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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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fröhlicher Alchimie nicht trüben. Rußland hat Georgien nie verdient, behauptet Jewgenij; er spricht teils in seinem eigenwilligen Englisch, teils über Hoban, der eingeschnappt zwischen Oliver und Tinatin auf dem Rücksitz kauert: jedesmal wenn das christliche Georgien bei Rußland Schutz vor den moslemischen Horden gesucht habe, sei es von den Russen geplündert und in den Schmutz geworfen worden …
    Aber diese Heimatgeschichte wird von einer anderen unterbrochen, als Jewgenij etwas zu den Bergfestungen und zu der Straße nach Gori sagen muß, der Stadt, in deren Mauern nicht nur der verfluchte Schuppen steht, in dem Joseph Stalin das Licht der Welt erblickte, sondern auch die Kathedrale, die, wenn man Jewgenij glauben kann, so alt wie Jesus Christus selber ist und in der die ersten Könige Georgiens gekrönt wurden. Sie kommen an einer gewaltigen Schlucht vorbei, an deren Rand Häuser mit vergitterten Balkonen schwanken, sie sehen ein Eisengerüst, das wie ein Glockenturm aussieht und auf dem Grab eines reichen Jungen steht. Dieser reiche Junge war Alkoholiker, teilt Jewgenij gewissenhaft über Hoban mit und hebt dann zu einer moralischen Erzählung an. Als die Mutter des reichen Jungen ihm eines Tages Vorhaltungen machen wollte, habe er sich vor ihren Augen eine Kugel in den Kopf gejagt. Jewgenij hält sich einen Finger an die Schläfe, um zu zeigen, wo der Junge den Revolver angesetzt hatte. Der gramgebeugte Vater, ein Geschäftsmann, habe den Jungen, um seine Verwesung zu verhindern, in einem vier Tonnen schweren Faß mit Honig beisetzen lassen.
    »Honig?« wiederholt Oliver ungläubig.
    »Honig eignet sich verdammt gut zur Leichenkonservierung«, antwortet Hoban trocken. »Fragen Sie Zoya, die ist Chemikerin. Vielleicht konserviert sie auch mal Ihre Leiche.« Sie fahren schweigend weiter, bis das Gerüst nicht mehr zu sehen ist. Hoban telefoniert auf seinem tragbaren Telefon. Es ist, wie Oliver bemerkt, ein anderes Modell als das, das er in Moskau oder London benutzt. Ein Spiralkabel verbindet es mit einem schwarzen Zauberkasten. Ein Tropfen Blut genügt, und schon kann der Kasten alle Geheimnisse eines Menschen enträtseln. Drei Tasten, und Hoban fängt bereits an zu murmeln. Der Konvoi hält zum Tanken an einer einsamen Tankstelle. In einem roh gezimmerten Käfig neben der stinkenden Toilette steht ein Braunbär und mustert die Gesellschaft ohne sonderliches Wohlwollen. »Michail Iwanowitsch sagt, es ist wichtig zu wissen, auf welc her Seite Bär schläft«, übersetzt Hoban mit unverhohlenem Hohn, indem er den Mund von der Sprechmuschel entfernt, ohne jedoch aufzulegen. »Wenn Bär auf linker Seite schläft, ißt man rechte Seite. An linke Seite kommt man dann nicht gut ran. Wenn Bär sich mit linker Tatze einen runterholt, ißt man rechte Tatze. Haben Sie Appetit auf Bär?« »Nein, danke.«
    »Sie hätten ihr schreiben sollen. Sie ist vor Sehnsucht nach Ihnen fast wahnsinnig geworden.« Hoban nimmt sein Telefonat wieder auf. Die Sonne brennt so heiß auf den Straßenbelag, daß der Teer Blasen wirft. Der Duft von Kiefern erfüllt das Auto. Sie kommen an einem alten Haus unter Kastanien vorbei. Die Tür steht offen. »Tür zu, ist der Mann zu Hause.« Wieder Hoban als Jewgenijs Dolmetscher. »Tür offen, ist er zur Arbeit, und Sie können reingehen und seine Frau vögeln.« Sie fahren bergauf, tief unter ihnen erstreckt sich zu beiden Seiten der Straße die Ebene. Berge mit weißen Gipfeln gleißen vor dem unendlichen Himmel. Vor ihnen, halb ertrunken im eigenen Dunst, liegt das Schwarze Meer. Eine Kapelle am Straßenrand markiert eine besonders gefährliche Kurve. Michail kurbelt sein Fenster runter und wirft einem alten Mann, der auf den Eingangsstufen sitzt, eine Handvoll Münzen in den Schoß. »Der Scheißkerl ist Millionär«, sagt Hoban versonnen. Jewgenij läßt an einem Weidenbaum anhalten, in dessen alten Zweigen bunte Bänder hängen. Das ist ein Traumbaum, übersetzt Hoban Jewgenijs Erklärung. »Man darf aber nur gute Wünsche daran aufhängen. Schmutzige Wünsche fallen auf Wünschenden zurück. Haben Sie schmutzige Wünsche?« »Nein«, sagt Oliver.
    »Ich persönlich habe dauernd schmutzige Wünsche. Besonders nachts und morgens beim Aufwachen. Jewgenij Iwanowitsch ist in Stadt geboren, die die Sowjets in Senaki umbenannt haben«, fährt Hoban fort, als Jewgenij laut rufend mit seinem fetten Arm ins Tal hinunterzeigt. »Michail Iwanowitsch ist ebenfalls in Senaki geboren. ›Unser Vater

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