Monroe die Schule. Vielleicht würde ich jetzt herausfinden, was tatsächlich los war und warum ich auf die Entführung statt auf meine Mordfälle angesetzt worden war. Und ob ich in der Sache überhaupt die Wahl hatte.
»Sind Sie mit Ihrem Auto gekommen, Alex?« fragte Monroe, als wir die Schultreppe hinunterliefen.
»Gehört mir und der Bank«, sagte ich.
»Wir nehmen Ihr Auto. Wie wirkt sich die S. I. T.-Gruppe für Sie aus? Das Konzept ist stark«, sagte er, als wir auf den Parkplatz zugingen. Offenbar hatte er seinen Fahrer mit dem Dienstwagen weggeschickt. Ein Mann des Volkes, unser Bürgermeister.
»Was genau ist denn das Konzept für S. I. T.?« fragte ich ihn. Ich hatte über meine gegenwärtige berufliche Situation nachgedacht, vor allem darüber, daß ich George Pittman unterstellt war.
Carl Monroe lächelte breit. Er ist raffiniert im Umgang mit Menschen und tatsächlich ziemlich schlau. Er wirkt immer
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