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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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ist sehr gut zu uns gewesen, Oliver. Hör auf damit. Hast du verstanden?« »Wo ist er, Mutter?«
    »Du mußt Respekt vor ihm haben. Daß wir Respekt empfinden können, unterscheidet uns von den Tieren. Er hat dich nie mit Jeffrey verglichen. Er hat sich nicht von dir abgewandt, als du bei den Prüfungen durchgefallen bist und ständig die Schule wechseln mußtest. Andere Väter hätten das getan. Ihn hat es nicht gestört, daß du Gedichte schreiben wolltest oder sonst welche Flausen im Kopf hattest, auch wenn damit kein Geld zu machen war. Er hat dir Privatunterricht geben lassen und dich an Jeffreys Stelle in die Firma genommen. Das muß einem Mann schwerfallen, für den Verdienst alles ist und der es aus eigener Kraft zu etwas gebracht hat. Dir ist Liverpool erspart geblieben, mir nicht. Wenn du Liverpool erlebt hättest, wärst du das ist nicht möglich. Er hat Nightingales immer geliebt. Er hat es mir nie an etwas fehlen lassen. Du hast dich nicht loyal verhalten, Oliver. Was auch immer du ihm angetan hast, er hat es nicht verdient. Du hast jetzt selbst eine Familie. Geh und kümmere dich um sie. Und hör auf so zu tun, als ob du in Singapur wärst. Ich weiß doch ganz genau, daß du in Devon bist.«
    Er war eiskalt, ihr Henker. »Du hast es ihm also erzählt?« sagte er tonlos. »Tiger hat es aus dir rausgelockt. Er hat dich besucht, er hat dir von Winser erzählt, und du hast ihm von mir erzählt. Wo ich lebe. Meinen neuen Namen. Daß deine Briefe an mich über Toogood und die Bank laufen. Er war bestimmt sehr dankbar.« Er mußte sie festhalten, weil sie fast zusammenbrach; sie biß sich in den Zeigefinger und stöhnte jämmerlich unter ihrem Prinzessin-Diana-Pony. »Und jetzt möchte ich bitte wissen, Nadia, was Tiger dir erzählt hat«, fuhr er brutal fort. »Denn wenn du es mir nicht sagst, bin ich ziemlich sicher, daß er so endet wie Alfie Winser.«
    Sie mußte woanders hin, an einen anderen Ort, und so führte er sie durch den Flur ins Eßzimmer mit dem weißen Marmorkamin von Mallet´s, in dessen mit Säulchen verzierten Nischen nackte Frauenstatuen standen, vermutlich von Canova. Olivers ganze Pubertät hindurch waren diese Statuen die geliebten Sirenen seiner Tagträume gewesen. Ein heimlicher Blick durch die halboffene Tür auf ihr himmlisches Lächeln und ihre makellosen Hinterteile hatte jedesmal seine Phantasie beflügelt. Darüber hing ein Familienporträt, das von einem vergessenen Modemaler stammte: goldene Wolken türmen sich über Nightingales, Tiger sitzt auf einem tänzelnden Polopony, Oliver in seiner Eton-Jacke greift nach dem Zaum, und Tigers schöne junge Frau Nadia, Wespentaille und wehender Morgenrock, hält die übereifrige Hand des Jungen zurück. Und hinter Tiger schwebt der Geist Jeffreys, zum Leben erweckt nach Fotografien, sitzt er wie ein blonder italienischer Prinz auf seinem grauen Pony Admiral und springt mit wallendem Goldhaar und verwegenem Lächeln durch einen Sonnenstrahl; Hausangestellte stehen da und schwenken ihre Mützen. »Ich bin ja so schlecht, Oliver«, stöhnte Nadia, die das Gemälde irgendwie als Vorwurf auffaßte. »Tiger hätte mich niemals heiraten dürfen. Ich hätte euch beide nie haben dürfen.«
    »Mach dir nichts draus, Mutter. Wenn nicht du, dann hätte uns irgendeine andere gehabt«, sagte er mit falscher Heiterkeit. Er fragte sich, ob Jeffrey überhaupt Tigers Kind war. Einmal hatte sie im Rausch von einem Anwaltskollegen Tigers in Liverpool gesprochen, einem echten Rohdiamanten mit wunderbar blondem Haar.
    Sie waren jetzt im Billardzimmer. Wieder setzte er ihr zu: Ich muß es wissen, Mutter, ich muß erfahren, was zwischen euch beiden vorgegangen ist. Sie hatte Schluckauf und stritt kopfschüttelnd jedes ihrer Geständnisse ab, aber ihre Tränen waren versiegt. Ich bin zu jung, zu schwach, zu sensibel, Junge, ja, Tiger hat es aus mir rausgelockt, und jetzt tust du das gleiche. Das kommt nur daher, daß ich nicht studiert habe, mein Vater fand, Mädchen brauchten so was nicht, Gott sei Dank habe ich keine Tochter. Sie vertauschte die Pronomen und sprach von sich selbst wie von einer anderen: »Sie hat Tiger immer nur Kleinigkeiten erzählt, Junge. Niemals alles, nein, das hat sie nicht. Wenn Ollie gar nicht erst angefangen hätte, Nadia was zu verraten, dann hätte sie Tiger auch nichts verraten können, oder?« Da hast du verdammt recht, dachte Oliver. Es hat nie was gebracht, dir irgend etwas zu erzählen. Ich hätte dich mit deiner Trinkerei

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