Untot - Lauf, solange du noch kannst (German Edition)
Kratzer – und eine klaffende Wunde, klein zwar, aber ziemlich tief. Gruseligerweise kann ich da drin etwas Weißes sehen. Ich brauche einen Moment, um zu begreifen, dass das mein Knochen ist. Örks.
»Das muss genäht werden«, sagt Smitty trocken, als sein Gesicht über meiner Schulter auftaucht und mich zusammenzucken lässt. Ich kann mich gerade noch bremsen das Hosenbein wieder runterzuziehen. Ist schließlich nichts, wofür ich mich schämen müsste.
»Komm bloß nicht auf falsche Ideen«, sage ich. »In dem Kasten hier sind auch solche Schmetterlingspflaster.« Ich gehe die Erste-Hilfe-Sachen durch. »Die reichen völlig.«
»Schade eigentlich.« Smitty pflanzt sich auf das Armaturenbrett und schlürft an einer Limo. »Ich kann echt gut mit Nadel und Faden umgehen.«
Klar, als ob ich das zulassen würde. »Dann bist du so weit fit?« Ich lenke beiläufig die Aufmerksamkeit auf ihn, während ich etwas antiseptische Salbe heraushole und einen dicken Klecks davon auf das Loch in meinem Bein gebe.
»Kommt jetzt die Stelle, wo wir vergleichen, wer die tollste Verletzung hat?« Er lacht und das muntert mich ein bisschen auf. »Du hast gewonnen. Ich hab nichts weiter, bloß einen Zuckerflash.«
»Ich schätze, Pete mit seinem Loch im Kopf schlägt uns alle.«
»Aber echt.« Smitty grinst mich an. »Petey-Schatz! Komm mal rüber zur kessen Krankenschwester!«
Pete braucht noch ein bisschen Überredung, aber schließlich setzt er sich auf die oberste Stufe und lässt Smitty und mich nach seinem Kopf sehen. Weißblond ist die beste Haarfarbe, wenn man auf den optimalen Horror-effekt bei einer Kopfverletzung aus ist. Das Blut hat große Teile seiner Haare rosa gefärbt und um die Stelle, wo das Metall in seinem Kopf gesteckt hat, hat sich eine böse aussehende Schwellung gebildet, wobei die Wunde bereits verschorft. Ich lasse sie hübsch in Ruhe und säubere die umliegende Kopfhaut mit einem Tuch, so gut ich kann. Er beschwert sich nicht, ist sogar richtig stoisch. Kein Vergleich zu dem zitternden Häuflein Elend früher in der Toilette auf den Fliesen. Liegt wahrscheinlich an dem vielen Adrenalin, das er immer noch ausschüttet. Oder vielleicht auch an den Chemikalien in seinem Inhalator. Hoffentlich bin ich nicht in der Nähe, wenn er zusammenbricht und durchdreht.
»Sag mal, wie kam es eigentlich, dass du da in der Klokabine warst?«, frage ich im Plauderton, während ich ihm ein Wattepad mit einem gepunkteten Halstuch festbinde, das vermutlich einmal einer von Alices Freundinnen gehört hat. Es ist mintgrün und weiß und lässt ihn irgendwie total verloren aussehen.
»Ich hab mich da reingeflüchtet.« Er holt tief Luft und seine Brust rasselt. Er greift in eine Tasche und nimmt einen Zug aus seinem Inhalator.
»Du warst im Cheery Chomper, als da … der ganze Mist passiert ist?«
Ein kurzes Lächeln, trocken und scharf und viel zu abgeklärt für ihn. »Ja. Ich war im Laden, außer Sicht. Ich hab in den Zeitschriften rumgeblättert.«
Ich lächele aufmunternd zurück.
»Ja, ich glaube, man könnte sagen, ich war in meiner eigenen Welt.« Sein Blick wird glasig. »Intellikit hat gerade einen neuen Chip rausgebracht, ein total cleveres Teil. Ich habe einen Artikel darüber in der PC World gelesen.«
»Boah, ist ja krass«, zieht Smitty ihn auf. »Warum erzählst du uns das erst jetzt?«
»Keine Sorge, ich werde dich nicht damit langweilen.« Pete hebt eine Augenbraue. »Es reicht wohl, wenn ich sage, dass ich nicht richtig anwesend war.«
»Alle anderen waren im Café?«, frage ich.
»Nur ein paar Meter entfernt.« Er nickt langsam. »Haben sich wie eine Meute Hunde auf die Burger gestürzt. Ich hab sie ausgeblendet, wie immer.«
»Ja, das mache ich auch immer.« Ich versuche einen Draht zu ihm zu kriegen, aber er schaut mich komisch an – Smitty auch. »Und was ist dann passiert?«
»Mr Taylor ist reingekommen.« Pete runzelt die Stirn. »Er hat mich gefragt, ob Smitty allergisch gegen Nüsse ist. Keine Ahnung, warum er das wissen wollte.«
Smitty kichert.
»Und dann?«, hake ich nach.
»Dann ist er umgefallen.«
»Wer?«, frage ich. »Mr Taylor?«
»Ja. In dem einen Moment steht er noch bei den Softdrinks und kann sich nicht entscheiden, im nächsten kippt er um.«
»Was hast du dann gemacht?«
Pete sieht mich verblüfft an. »Gar nichts. Ich hab gewartet, dass es jemand mitkriegt, aber die Frau hinter der Kasse war weggegangen und jemand anders ist nicht gekommen. Da ist mir erst
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