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Untot mit Biss

Untot mit Biss

Titel: Untot mit Biss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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neben den meisten jener Hurensöhne sähe er wie ein Weichei aus –, aber er glaubte, hier bei uns den Fuß in der Tür zu haben. Wie es heißt, kam die Zurückweisung bei ihm nicht besonders gut an. Er verschwand für eine Weile, tauchte vor etwa sechs Monaten wieder auf und begann damit, Senatsmitglieder anzugreifen. Er hat vier getötet und zwei so schwer verletzt, dass niemand weiß, ob sie über den Berg kommen. Jetzt hat er die Konsulin zu einem Duell herausgefordert und versucht, die ganze Bude zu übernehmen. Sie hat den Konsul in Europa um einen Gefallen gebeten, mit dem Ergebnis, dass Louis-César hierherkam. Worüber sich Mei Ling natürlich nicht sehr freute.«
    »Kann ich mir denken.« Als Siebenjährige war ich der Stellvertreterin der Konsulin begegnet, einer kleinen chinesischamerikanischen Schönheit, kaum eins fünfzig groß und etwa zweiundvierzig Kilo leicht. Sie hatte ziemlichen Eindruck auf mich gemacht. Die Position des Stellvertreters ließ sich nicht mit der des amerikanischen Vizepräsidenten vergleichen. Er oder sie war nicht dazu da, den Platz des Konsuls einzunehmen, wenn er getötet werden sollte – die übrigen Senatsmitglieder wählten einen Nachfolger, es sei denn, ein Duell entschied; in dem Fall geht alles an den Gewinner. Der Titel bedeutete auch nicht, dass sein Inhaber das zweitmächtigste Mitglied des Senats war. Das war durchaus möglich, gehörte aber nicht zur Jobbeschreibung. Jedes Senatsmitglied nahm eine bestimmte Funktion wahr, wie in einem Regierungskabinett. Konsulstellvertreter wurden nur zu einem Zweck ernannt: Sie sollten einschüchtern. Wer auch immer diesen Posten bekleidete, war als »Vollstrecker« bekannt, denn er oder sie setzte die Entscheidungen des Senats mit den Mitteln um, die er oder sie für notwendig hielt. Das Spektrum reichte von Diplomatie bis Gewalt, und Mei Ling stand in dem Ruf, Letzteres vorzuziehen.
    Das hatte sie an jenem Tag deutlich gemacht, als sie in Tonys Audienzsaal gekommen war, um einen seiner Vampire für ein Verhör mitzunehmen. Was auch immer der Bursche verbrochen hatte, er wollte auf keinen Fall vor dem Senat darüber reden. Es widerstrebte ihm so sehr, dass er eine Herausforderung aussprach. Mei Ling war neu auf ihrem Posten und hatte sich noch keinen besonderen Ruf erworben. Hinzu kam, dass sie erst hundertzwanzig Jahre alt war und wie ein zerbrechliches Püppchen aussah. Deshalb glaubte der Typ vermutlich, mit ihr fertig werden zu können.
    Erstaunlicherweise vergaßen selbst alte Vampire manchmal, dass es nicht auf Größe ankam, sondern auf Macht. Oft stand sie mit dem Alter in Verbindung, aber nicht immer. Manche Vampire, die Jahrhunderte älter waren als Mei Ling, würden nie ihre Kraft erlangen, und ich hatte große Rowdys gesehen, die vom Blick eines Kindes in die Knie gezwungen wurden. Die Verwandlung in einen Vampir machte aus einem Mauerblümchen keine Schönheit, aus einem Dummen keine Intelligenzbestie und aus einem Schwachen keinen Starken. Ein Verlierer im Leben war auch als Vampir ein Loser und verbrachte seine oder ihre Unsterblichkeit damit, jemand anders zu dienen. Es war einer der Nachteile das Vampirseins, worauf die Filme nie eingingen. Aber manchmal erhielt jemand, der zu Lebzeiten keine Aufmerksamkeit bekam, die Chance, sich zu beweisen. An jenem Tag sah ich, wie eine kleine, zarte Frau einen Vampir regelrecht in blutige Fetzen riss. Ich sah auch, wie sehr es ihr gefiel. Ganz deutlich erinnerte ich mich an das wilde Entzücken in ihren dunklen Augen, die Freude darüber, erneut von einem Mann unterschätzt worden zu sein und ihn dafür büßen zu lassen.
    Getötet hat sie ihn damals nicht, jedenfalls nicht in meinem Beisein. Sein Kopf war intakt und schrie, als Mei Ling befahl, seine Einzelteile in Körbe zu legen und zum Senat zu bringen. Nachher sah ich ihn nie wieder, und von den übrigen Anwesenden an jenem Tag wagte es kein anderer, Mei Ling herauszufordern.
    »Warum hat die Konsulin jemanden geholt?«, fragte ich. »Man sollte meinen, sie oder Mei Ling könnten mit einer schlichten Herausforderung fertig werden.«
    »Die Konsulin ist mächtig, aber keine Duellantin. Und Mei Ling hat nicht Rasputins Erfahrung. Er war bereits alt, als er Russland zu übernehmen versuchte. Gerüchten zufolge hat er im Kampf nie eine Niederlage erlitten, und es ist ihm gleich, auf welche Weise er gewinnt. Niemand hat die Auseinandersetzungen mit den toten Senatoren beobachtet, doch die Ersten beiden, die er angriff,

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