Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Untot mit Biss

Untot mit Biss

Titel: Untot mit Biss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
Vom Netzwerk:
fühlte sich bald wie ein Marathon an. Ich verstand jetzt, warum Billy Joe jedes Mal meckerte, wenn ich ihn darum bat, mir etwas zu holen. Als wir das Ende der Treppe erreichten, war ich fix und fertig. Ich lehnte mich an die Wand, fiel aber fast hindurch. »Wie weit ist es noch?« Der junge Mann antwortete nicht, deutete nur drängend nach vorn. Ich sah mich um – die vielen anderen Geister waren uns nicht gefolgt. Was ich kaum bedauerte. Sie schienen mehr daran interessiert gewesen zu sein, jemanden zu töten, als ein Leben zu retten, und damit gewannen sie nicht unbedingt meine Zuneigung. Wir taumelten in einen Gang, der so dunkel war, dass das einzige Licht von der am Hut des jungen Mannes wackelnden Feder stammte. Es wurde immer feuchter, als wir den Weg fortsetzten, und es dauerte nicht lange, bis wir durch in der Finsternis verborgene Pfützen stapften. Was hoffentlich bedeutete, dass wir uns dem Fluss näherten. Der verdammte Tunnel schien endlos zu sein, und jahrzehntealte Spinnweben verfingen sich im Haar der Frau, aber mir fehlte die Kraft, sie fortzustreichen. Schließlich kamen wir aus dem Korridor heraus, doch das einzige Licht stammte von einer Mondsichel und der Milchstraße am dunklen Himmel über uns. Die Nacht ohne Elektrizität war verdammt finster, aber nach dem Tunnel kam sie mir fast hell vor.
    Tomas’ Kräfte versiegten kurze Zeit später, und ich musste ihm helfen. Wir trugen die Frau gemeinsam über schmale, kopfsteingepflasterte Wege. Ich wollte nicht riskieren, sie noch mehr zu verletzen, aber es war auch keine gute Idee, in der Nähe des Schlosses zu bleiben. Ich wusste, was der irre Foltermeister plante. Selbst wenn die Frau bei der Flucht starb … Es war immer noch besser, als bei lebendigem Leib zu verbrennen.
    Die Stadt, die das Schloss umgab, wirkte des Nachts sehr unheimlich. Die Häuser zu beiden Seiten der Straße neigten sich manchmal so weit nach vorn, dass Nachbarn auf gegenüberliegenden Straßenseiten in der Lage gewesen wären, sich die Hände zu schütteln. Wir zuckten zusammen, wenn eine Eule heulte oder ein Hund bellte, setzten den Weg aber fort. Ich versuchte, nicht zur aufragenden dunklen Silhouette des Schlosses zurückzusehen, dessen kegelförmige Dächer sich unheilvoll vor dem schwarzen Himmel abzeichneten. Welches Ziel Feder auch immer zu erreichen gedachte – ich hoffte, dass wir bald da waren. Es schien ewig zu dauern, und ich konzentrierte mich schließlich nur noch darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen und nicht zu fallen. Als ich um eine Pause bitten wollte, weil ich kurz vor dem Zusammenbruch stand, sah ich ein mattes Licht in der Ferne, so schwach, dass ich zunächst dachte, meine Augen spielten mir einen Streich. Langsam wurde es heller und zu einer Kerze auf dem Fenstersims eines kleinen Hauses. Feder materialisierte nicht, vielleicht deshalb, weil er so erschöpft war wie ich, und ich sammelte genug Kraft, um an die Tür zu klopfen, anstatt die Faust hindurchzuschieben. Sie schwang auf, und Licht fiel nach draußen, unerträglich hell nach der Dunkelheit. Ich kniff die Augen zu, und als ich sie wieder öffnete, sah ich in das besorgte Gesicht von Louis-Cesar.

Acht
    Ich lag auf dem Boden und brauchte eine Sekunde, um zu begreifen, dass ich wieder in der richtigen Zeit war und in meinem eigenen Körper steckte. Ich hätte vor Erleichterung geweint, wenn ich kräftig genug gewesen wäre.
    Billy Joe erschien über mir und wirkte ausgesprochen sauer. »Warum hast du mir nicht gesagt, dass du zu so etwas fähig bist? Ich habe dort drin festgesessen!
    Ich hätte sterben können!«
    Ich versuchte nicht, mich aufzusetzen, denn der Asphalt unter mir schien einen recht wilden Hula zu tanzen. »Werd nicht melodramatisch. Du bist bereits tot.«
    »Den Hinweis hättest du dir sparen können.«
    »Geh weinen.«
    Billy Joe setzte zu einer Antwort an, musste aber beiseite weichen, weil sich Louis-César über mich beugte – er wollte nicht erneut in einem Körper gefangen sein.
    »Mademoiselle Palmer, ist alles in Ordnung mit Ihnen? Können Sie mich hören?«
    »Rühren Sie mich nicht an.« Ich beschloss, mich doch aufzusetzen, hauptsächlich deshalb, weil mein Rock so weit hochgerutscht war, dass man meine rosarote Unterwäsche sehen konnte. Ich wollte Louis-César nicht in meiner Nähe. Jedes Mal, wenn wir uns berührten, warf mich etwas durch die Zeit. Meine Sinne hatten gleich zu Anfang versucht, mich zu warnen, aber es war unmöglich gewesen, zwischen

Weitere Kostenlose Bücher