Untot - Lauf, solange du noch kannst (German Edition)
gruseligen Keller«, sagt Smitty genüsslich. »Anschließend können wir noch einen unheimlichen Dachboden und einen nebeligen Friedhof zum Spazierengehen auftun; dann haben wir alles durch.«
Wir stehen oben an der Treppe und schauen hinunter ins Dunkle. Smitty macht Licht – eine einzelne Glühbirne, die gleich über unseren Köpfen hängt und bedrohlich flackert. An der Wand links neben mir steht ein Regal, ich erspähe in dem Krempel eine Taschenlampe. Ich nehme sie und mache sie an. Sie funktioniert.
»Stellt sicher, dass die Tür hinter uns offen bleibt«, flüstert Alice. »Ich möchte hier unten nicht eingesperrt sein.«
»Jepp, das wäre bilderbuchmäßig«, sagt Smitty.
Pete fixiert die Tür mit einer Schachtel Nägel aus dem Regal und wir gehen langsam die Treppe hinunter.
Kapitel
18
Die Treppe ist kürzer, als ich gedacht hätte. Ich meine, auf den ersten paar Stufen ist es mir wirklich so vorgekommen, als würden wir in den Bauch der Hölle hinuntersteigen oder zum Mittelpunkt der Erde reisen. Ich habe irgendwie Skelette erwartet und uralte Wandgemälde und brennende Fackeln oder Skarabäen oder so. Von wegen. Nur eine Steintreppe und dann kommen wir in einem Keller heraus, in dem es nach Feuchtigkeit und Gartendünger riecht.
Ein einziger Raum, ungefähr so groß wie das Wohnzimmer, in dem wir letzte Nacht geschlafen haben. Pete findet einen Lichtschalter und nach ein paar Fehlstarts geht oben an der Decke klickend eine Neonröhre an. Wir sehen uns um. Ringsum stehen Regale, die mit allem und nichts gefüllt sind. Blumentöpfe und Gartenwerkzeug. Stapelweise Bücher und Country-Life -Magazine. In der Raummitte stehen ein paar Stühle und unter einer Plane ein Rasenmäher. In einer Ecke ist eine kleine Holztür mit einem Kohlenhaufen davor. Ich stecke den Kopf durch die Tür; drinnen ist eine schräge Schütte, die nach oben zu einem hellen Streifen Tageslicht führt. Ich mache die Tür mit Gewalt wieder zu. An der gegenüberliegenden Wand hängen Säcke und Staublappen, Schürzen und Maschendraht.
»Das ist alles?«, sagt Alice. »Eine Riesenladung Schrott? Und überhaupt nichts, was wir gebrauchen können?« Sie schiebt eine Hüfte vor und legt die Hand darauf. »Eigentlich müsste ich mich langsam daran gewöhnt haben. Ich meine, es war euch doch total zuzutrauen, dass ihr das einzige Gebäude in der ganzen Gegend – ach was, im ganzen Land – auftut, das kein Telefon hat.«
»Mmm, weißt du was, Lizzie?« Smitty geht zu ihr, die Axt locker an seiner Seite. »Wir sind hier bloß deinetwegen hergekommen.« Er zeigt mit der Axt auf ihren Kopf. »Wenn du dir im Cheery Chomper nicht den Schädel angeknackst hättest, dann hätten wir meilenweit laufen und uns aus allen möglichen abgefahrenen Burgen eine aussuchen können.«
»Das ist nicht ganz zutreffend«, unterbricht Pete.
»Wie steht es jetzt eigentlich so mit diesem Kopf?« Smitty lächelt Alice an. »Wenn er dich immer noch quält, können wir ihn auch entfernen, wäre das was?« Er hebt wieder die Axt.
»Hör auf mich zu mobben!«, ruft Alice und holt mit ihrem Golfschläger aus, um die Axt wegzuschlagen.
»Mobben?« Smitty lacht. »Darin bist du doch Klassenbeste, Lizzie Borden.«
»Ich hab dir schon mal gesagt, dass du mich nicht so nennen sollst!«
»Lizzie Borden mit dem Beile hackt Mama in vierzig Teile«, trägt Smitty den alten Spottvers vor und winkt mit seiner Axt. »Das Ergebnis freut sie sehr, bei Papa wird’s ein Teil mehr.«
Alice schreit auf und stürzt sich mit erhobenem Schläger auf ihn.
Er weicht aus, bevor sie einen Treffer landen kann. Aber sie hat zu viel Kraft dahintergelegt, um einfach stehen bleiben zu können. Anstatt in Smitty hineinzukrachen, wird sie jetzt voll gegen die Wand brettern. Ich mache mich schon auf Tränen gefasst.
Bloß kommen die gar nicht. Alice brettert nicht gegen die Wand, sie verschwindet. Komplett. In der Wand, an der die Säcke hängen. Ein gedämpfter Schrei ist zu hören, dann nichts mehr.
Smitty, Pete und ich stehen sprachlos da und gucken zwischen der Wand und uns hin und her. Ich kann mir nicht helfen, aber wenn es darauf hinausläuft, dann hätten wir Alice schon längst mal gegen eine Wand klatschen sollen. Wir schauen auf die Stelle, wo sie verschwunden ist, und warten.
Aber es ist zu schön, um wahr zu sein. Ein paar Sekunden später ist sie wieder da, erst erscheint ihr Kopf zwischen zweien der großen Säcke, dann eine Schulter, ein Arm und ein Bein. Und
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