Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)

Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)

Titel: Untot, Intrige und viel Tee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
Vom Netzwerk:
und irgendwann ihr Leben in geheimen Tunneln beendeten. Unter den Gaugaus galt es wahrscheinlich als sehr mutig, von einem Misthaufen zu einem anderen überzusiedeln. Jedenfalls geschah dies äußerst selten, dementsprechend konzentrierte sich ihre Population auf wenige Misthaufen in Zweiland.
    Hätte sich diese Tatsache unter den Misthaufenkäfern herumgesprochen, die den Gaugaus als Hauptnahrungsquelle dienten, wären sie ihrerseits ausgewandert. Das hätten sie allerdings bereut, denn die meisten nicht von Gaugaus besiedelten Misthaufen dienten Schrattlern als Unterkunft. Im Gegensatz zu Gaugaus pflegten Schrattler mit ihrem Essen zu spielen, bevor sie es vertilgten. Gaugaus mochten keine Schrattler, umgekehrt war das durchaus der Fall – möglicherweise ein weiterer Grund dafür, dass jeweils nur eine der beiden Spezies einen Misthaufen bevölkerte.
    Der heutige Abend war einer jener Abende, an denen sich die Gaugaus über die seltsamen, dunkel gekleideten Wesen, die in ihren Heimathaufen krochen, gewundert hätten, wenn sie dazu in der Lage gewesen wären. Da das nicht der Fall war, ließen sie ihre Köpfe unter den Flügeln und schliefen weiter und träumten von glücklichen Küken, die auf dem schönsten Misthaufen Zweilands leben durften.
    »Werte Genossen«, sagte der Sprecher, »ich frage wie üblich zunächst nach dem Bericht zum Stand von Projekt U, für den wir uns alle brennend interessieren. Projektsprecherin, du hast das Wort.«
    Alle Genossen sahen zu der kleinsten Figur im Misthaufen. Diverse Finger trommelten ungeduldig auf die Tischplatte.
    »Sie«, sagte die kleine Genossin, »scheint ... nicht da zu sein ... oder?« Sie sah in alle Richtungen, aber die Blicke blieben auf ihr haften.
    »Ich ... habe gehört«, startete sie noch einen letzten Versuch, »dass sie schwer erkrankt ist. Vielleicht ... sehen wir sie nie wieder ...« Sie schluchzte.
    Einige Genossen scharrten mit den Füßen.
    Der Sprecher holte tief Luft. »Wenn das so ist, würde ich sagen, dass wir einen neuen Projektleiter für Projekt U benötigen. Meldet sich jemand freiwillig?«
    Das war erwartungsgemäß nicht der Fall.
    Der Sprecher seufzte. Dann griff er nach den Strohhalmen. »Gut, dann werden wir jetzt einen neuen Projektleiter wählen.«
    »Mist.«
    »Oh nein.«
    »Wäre ich bloß nicht hier.«
    »Ich darf um Ruhe bitten. Ich werde jetzt jeden einen Halm ziehen lassen.« Damit machte der Sprecher sich mit den Halmen in der Hand auf den Weg um den Tisch und ließ jeden Genossen einen ziehen. Die meisten gerieten ins Schwitzen, was jedoch aufgrund des allgegenwärtigen Misthaufen-Aromas nicht weiter auffiel.
    Als der Sprecher wieder an seinem Ausgangsort angekommen war, fragte er: »Gut, wer hat den längsten?«
    Alle hielten ihren Halme hoch und sahen hin und her. Es stellte sich heraus, dass die kleine Frau den längsten Halm gezogen hatte. Sie hauchte: »Das ... das ... du Mistkerl!« und brach in unzusammenhängendes Geschluchze aus.
    Der Sprecher klatschte in die Hände. »Herzlichen Glückwunsch zur Wahl, neuer Leiter von Projekt U. Wir erwarten einen ersten Bericht in einer Woche. Ich möchte betonen, dass es im Interesse unserer Gemeinschaft liegt, dieses Projekt möglichst schnell abzuschließen. Daher bitte ich um eine Behandlung mit erhöhter Priorität.« Die Genossen nickten heftig.
    »Kommen wir nun zu Projekt ST«, sagte der Sprecher. »Ich erteile dem Leiter von Projekt ST das Wort.«
    »Vielen Dank, Genosse.« Alle Blicke richteten sich auf den Kapuzenmann, der das erteilte Wort ergriffen hatte.
    »Ich denke, dass niemandem die Veränderungen entgangen sind, die seit drei Tagen Zweiland heimsuchen. Eine Gruppe von vier Personen verkauft an wechselnden Orten Kalender mit acht Tagen. Vollständige Kalender also. Entgegen unserer Erwartung ist unsere Hauptperson von Phase 1, die das fragliche Dokument entdeckt hat, Mitglied jener Gruppe.«
    Ein Raunen durchlief den Misthaufen. Die Gaugaus draußen spürten leichte Vibrationen und schliefen noch tiefer.
    »Wir erwarten nun die Reaktion der Kirchen«, komplettierte der Projektleiter.
    »Danke«, sagte der Sprecher. »Darf ich fragen, ob zum jetzigen Zeitpunkt ein Eingreifen unsererseits erforderlich ist?«
    »Das ist nicht der Fall. Wie gesagt, wir beobachten weiter.«
    Die Kapuzenfiguren murmelten unverständlich, bis der Sprecher wieder das Wort ergriff. »Ach ja, um Missverständnisse zu vermeiden: Auch unsere Gruppe folgt natürlich ab sofort dem neuen

Weitere Kostenlose Bücher