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Untot mit Biss

Untot mit Biss

Titel: Untot mit Biss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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wäre. Verdammt. Mit fehlte die Zeit, einem Geist zu erklären, dass ich nicht den Verstand verloren hatte. Zumindest glaubte ich, noch einigermaßen bei Sinnen zu sein. »Schon gut. Sagen Sie mir einfach, wohin ich die Frau bringen soll. Sie wird sterben, wenn sie nicht von hier entkommt.«
    »Niemand entkommt.« Der Mann senkte den Blick. »Sind Sie nicht hier, um Françoises Tod zu rächen?«
    Langsam ging mir die Sache auf den Keks. Ich hatte ohnehin nicht viel Geduld, und es war kaum mehr etwas übrig. »Mir wäre es lieber, wenn sie gar nicht erst stirbt. Wollen Sie mir nun helfen oder nicht?«
    Etwas in meiner Stimme erreichte den jüngeren Mann, denn er richtete hastige Worte an seinen Begleiter. Die Frau kam zu sich, während die beiden Männer miteinander redeten, und ich klopfte ihr auf den Arm – unterhalb der Handgelenke gab es keine Stelle, an der ich sie berühren konnte, ohne ihr Schmerzen zuzufügen. Sie starrte mich aus weit aufgerissenen Augen an, sagte aber nichts. Umso besser. Keiner von uns war in der Verfassung für ein Fragespiel. Der ältere Mann richtete einen missbilligenden Blick auf mich. »Selbst wenn wir Ihnen helfen … Françoise könnte wie die anderen sterben. Möchten Sie auf die Rache verzichten, nur weil sie einige weitere Tage lebt?« Mir reichte es. Ein langer Tag lag hinter mir, und ich hatte keinen Bock darauf, mir von irgendeinem blöden Geist Vorhaltungen machen zu lassen. In dieser Hinsicht genügte mir Billy Joe. »Ich bin nicht der verdammte Todesengel, klar? Ich bin nicht hier, um für euch Vergeltung zu bringen. Wenn ihr Rache wollt, müsst ihr euch selbst darum kümmern. Geister machen so was. Helft mir jetzt oder geht aus dem Weg.«
    Der alte Mann straffte empört die Gestalt. »Wir können uns nicht selbst rächen, denn sonst hätten wir das längst getan! In diesem Schloss wird seit Jahrhunderten gefoltert, und irgendein Zauber verhindert, dass wir etwas unternehmen können. Glauben Sie wirklich, wir hätten sonst tatenlos zugesehen, wie hier solche Gräuel geschehen? Wenn Sie kein Geist sind, so müssen Sie eine mächtige Zauberin sein. Helfen Sie uns! Helfen Sie uns, und wir sind Ihre Sklaven!« Er sank auf ein Knie, und plötzlich knieten sie alle. Es war absolut unfair.
    »Ah, wie lautet Ihr Name?«
    »Pierre,
Mademoiselle.«
    »Na schön, Pierre. Ich bin keine Hexe, sondern eine Hellseherin. Sie wissen wahrscheinlich mehr über Magie als ich. Ich kann keinen Zauber für Sie neutralisieren, ganz gleich, wie er beschaffen ist. Ich weiß nur: Die Frau dort wird sehr bald sterben, wenn wir sie nicht von hier fortbringen.« Pierre wirkte nicht zufrieden, aber der jüngere Mann neben ihm hatte genug. Er eilte auf mich zu, zog an meiner Hand und sprach so schnell, dass ich vermutlich selbst dann nichts verstanden hätte, wenn ich mit der französischen Sprache vertraut gewesen wäre.
    Pierre sah mich missbilligend an, war auf mein Drängen hin aber bereit, für den jüngeren Mann zu übersetzen. »Es gibt einen unterirdischen Gang,
Mademoiselle,
von einem der Türme zum Fluss Aude. Es ist früher ein Fluchtweg gewesen, in Zeiten der Not. Etienne zeigt Ihnen den Korridor.« Ich richtete einen skeptischen Blick auf Tomas. »Kannst du sie tragen?« Er nickte und machte Anstalten, die Frau hochzuheben. Seine Augen wurden ein wenig größer, und er wankte. »Was ist?«, fragte ich. »Sie wiegt mehr, als ich dachte.« Er runzelte die Stirn. »Wir müssen uns beeilen, Cassie. Ich werde immer schwächer.«
    Ich nickte und griff nach der Klinke. Nach einigen vergeblichen Versuchen schaffte ich es, die Tür zu öffnen – meine Hand glitt immer wieder hindurch. Ich konnte fest genug werden, um Gegenstände zu berühren, aber Tomas hatte recht:
    Es wurde immer schwieriger. Ich atmete schwer, als wir schließlich den Korridor erreichten, doch niemand hörte es. Vielleicht machten die Folterer Kaffeepause. Im Gegensatz zum Dante’s wusste ich allerdings, dass Leute in der Nähe waren und bald kommen würden.
    Der junge Geist verblasste mehrmals, als wir eine Treppe hinuntergingen, eine andere als die, die ich beim ersten Mal benutzt hatte. Sie war nicht heller, doch die gelbe Feder am Hut des Franzosen zeichnete sich durch gute alte Lumineszenz aus und erfüllte für uns den gleichen Zweck wie eine Kerze. Diesmal stieß ich nirgends mit dem Fuß an, aber ich wünschte mir schon bald, öfter Joggen gegangen zu sein. Das einfache Hinuntergehen, eine Stufe nach der anderen,

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