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Untot in Dallas

Untot in Dallas

Titel: Untot in Dallas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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unterhalten, denn ich hatte gerade meinen ersten Flug hinter mir - eine völlig neue Erfahrung -, und vor mir lagen bestimmt noch etliche Hürden derselben Art.
    „Wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann?“ sagte der kleine, in das nüchterne Schwarz seiner Profession gehüllte Mann, wobei seine Stimme sozusagen bis zum Stehkragen voll Mitgefühl klang. „Ich konnte nicht umhin zu bemerken, in welcher traurigen Situation Sie sich befinden.“ Er zeigte das Selbstvertrauen eines Menschen, der es gewohnt ist, Fremde anzusprechen und von den Angesprochenen respektvoll behandelt zu werden. Aber wie ein Priester sah er eigentlich nicht aus: Sein braunes Haar war meiner Meinung nach viel zu lang, noch dazu verfilzt und ungepflegt. Zudem trug er einen dichten Schnurrbart. Aber ich hatte andere Dinge im Kopf, weswegen ich diese Einzelheiten nur am Rande wahrnahm.
    „Situation?“ wiederholte ich erstaunt, schenkte dem Mann aber keine wirkliche Beachtung. Gerade hatte ich einen ersten Blick auf den blankpolierten Holzsarg erhaschen können, der hinten im Laderaum aufgetaucht war. Bill war wirklich ein Traditionalist! Für die Reise wäre ein Metallsarg viel praktischer gewesen. Nun rollten uniformierte Flugbegleiter den Sarg zum Kopf der Rampe; sie hatten ihn irgendwie auf Rollen gesetzt. Die Fluglinie hatte Bill versprochen, daß der Sarg ohne den geringsten Kratzer am Holz an seinem Bestimmungsort eintreffen würde. In meinem Rücken stand weiteres Personal, bewaffnete Männer, die dafür sorgen sollten, daß kein Fanatiker herbeieilen und den Deckel vom Sarg reißen konnte. Diese Wachen gehörten zu den Extraleistungen, die Anubis Air, die Fluglinie, mit der Bill reiste, ihren Passagieren versprach und die einen zentralen Punkt in ihrer Werbung darstellten. Gemäß der Instruktionen, die Bill mir erteilt hatte, hatte ich auch Anweisung gegeben, Bill als erstes auszuladen.
    So weit, so gut!
    Ich warf einen Blick auf den nachtdunklen Himmel. Vor wenigen Minuten waren die Lichter angegangen, die die Landebahnen säumten. Ihr kaltes Licht warf Schatten, wo zuvor keine gewesen waren und sorgte dafür, daß der schwarze Schakalkopf, der die Rückflosse des Anubis Air-Flugzeuges zierte, wild und bedrohlich wirkte. Ich warf einen Blick auf die Uhr - nicht den ersten, wohlbemerkt.
    „Ja. Ich fühle mit Ihnen“, meldete sich erneut der Priester.
    Ich warf einen Seitenblick auf meinen unerwünschten Gefährten. Ob er in Baton Rouge zugestiegen war? An sein Gesicht konnte ich mich zwar nicht mehr erinnern, aber das hatte nicht viel zu bedeuten, da ich den ganzen Flug über ziemlich ängstlich gewesen war. „Ich bitte um Entschuldigung“, sagte ich, „aber warum fühlen Sie mit mir? Sind etwa Probleme aufgetreten?“
    Erstaunt sah der Mann mich an, wobei dieses Erstaunen allerdings nicht echt, sondern irgendwie sorgfältig einstudiert wirkte. „Na ja!“ sagte er sanft und wies mit dem Kinn auf Bills Sarg, der gerade auf einem Rollband die Laderampe herunterkam. „Ihr Verlust. Handelt es sich um eine Person, die Ihnen nahestand?“ Damit drängte er sich noch etwas näher an mich heran.
    „Natürlich!“ erwiderte ich halb verärgert, halb verständnislos. Warum war der Mann hier? Bestimmt stellte die Luftaufsichtsbehörde nicht auch noch einen Priester für jeden Menschen, der in Begleitung eines Sarges reiste. Besonders dann nicht, wenn dieser Sarg aus einer Maschine der Anubis Air ausgeladen wurde! „Sonst würde ich hier doch nicht stehen, oder?“
    Allmählich machte ich mir ein wenig Sorgen.
    So schob ich langsam und vorsichtig mein geistiges Visier hoch, um den Mann neben mir einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Eine Verletzung seiner Privatsphäre, ich weiß! Aber schließlich war ich hier nicht nur für meine eigene Sicherheit verantwortlich, sondern auch noch für die Bills.
    Der Priester - der im übrigen starke, klar verständliche Signale sendete - dachte ebenso intensiv an das bevorstehende Dunkelwerden wie ich, hatte dabei aber allerdings wesentlich mehr Angst. Er hoffte, seine Freunde hätten sich postiert, wie sie es geplant hatten.
    Ich warf einen erneuten Blick nach oben, versuchte aber, mir meine wachsende Besorgnis nicht anmerken zu lassen. Der Himmel über Texas zeigte nur noch einen winzigen Lichtstreif, ganz hinten am Horizont.
    „Ihr Mann vielleicht?“ Mit diesen Worten packte der Priester mich am Oberarm.
    Was war denn mit dem los? Nun sah ich mir den Mann neben mir genauer an, wobei

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