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Untot in Dallas

Untot in Dallas

Titel: Untot in Dallas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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ich feststellen mußte, daß seine Augen unverwandt auf die beiden Arbeiter oben im Flugzeug gerichtet waren, die sich um das Gepäck kümmerten und die von unserer Warte aus deutlich zu sehen waren. Sie trugen Overalls in den Farben Schwarz und Silber, auf deren linker Brusttasche das Logo der Anubis Air zu sehen war. Dann flackerte der ängstliche Blick meines Priesters hinüber zu einem weiteren Angestellten der Fluglinie, der wohl zum Bodenpersonal gehörte und sich gerade anschickte, meinen Sarg auf einen gepolsterten, flachen Gepäckwagen umzuladen. Der Priester wollte - ja, was? Er wollte einen Moment abpassen, in dem all die Männer nicht zu uns herübersahen, in dem sie zu beschäftigt waren, um zu sehen, was bei uns geschah. Er wollte nicht, daß sie mitbekamen ... daß sie was mitbekamen?
    „Nein, mein Freund“, sagte ich höflich, wobei man allerdings sagen muß, daß meine Großmutter mich zu Höflichkeit erzogen hat, nicht aber dazu, dumm zu sein. Während ich also höflich mit dem Priester plauderte, tastete ich gleichzeitig so, daß der Mann nichts davon mitbekam, vorsichtig mit einer Hand nach dem Verschluß der Handtasche, die ich über der Schulter trug. Dann öffnete ich die Tasche und entnahm ihr behutsam das Pfefferspray, das Bill mir geschenkt hatte. Den kleinen Zylinder dicht an den Oberschenkel gedrückt strebte ich fort von dem falschen Priester mit seinen unklaren Absichten; der jedoch packte immer fester meinen Oberarm - und dann ging plötzlich der Sargdeckel auf.
    Die beiden Männer aus dem Flugzeug hatten sich inzwischen zu Boden gleiten lassen und verbeugten sich nun tief. Der, der den Sarg auf den Gepäckwagen umgeladen hatte, murmelte leise: „Scheiße!“, verneigte sich dann aber. Er war neu im Metier, nahm ich an. Unterwürfiges Auftreten des Personals gehörte auch zu den kleinen Sonderleistungen, mit denen Anubis Air um Kunden warb - meiner Meinung nach war das nun wirklich völlig übertrieben.
    „Jesus, hilf mir!“ sagte der Priester, aber anstatt nun andächtig auf die Knie zu fallen, tat er einen Satz um mich herum, packte den Arm, dessen Hand das Spray hielt und schickte sich an, mich mit sich fortzuzerren.
    Zuerst dachte ich, er wolle mich vor irgendwelchen Gefahren bewahren, die seiner Meinung nach in dem offenen Sarg schlummern mochten, mich sozusagen in Sicherheit bringen. Ich nehme an, diesen Eindruck machte sein Verhalten auch auf die Menschen, die sich um die Ladung gekümmert hatten und nun weiterhin damit beschäftigt waren, ihre Rolle als devote Mitarbeiter der Anubis Airline zu spielen. Jedenfalls eilte niemand zur Unterstützung herbei, als ich den Mund auftat, mit der ganzen Kraft meiner wohlentwickelten Lungen herzhaft um Hilfe schrie und den Priester aufforderte, mich gefälligst loszulassen. Der zerrte weiterhin an meinem Arm herum und versuchte jetzt, mit mir im Schlepptau fortzulaufen. Ich stemmte meine gut vier Zentimeter hohen Absätze in den Boden und zerrte mit aller Kraft in die andere Richtung, während ich mit der freien Hand auf ihn einschlug. Ich lasse mich von niemandem irgendwo hinzerren, wohin ich nicht will. Jedenfalls nicht ohne Gegenwehr.
    „Bill!“ kreischte ich als nächstes, denn inzwischen hatte ich wirklich ziemliche Angst. Zwar war der Priester weder groß noch stark, aber er war größer und schwerer als ich und anscheinend fast ebenso wild entschlossen. Ich machte es ihm so schwer wie möglich, aber dennoch schaffte er es, mich Stück für Stück näher an einen Durchgang für Angestellte heranzuziehen, durch den hindurch man ins eigentliche Terminal gelangte. Von irgendwoher war Wind aufgekommen; ein heißer, trockener Wind. Wenn ich jetzt mit Chemikalien um mich sprühte, würde dieser Wind sie mir einfach ins Gesicht blasen.
    Ganz langsam setzte sich der Mann im Sarg auf, und seine großen dunklen Augen fingen an, die Geschehnisse rings umher zu registrieren. Ich erhaschte einen Blick darauf, wie er mit einer Hand durch sein weiches, braunes Haar fuhr.
    Der Personaleingang flog auf, und ich sah, daß jemand direkt dahinter stand - Verstärkung für den Priester! „Bill!“
    Dann war ein Sausen in der Luft, die mich umgab; der Priester ließ von mir ab und huschte durch die offene Tür, schneller als das Kaninchen beim Windhundrennen. Ich stolperte und wäre wohl auf meinem Hinterteil gelandet, hätte Bill nicht die Verfolgung des Gottesmannes eingestellt, um mich aufzufangen.
    „Hallo Schatz“, sagte ich unendlich

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