Untot mit Biss
Sie versuchte, etwas zu sagen, doch nur ein leises Krächzen kam zwischen ihren rissigen Lippen hervor. Jemand reichte mir einen Schöpflöffel mit Wasser. Das Zeug war schleimig und grünlich, und ich betrachtete es skeptisch. »Es ist ekelhaft.«
»Ich weiß, aber etwas anderes scheint es hier nicht zu geben.« Es zeigte, wie verwirrt ich war, dass ich mindestens fünf Sekunden brauchte, die Stimme mit der Person zu verbinden.
Langsam sah ich auf und sprang dann zurück, wodurch das Wasser durch den Raum spritzte. »Verdammt! Tomas!« Mir wäre fast das Herz aus der Brust gesprungen. »Was machst du hier?« Er hielt einen Eimer, der noch mehr von der ekligen Brühe enthielt. Auch er schien einen festen Körper zu haben, aber das bedeutete nicht viel. Es galt auch für mich, und ich war gerade durch eine Wand gefallen.
»Keine Ahnung«, erwiderte er. Ich war geneigt, ihm zu glauben, denn er sah so aufgewühlt aus, wie ich mich fühlte. Ich schätzte, das war selbst für einen Vampir seltsam. Das Wasser im Eimer zitterte im Griff einer nicht ganz ruhigen Hand, und ich hörte ein Vibrieren in seiner Stimme, als er sagte: »Ich erinnere mich daran, dass du die Kontrolle über meinen Körper hattest, ohne dass ich sprechen oder reagieren konnte. Und dann waren wir plötzlich hier.« Er sah sich erstaunt um. »Wo ist dieser Ort?«
»Ich bin mir nicht sicher.«
»Bist du in dieser Folterkammer gewesen?« Eine Mischung aus Neugier und Eifer erschien in Tomas’ Gesicht. »Hast du hier Françoise gesehen?« Er bemerkte meine Überraschung. »Raffael hat mir von der Vision erzählt, die dich so bedrückt hat. Hast du diese Frau gesehen?«
»Ich denke schon.« Ich starrte noch immer auf den Eimer in seiner Hand, denn mir war eingefallen, dass er ihn gar nicht haben sollte. Wenn er irgendwie per Huckepack in meine Vision geraten war, sollten wir beide an die üblichen Regeln gebunden sein. Wir befanden uns nicht wirklich an diesem Ort und hatten es mit einer Art Aufzeichnung zu tun, mit einem Bild von etwas, das vor langer Zeit geschehen war. Wir sollten wie Zuschauer im Kino sein, die den Film auf der Leinwand sahen. Aber dort stand er und hielt einen schweren Eimer in der Hand, als wäre es das Normalste auf der Welt. »Woher hast du den Eimer?«
»Er stand in der Ecke«, antwortete Tomas verwundert. Mit der freien Hand deutete er auf eine Stelle, wo der Zustand des Strohs darauf hinwies, dass sie auch als Latrine verwendet wurde. Kein Wunder, der ganze Raum roch wie eine Mischung aus offener Kanalisation und einer Metzgerei, in der das Fleisch nicht besonders frisch war und Abfälle in den Ecken verfaulen durften. Ich fand es irgendwie unfair, dass ich so etwas riechen musste, wenn ich nicht einmal einen Körper hatte. In meinen alten Visionen hatte es nie Gerüche oder etwas in der Art gegeben, und so war es mir viel lieber.
»Das kann ich ihr nicht geben.« Zum Teufel mit der Metaphysik dafür war später noch Zeit. Wenn Tomas einen Eimer tragen konnte, so gab es offenbar Möglichkeiten für uns, mit diesem Ort zu interagieren. Und wenn das möglich war, konnten wir vielleicht Einfluss auf gewisse Dinge nehmen, die uns nicht gefielen. Mein erster Gedanke bestand darin, die Frau von hier wegzubringen, aber ohne etwas zu trinken würde sie nicht lange überleben, und sie richtete immer wieder sehnsüchtige Blicke auf den Eimer. Ich fragte mich, wie durstig man sein musste, um bereit zu sein, so grässliches Wasser zu trinken.
Tomas roch daran, tauchte die Finger hinein und probierte es. Ich erinnerte mich an seine scharfen Sinne, als er voller Abscheu spuckte. »Du hast recht. Es ist zu einem Drittel Salz und eine weitere Form der Folter.« Er kippte den Eimer aus, und das scheußliche Zeug floss ins trockene Stroh. »Ich versuche, etwas anderes zu finden.«
»Nein! Bleib hier.«
»Warum? Bin ich an diesem Ort nicht nur ein Geist? Was könnte schon passieren?«
Ich sah nervös zu den Tausenden von Geistern, die uns beobachteten, und fragte mich, ob ich ihm von ihnen erzählen sollte. Normalerweise hatte ich keine Angst vor Geistern. Es gab seltene Exemplare, die wie Billy Joe in einem begrenzten Maße Kraft von Menschen aufnehmen konnten, aber mir war es immer gelungen, sie zurückzuweisen. Außerdem kostete es die meisten von ihnen mehr Energie, einen Menschen anzugreifen, als sie von ihm bekamen, und deshalb machten sie sich gar nicht erst die Mühe, es sei denn, man reizte sie. Doch inzwischen waren die Dinge
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