Untot in Dallas
Haut, und seine Augen erstrahlten in einem noch intensiveren Dunkelbraun, als sie es ohnehin schon taten.
Dann hielt er mir eine Tür auf, und ich trat hinaus in das geschäftiges Treiben auf einem der größten Flughäfen der Welt.
„Hast du ihn nicht gehört?“ Ich wußte genau, was Bill meinte, wenn er vom 'Hören' sprach.
„Mein Visier war von der Flugreise her noch dicht geschlossen“, erklärte ich. „Ich fing gerade an, ihm zuzuhören, weil mir die ganze Sache unheimlich wurde - aber da kamst du auch schon aus dem Sarg, und er hat das Weite gesucht. Ehe er anfing zu rennen, hatte ich allerdings ein merkwürdiges Gefühl...“ Ich zögerte. Was ich empfunden hatte, schien ziemlich weit hergeholt, das war mir durchaus bewußt.
Bill wartete. Er geht nicht verschwenderisch mit Worten um; er läßt mich immer ausreden. Einen Moment lang blieben wir stehen und rückten dann näher zur Wand.
„Irgendwie fühlte es sich an, als hätte er vor, mich zu entführen“, sagte ich schließlich. „Das hört sich durchgeknallt an, ich weiß. Wer weiß hier denn überhaupt, wer ich bin? Wer hätte wissen können, an welchem Flugzeug man mich abfangen konnte? Aber ich hatte eindeutig den Eindruck, er habe vor, mich zu entführen.“
Liebevoll legte Bill seine kalten Hände um meine warmen. Ich sah in seine Augen. Nun bin ich nicht besonders klein, und Bill kann man auch nicht wirklich als übermäßig groß bezeichnen, aber ich muß trotzdem zu ihm aufsehen. Ich bin ein wenig stolz darauf, daß ich ihm direkt in die Augen zu blicken vermag, ohne daß er mich dabei bezirzen kann. Manchmal hätte ich ja nichts dagegen, wenn Bill mir die eine oder andere umgedichtete Erinnerung bescherte - so hätte ich zum Beispiel die Sache mit der Mänade nur zu gerne wieder vergessen -, aber das kann er nicht.
Bill dachte über das, was ich ihm erzählt hatte, nach und verstaute es dann in seinem Gedächtnis, um später darauf zurückzukommen. „Der Flug an sich war wohl eher langweilig?“ wollte er dann wissen.
„Eigentlich fand ich den Flug ziemlich aufregend!“ mußte ich gestehen. „Erst habe ich zugesehen, wie die Anubis-Leute dich in ihr Flugzeug geladen haben, dann habe ich mein Flugzeug bestiegen, und als erstes hat uns eine Frau erklärt, was wir zu tun haben, wenn die Maschine abstürzt. Ich saß neben dem Notausgang. Wir wurden aufgefordert, mit anderen Fluggästen die Plätze zu tauschen, wenn wir meinten, damit nicht umgehen zu können. Aber ich glaube, ich könnte das - mit einer Notsituation umgehen, meine ich. Meinst du nicht auch, daß ich das könnte? Dann hat die Flugbegleiterin mir eine Zeitschrift gebracht und etwas zu trinken.“ Ich werde selten bedient, denn ich bin ja Kellnerin, also die, die andere bedient. Insofern genoß ich es immer sehr, wenn ich mich zurücklehnen konnte und nichts zu tun brauchte.
„Du kommst mit so gut wie allem klar, Sookie, da bin ich sicher. Hattest du beim Start Angst?“
„Nein. Ich war nur ein wenig besorgt wegen heute abend. Abgesehen davon war alles toll.“
„Es tut mir sehr leid, daß wir nicht zusammen reisen konnten“, murmelte Bill sanft, und seine kühle, fast flüssige Stimme umhüllte mich liebevoll. Dann drückte er mich an sich.
„Ach, das war schon ganz in Ordnung so“, erwiderte ich an seine Hemdbrust gerichtet, und mir war es im großen und ganzen auch ernst mit meinen Worten. „Der erste Flug im Leben - das ist einfach nervenaufreibend, dagegen kann man nichts tun. Es ist ja alles gut gelaufen - bis zur Landung.“
Auch wenn mir immer noch nach Schmollen war und ich mich gern ein wenig beklagt hätte, war ich doch ungeheuer froh darüber, daß Bill rechtzeitig aufgewacht war, um mich durch das Flughafengebäude zu lotsen. Mehr und mehr fühlte ich mich nämlich wie die arme Verwandte vom Lande beim ersten Großstadtbesuch.
Wir erwähnten den Priester erst einmal nicht mehr, aber ich wußte, daß Bill den Mann nicht vergessen hatte. Bill brachte mich dahin, wo wir unser Gepäck in Empfang nehmen konnten, und dann machten wir uns gemeinsam auf die Suche nach einem Taxi. Mein Vampir hätte mich auch gut irgendwo abstellen und alles allein regeln können, aber das tat er nicht, und zwar aus einem einleuchtenden Grund, wie er nicht müde wurde mir zu erklären. Irgendwann, meinte er, würde ich auf jeden Fall lernen müssen, mich selbst um diese Dinge zu kümmern, denn es konnte uns bei unseren gemeinsamen geschäftlichen Aktivitäten ja
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