Untitled
Angst.
Ihr Mann, Thomas Dunne, war ein prominenter Anwalt in Los Angeles gewesen, als sie sich kennenlernten. Er hatte dort für Greenpeace und Save the Earth gearbeitet. Die Familie war nach Washington gezogen, als er Direktor des amerikanischen Roten Kreuzes wurde.
»Hatten Sie schon mal mit Kidnappingfällen zu tun, Detective?« wollte Thomas Dunne wissen. Er wollte herausbekommen, wie ich ins Bild paßte. War ich wichtig? Konnte ich ihrem kleinen Mädchen in irgendeiner Weise helfen? Er war ein bißchen unhöflich, aber unter den gegebenen Umständen konnte ich ihm das nicht verübeln.
»Etwa ein dutzendmal«, sagte ich. »Können Sie mir etwas über Maggie erzählen? Das könnte eine Hilfe sein. Je mehr wir wissen, desto besser stehen unsere Chancen, Maggie zu finden.«
Katherine Rose nickte. »Selbstverständlich, Detective Cross. Wir haben versucht, Maggie so normal wie möglich zu erziehen«, sagte sie. »Das ist einer der Gründe, warum wir schließlich beschlossen haben, nach Osten zu ziehen.«
»Ich weiß nicht, ob ich Washington einen normalen Ort zum Aufwachsen nennen würde. Nicht gerade eine typische amerikanische Kleinstadt.« Ich lächelte die beiden an. Aus irgendeinem Grund schien diese Bemerkung das Eis zwischen uns zu >
brechen.
»Verglichen mit Beverly Hills ist es ziemlich normal«, sagte Tom Dunne. »Das können Sie mir glauben.«
»Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, was ›normal‹ bedeutet«, sagte Katherine. Ihre Augen wirkten graublau. Sie durchbohrten einen, wenn man ihr nahe kam. »Ich nehme an, ›normal‹ entspricht einer altmodischen Vorstellung in unseren Hinterköpfen, in Toms und meinem. Maggie ist nicht verwöhnt. Sie ist kein Kind, das dauernd sagt: ›Suze hat das‹ oder ›Caseys Eltern haben ihr das gekauft‹. Sie ist nicht eingebildet. Das meine ich mit ›normal‹. Sie ist bloß ein kleines Mädchen, Detective.«
Während Katherine Rose liebevoll über ihre Tochter sprach, ertappte ich mich dabei, daß ich an meine Kinder dachte, vor allem an Janelle. Jannie war auch »normal«. Damit meine ich, sie war ausgeglichen, auf keinen Fall verwöhnt, liebenswert in jeder Hinsicht. Da ich Parallelen zwischen unseren Töchtern entdeckte, hörte ich mir noch aufmerksamer an, was sie über Maggie Rose sagten.
»Sie hat viel von Katherine.« Thomas Dunne trug etwas bei, was seiner Meinung nach wichtig für mich war. »Katherine ist der selbstloseste Mensch, den ich je gekannt habe. Glauben Sie mir, es ist sehr schwer, die ganze Verherrlichung, die ein Star in Hollywood erleben kann, und die ganze üble Nachrede wegzustecken und der Mensch zu bleiben, der man ist.«
»Warum heißt sie Maggie Rose?« fragte ich Katherine Rose.
»Dafür bin ich verantwortlich.« Thomas Dunne verdrehte die Augen. Ich merkte, daß er gern für seine Frau sprach. »Das war ein Spitzname, der einfach hängenblieb. Es fing an, als ich die beiden zum ersten Mal im Krankenhaus sah.«
»Tom nennt uns die ›Rose Girls‹, die ›Rose Sisters‹. Das hier draußen ist der ›Rosengarten‹. Wenn Maggie und ich streiten,
ist das der ›Rosenkrieg‹. So geht das dauernd.«
Sie liebten ihre Kleine sehr. Ich spürte es in jedem Wort, das sie über Maggie sagten.
Soneji, wie auch immer sein richtiger Name lauten mochte, hatte in ihrem Fall eine kluge Wahl getroffen. Noch ein perfekter Schachzug seinerseits. Berühmter Filmstar und angesehener Anwalt. Liebevolle Eltern. Geld. Prestige. Vielleicht mochte er ihre Filme. Ich versuchte, mich daran zu erinnern, ob Katherine Rose je eine Rolle gespielt hatte, die für ihn ein Auslöser hätte sein können. Ich konnte mich nicht daran erinnern, ob ich ihr Bild in seiner Wohnung gesehen hatte.
»Sie haben gesagt, Sie wollen wissen, wie Maggie unter diesen entsetzlichen Umständen reagieren könnte«, fuhr Katherine fort. »Warum, Detective Cross?«
»Wir wissen aus Gesprächen mit ihren Lehrern, daß sie artig ist. Vielleicht war das ein Grund, weshalb Soneji sie ausgesucht hat.« Ich war offen zu ihnen. »Was fällt Ihnen sonst noch ein? Assoziieren Sie frei.«
»Maggie scheint zu wechseln zwischen Ernsthaftigkeit – ganz brav und korrekt – und jeder Menge Phantasien«, sagte Katherine. »Haben Sie Kinder?« fragte sie mich.
Ich zuckte zusammen. Ich hatte wieder an Jannie und Damon gedacht. Parallelen. »Zwei. Außerdem betreue ich Kinder in den Sozialsiedlungen«, sagte ich. »Hat Maggie in der Schule viele Freunde?«
»Massenhaft«, sagte ihr
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