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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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eröffnet. Es soll Trans-Finanz heißen. Michail kauert neben Jewgenij. Er hat sich einen Bart wachsen lassen. »Kann er dich zum Lachen bringen, dein Vater?«
    »Wenn alles gut läuft und er glücklich ist - ja, dann kann Tiger mich zum Lachen bringen.« Paul quengelt, und Zoya tröstet ihn und streicht ihm mit der Hand über den bloßen Rücken unter dem Hemdchen. »Kann er dich auf die Palme bringen, Briefträger?«
    »Er meint, ob er dich wütend machen kann«, erklärt Zoya. »Wie Hoban. Der ist immer irgendwie wütend.«
    »Manchmal bringt er mich auf die Palme«, gesteht Oliver; er begreift nicht, wohin diese Fragen führen sollen. »Aber ich bringe ihn auch auf die Palme.« »Wie, Briefträger?«
    »Na ja, ich bin nicht gerade der Rolls-Royce-Sohn, den er sich gewünscht hat. Er ist eigentlich immer ein bißchen wütend auf mich, aber das merkt er gar nicht.«
    »Gib ihm das hier. Das macht ihn glücklich.« Jewgenij greift in seinen schwarzen Mantel, zieht einen Umschlag hervor und gibt ihn Michail, der ihn schweigend an Oliver weiterreicht. Oliver holt tief Luft. Jetzt, denkt er. Los. »Worum geht´s?« fragt er. Er muß die Frage wiederholen. »Der Brief, den du mir gegeben hast - worum geht es da? - Ich mache mir langsam Sorgen, daß ich beim Zoll oder so auffallen könnte.« Er hat das offenbar lauter gesagt als beabsichtigt, denn Zoya dreht sich um, und Michails dunkle Augen starren ihn finster an. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, worum es bei eurer neuen Operation geht. Ich bin für die rechtlichen Fragen zuständig. Ich sorge nur dafür, daß das alles legal ist.«
    »Legal?« wiederholt Jewgenij und hebt wütend und verblüfft die Stimme. »Was heißt hier legal? Was hast du denn bitteschön mit legal am Hut? Oliver macht alles legal? Damit stehst du bei uns aber alleine da, würde ich sagen.«
    Olivers Blick wendet sich zur Seite, er sucht Zoya, aber die ist verschwunden, und Paul läßt sich jetzt von Tinatin in den Schlaf wiegen. »Tiger sagt, ihr macht alle möglichen Geschäfte«, haspelt er weiter. »Was soll das heißen? Er sagt, ihr macht gewaltige Profite. Womit? Er will mit euch in die Freizeitbranche gehen. Und das in sechs Monaten. Wie?« Im Schein der Leselampe neben ihm ist Jewgenijs Gesicht älter als die Bergspitzen von Bethlehem. »Belügst du deinen Vater, Briefträger?«
    »Nur in kleinen Dingen. Zu seinem Schutz. So wie wir alle ab und zu mal lügen.«
    »Dieser Mann sollte seinen Sohn nicht belügen. Belüge ich
dich?«
»Nein.«
    »Geh nach London zurück, Briefträger. Bleib legal. Gib deinem Vater den Brief. Sag ihm, ein alter Russe läßt ihm ausrichten, daß er ein Narr ist.«
    Zoya erwartet ihn in seinem Hotelbett. Sie hat ihm Geschenke in kleinen braunen Päckchen mitgebracht: eine Ikone, die ihre Mutter Tinatin unter der Herrschaft der Kommunisten heimlich an den Namenstagen gewisser Heiliger getragen hat; eine Duftkerze; ein Foto ihres Vaters Jewgenij in Marineuniform; Gedichte eines georgischen Dichters, den sie verehrt. Er heißt Khuta Berulava und schreibt als Mingrelier in georgischer Sprache, eine Kombination, die sie besonders mag. Olivers Verlangen nach ihr gleicht einer Sucht. Zum Zeichen, daß er schweigen soll, legt sie einen Finger an die Lippen, dann zieht sie ihn aus. Er ist zum Zerreißen gespannt, zwingt sich aber, Abstand zu halten, als er sich niederlegt.
    »Wenn ich meinen Vater verrate, mußt du deinen Vater und deinen Mann verraten«, sagt er vorsichtig. »Womit treibt Jewgenij Geschäfte?«
    Sie dreht ihm den Rücken zu. »Mit allem, was böse ist.« »Und was ist das Schlimmste?« »Alles.«
    »Sag mir nur das Allerschlimmste. Was schlimmer als alles andere ist. Woher kommt das viele Geld? Diese zig Millionen Dollar?«
    Sie wirft sich zu ihm herum, umklammert ihn mit den Schenkeln und attackiert ihn wie ein wildes Tier, als könnte sie ihn, wenn sie ihn in sich aufnimmt, zum Schweigen bringen. »Er lacht«, sagt sie keuchend. »Wer?« »Hoban« - noch eine Attacke.
    »Warum lacht Hoban? Worüber?«
    »›Wir tun es für Jewgenij‹, sagt er. ›Wir bauen für Jewgenij einen ganz neuen Wein an. Wir bauen ihm eine weiße Straße nach Bethlehem.‹«
    »Eine weiße Straße? Woraus?« fragt Oliver atemlos. »Aus Pulver.« »Aus was für einem Pulver?«
    Sie schreit es heraus, so laut, daß man es im halben Hotel hören kann: »Es kommt aus Afghanistan! Aus Kasachstan! Aus Kirgisien! Hoban hat das arrangiert! Das neue Geschäft! Aus dem Osten über

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