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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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und saß in einer Prüfung, und Mr. Ravilious, nicht Herr Stämpfli, führte die Aufsicht. Er war Yvette in Solothurn und spielte wegen der Figur bis neun Uhr Basketball. Er war auf einer Seite in Antigua, auf der nächsten in Liechtenstein und auf der übernächsten in Grand Cayman. Er war in Spanien, Portugal, Andorra und Nordzypern und schrieb. Er war Besitzer einer Kette von Kasinos, Hotels, Feriendörfern und Diskotheken. Er war Tiger, addierte seine privaten Aktiva und sah nach, wieviel noch an zweihundert Millionen Pfund Sterling fehlte. Ergebnis, von Tiger im Handumdrehen ausgerechnet: einhundertundneunzehn Millionen Pfund. »Liquidationskonto«, las er. Keine Überschrift, nur eine sechsstellige Zahl und die Buchstaben TS oben auf der Seite. Tageswert siebzehn Millionen Pfund in verschiedenen Währungen. Zwei Abbuchungen in den letzten zwei Wochen: das eine Mal fünf Millionen und dreißig Pfund mit dem Vermerk Überweisung, das andere Mal fünfzigtausend Pfund, datiert und mit dem Vermerk Inhaber.
    »Hat mein Vater diesen Betrag in bar abgehoben?« In bar, bestätigte Herr Stämpfli. Herr Stämpfli habe ihm persönlich geholfen, das Geld in seine Flugtasche zu packen. »In welcher Währung?«
    »Schweizer Franken, Dollar, türkische Lira«, antwortete Herr Stämpfli wie eine sprechende Schweizer Uhr und fügte stolz hinzu: »Ich habe das Geld selbst für ihn geholt.«
    »Können Sie mir auch welches holen?«
    Die Frage überraschte ihn selbst, doch gab es zwei äußere Faktoren, die ihn dazu gedrängt hatten. Erstens die Entdeckung, daß er ein eigenes Nummernkonto mit einem Bestand von drei Millionen Pfund besaß. Zweitens seine Verärgerung über Brocks Verbot, im Ausland über eigenes Geld zu verfügen, und die damit verbundene beleidigende Unterstellung, er könnte sich unplanmäßig in die Freiheit absetzen - etwas, worüber Oliver in den letzten drei Jahren wiederholt nachgedacht hatte.
    Herr Stämpfli war nicht befugt, Oliver mit den Papieren allein zu lassen. Unter großer Umstandskrämerei rief er den Nachtkassierer an und erteilte in Olivers Namen einen Auftrag über dreißigtausend US-Dollar in Hundertern, ein paar tausend Schweizer Franken und, ach ja, etwas türkisches Geld wie mein Vater. Eine Vestalin erschien mit einem Bündel Banknoten und einer Quittung. Oliver unterschrieb die Quittung und verteilte das Geld auf die zahlreichen Taschen seines Hayward-Anzugs. Kein Zauberer hätte das dezenter hinbekommen. Zur Feier genehmigte er sich eine der Grußkarten der Bank mit dem Fahnenschwenker, kritzelte eine muntere Botschaft für Sammy darauf und schob sich auch die in die Tasche. Dann wandte er sich wieder den Zahlen zu. Erst als die Uhr sieben schlug, verließ ihn der Mut.
    »Ich kann es nicht ertragen, Yvette warten zu lassen«, gestand er Herrn Stämpfli mit schüchternem Lächeln. Vorsichtig riß er seine kostbaren handschriftlichen Aufzeichnungen von dem Notizblock und steckte sie in den stabilen Umschlag, den Herr Stämpfli ihm offen hinhielt. Dann begleitete Herr Stämpfli Oliver die Haupttreppe hinunter bis an die Vordertür.
    »Hat mein Vater davon gesprochen, wohin er von hier aus wollte?«
    Herr Stämpfli schüttelte den Kopf. »Mit den Lira vielleicht in die Türkei?«
    Draußen in der Dämmerung wartete Derek. »Rollenwechsel«, erklärte er, als sie auf ein geparktes Taxi zuschlenderten. »Befehl von Nat. Sie sind jetzt Mr. und Mrs. West und wohnen in einem Liebesnest für Handelsreisende am anderen Ende der Stadt.«
    »Warum?«
    »Es sind Schnüffler aufgetaucht.« »Wessen Schnüffler?«
    »Unbekannt. Könnten Schweizer sein, könnten Hobans Leute
sein, könnte die Hydra sein. Vielleicht hat Conrad Sie
reingelegt.«
»Was haben sie getan?«
    »Aggie beschattet, im Hotel nachgefragt, an Ihren Unterhosen geschnüffelt. Das ist ein Befehl. Sie verhalten sich ruhig, Sie bleiben im Dunkeln, und morgen nehmen Sie den ersten Flug und verschwinden.« »Nach London?«
    »Die Mücke hat eine Pause verordnet. Was erwarten Sie von ihm? Daß er Sie an einen Baum fesselt und auf die Wölfe wartet?«
    Oliver saß neben Derek im Taxi und betrachtete die Lichter am See. Im Foyer eines schmuddeligen Hochhauses, in dem es nach alter Suppe stank, sprach Derek übers Haustelefon mit Zimmer 509, während Pat und Mike die Anschlagtafel studierten. Oliver nutzte die Gelegenheit, zauberte die Postkarte für Sammy aus der Tasche, kritzelte »auf Rechnung von 509« in den freien Raum für die Briefmarke

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