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Untreu

Titel: Untreu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa v Bernuth
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einen Weg gefunden hatte. Die echten Selbstmörder, also diejenigen, die kein Signal an ihre Umwelt schicken, sondern wirklich gehen wollten, waren ungemein erfinderisch. Wenigstens dreimal hatte Monas Mutter versucht, sich das Leben zu nehmen, und immer war ihr nur ein dummer Zufall dazwischengekommen - Mona, zum Beispiel, die zur Unzeit nach Hause kam und ihre Mutter auf dem Küchenboden fand. Mona sah sie vor sich, mit verdrehten Gliedern, den Pullover bis zum BH nach oben geschoben, ihre weit aufgerissenen Augen, die einen Punkt im Universum zu fixieren schienen.
    Aber sie hatte überlebt und Mona dafür noch mehr gehasst als ohnehin schon. Mona, für die sie eine Verantwortung hatte, die sie nicht wahrnehmen konnte. Mona, der sichtbare Beweis für ihr Versagen als Frau und Mutter.
    »Paula! Bitte!«
    Die Schulter begann zu zucken, und Mona atmete auf. Wenn sie weinte, war sie vielleicht ansprechbar.
    »Paula? Geht's Ihnen besser?«
    Mona hörte ein Schniefen. Schließlich zuckte und bebte der ganze Körper. Mona ließ ihre Hand auf der Schulter liegen und wartete ab. Sie hatte keine Zeit, eigentlich. Sie hatte die Schriftstellerin Carola Stein ein weiteres Mal ins Dezernat geladen. Außerdem erwartete sie die Ergebnisse des Entomologen Marko Selisch, der tatsächlich ein totes Schwein am Tatort deponiert hatte, wovon Berghammer glücklicherweise nichts ahnte. Sie musste unbedingt Bauer besuchen, der endlich ansprechbar war - und all das wollte sie selbst machen. (Letzteres gestand sie sich nicht ein, aber so war es: Sie wollte alles selbst machen, um ihre Scharte auszuwetzen. Es war jetzt ihr Fall, ganz allein ihr Fall. Die anderen hatten nichts mehr damit zu tun.)
    »Haben Sie ein Taschentuch?« Paulas Stimme, gequetscht und verweint.
    »Ja.« Mona zog, genauso wie am Vorabend mit Grimm, die Packung Tempotaschentücher aus ihrer Tasche und reichte sie Paula über die Decke hinweg. Eine Hand tauchte auf und griff nach dem Päckchen.
    »Danke.«
    »Bitte.«
    Sie musste warten. Vielleicht war Paula Svatek einfach nur eine Verrückte, die tatsächlich nichts wusste, vielleicht war es reiner Zufall, dass ausgerechnet Milan Farkas auf ihrem Grundstück...
    Nein. Paula Svatek war ihre wichtigste Zeugin, so viel stand fest.
    Sie musste warten, bis sie redete. Wie schon so oft: Das war ihr Job. Warten, bis jemand redete. Warten, bis jemand aufhörte zu lügen. Warten, bis der Punkt erreicht war, wo jemand zusammenbrach und wenigstens die halbe Wahrheit stammelte. Warten. Bis jemand aus einer Tür kam. Oder irgendwo hineinging. Jemanden traf, den er gar nicht kennen durfte. Warten. Dass jemand den Fehler machte, der ihn endgültig verriet. Und dann: Zugriff.
    Aber die Lage war hier anders. Jemand in Paulas Situation würde sich möglicherweise eher umbringen als reden. Es gab Leute wie sie, deren Scham so groß war, dass sie lieber starben, als ihren Fehler zu gestehen. Was hatte sie getan, das so schlimm war? Gab es darauf nicht nur eine mögliche Antwort?
    »Paula. Bitte drehen Sie sich um. Ich will Ihnen helfen.«
    Nun ja. Das war nicht
nur
eine Lüge.
    Milan. Milan. Nun haben wir uns wieder gefunden, nach so langer Zeit, und dein Name hat seinen magischen Klang nicht verloren. Milan. Ich habe dich nicht vergessen. Milan: Ich sage ihn mir vor, wenn ich nicht einschlafen kann. Milan. Mein Zauberwort. Es heißt: Alles wird gut, wenn ich endlich stark genug bin, das Notwendige zu veranlassen. Noch ist es nicht so weit. Im Moment spüre ich zwar, wie mir Kräfte wachsen, von denen ich nicht ahnte, dass sie in mir sind. Menschen dienen mir, ohne es zu wissen, und ich nehme ihre Hilfe dankbar an. Aber die Zeit ist noch nicht da, der Plan muss reifen.
    Allein kann ich nicht erreichen, was ich mir vorgenommen habe. Du bist es, den ich will. Aber falls ich dich tatsächlich nicht haben kann, dann soll mein Sieg über dich und deine kleine, schmutzige Seele vollkommen sein. Denn dann bin ich frei. Verstehst du: Ich will mich eines Tages zurücklehnen und sagen können, ich habe mit allen Mitteln gekämpft und habe letztlich gewonnen. Auch wenn mich niemand verstehen wird, ich habe ein Recht auf dich und meine Rache. Es ist ein archaisches Gefühl, das jede Frau kennt, aber kaum eine umsetzt. Ich bin diejenige, die es tun wird, denn eine muss damit anfangen, die elementare weibliche Schwäche und Unentschlossenheit zu überwinden.
     
    Maria ist nun das Instrument eines fremden Willens, und sie hat sich damit abgefunden. Am Tag

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