Untot - Lauf, solange du noch kannst (German Edition)
Teil, sie am Heckfenster zu befestigen. Ein Problem, das durch den nach wie vor bewusstlos auf der Rückbank liegenden Fahrer noch verschärft wird. Es ist einfacher, um ihn herum zu arbeiten, als ihn noch mal von der Stelle zu bewegen, aber der Nachteil ist, dass ab und zu etwas auf ihn drauffällt. Er scheint nichts davon mitzukriegen. Wir finden in einem der Gepäckfächer etwas Schnur, die wir zwischen den Vorhanghaken zu beiden Seiten des Fensters spannen, aber eigentlich werden die Kofferdeckel von Klebeband am Platz gehalten. Es ist eher ein Windschutz als eine Barrikade, aber mehr ist einfach nicht drin.
Wir bilden eine Menschenkette, um alles aus dem Gepäckraum zu holen, das vielleicht für die Nacht nützlich sein könnte, oder fürs Überleben, oder für das, was uns als Nächstes bevorsteht. ›Wir‹ ist schön gesagt: Alice hält Wache mit dem Fernglas, weil sie sich weigert den Bus zu verlassen, und Gareth hat einen Erste-Hilfe-Kasten aufgetrieben und sich damit auf den Fahrersitz gesetzt, wo er diverse nicht vorhandene Wunden versorgt. Trotzdem sind die Reihen 20 und 21 bald mit Skiern, Skistöcken und Kleidung vollgestopft und Smitty hat sein kostbares Snowboard, mit dem wir die Tür versperrt hatten, durch eines ersetzt, das einem unserer glücklosen Mitschüler gehört hat.
Als es Nacht wird, schrillt immer noch der Alarm der Tankstelle, brennt immer noch das Feuer und braut sich der nächste Streit zusammen. Zum Thema Beleuchtung. Alice will Licht haben, Pete und Smitty sind dagegen. Ich gebe ihnen Recht, dass Licht uns zu einem leichteren Ziel macht, muss aber leider auch Alice beipflichten, dass es unsere Rettung erleichtern wird. Denn irgendwann wird ja Rettung kommen. Bloß was ist, wenn nicht? Wenn wir den Bus vielleicht doch wieder den Berg herunterfahren müssen, aber die Batterie dann leer ist, weil wir das Licht angelassen haben? Und vielleicht müssen wir auch noch die Heizung aufdrehen. Von der Schufterei und dem Adrenalin ist uns warm geworden, aber jetzt ist es Nacht und die wird kalt werden – unerträglich kalt vielleicht sogar. Uns steht eine selbst erlebte Version dieser Schocker-Dokus im Fernsehen bevor, die so hübsche Titel tragen wie › Wäre ich bloß auch gestorben‹ oder ›Die Überlebende – ich habe meine beste Freundin verspeist‹.
Apropos …
»Haben wir eigentlich was zu essen?« Gareth hört doch noch auf an sich herumzudoktern und kommt den Gang heruntergeschlurft.
»Nein«, sagt Smitty. »Ein Jammer, dass Sie nicht daran gedacht haben, was aus dem Laden mitzubringen, sondern lieber mit diesem Baseballschläger um sich geschlagen haben.«
»Ich hab noch ein Sandwich, das wir teilen können«, sage ich rasch, bevor sie eine Prügelei anfangen. »Und wenn du mal in das Gepäckfach guckst, wo Ms Fawcett gesessen hat, da sind ein paar Chips und Brause. Ich glaube, die hatte sie später sowieso verteilen wollen.«
»Ach, na wenn sie das sowieso vorgehabt hat, dann geht es ja wohl in Ordnung, dass wir sie jetzt nehmen.« Smitty guckt mich schief an.
Ich merke, wie ich rot werde. Etwas Blöderes konnte ich wirklich kaum sagen. Als ob das jetzt noch eine Rolle spielt.
Alice klettert auf Ms Fawcetts Sitz und wirft Chipstüten und Brauseflaschen durch den Bus. Aber nicht zu mir. »Du wirst mit deinem Erdnussbutter-Marmeladen-Teil bestimmt hinkommen«, lästert sie.
Na toll. Ich werde mir das Sandwich für später aufheben, am besten bis Alice in dem Stadium ist, sich selbst aufzufressen, und dann werde ich es vor ihren Augen essen, langsam und bedächtig und mit Soundeffekten.
Wir stopfen uns mit den Chips voll. Alice stöbert in einem der Rucksäcke noch eine Packung hart gekochte Eier auf. Und dann bleibt uns nichts mehr zu tun, als so viele Klamotten überzuziehen, wie wir noch rüberkriegen, und zu warten: auf Schlaf, auf Rettungstruppen oder auf den Erstickungstod durch Petes giftige Eierfürze, was immer zuerst kommt.
Zum Schlafengehen ziehe ich mir die zerfetzten Jeans aus und knöpfe mir endlich mein Bein vor. Bewaffnet mit dem Erste-Hilfe-Kasten und ein paar antibakteriellen Tüchern aus Ms Fawcetts unerschöpflichem Rucksack rolle ich vorsichtig das rechte Bein der Leggings nach oben. Das Blut ist längst geronnen und der Stoff klebt an der Wunde fest. Ich beiße die Zähne zusammen und ziehe weiter und es fängt wieder an zu bluten. Vor Schmerzen schnürt es mir die Kehle zu … und dann sehe ich mir die Bescherung an. Da ist ein großer
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