Untreu
Paula. Sie senkte ihre Augen.
»Ich war eigentlich noch nicht fertig. Da gibt's noch einiges...«
»Hören Sie auf!«
»Nur wenn Sie endlich anfangen, Paula. Wir haben hier einen Mord. Zwei Morde. Zwei Männer sind tot, und Sie wissen was und reden nicht. Sie kommen da nicht einfach wieder raus, auf gar keinen Fall, es sei denn, Sie helfen uns.«
Auch dann würde Paula nicht einfach wieder rauskommen, aber das würde sie schon rechtzeitig merken.
»Okay.«
»Okay? Was heißt das?«
Paula sah immer noch auf ihre Decke, als sie sagte: »Ich habe Angst.«
»Vor wem?«
»Das würden Sie nie verstehen. Sie würden denken, ich lüge oder ich bin verrückt.«
»Lassen Sie's drauf ankommen.«
»Es ist Satan. Er hat mich in der Hand.«
Mona schwieg einen Moment. »Wie bitte?«
»Er hat mir befohlen, Dinge zu tun.«
»Wer - Satan?«
»Ja.«
»Welche ... äh... Dinge?«
Wieder begann Paula zu weinen. »Ich darf darüber nicht reden. Er wird versuchen, mich zu töten, so wie letzte Nacht. Er wird es immer wieder versuchen, so lange, bis niemand mir mehr helfen kann.«
Kapitel 8
Maria steht vor dem Haus, in dem der Liebhaber ihrer Mutter wohnt. Es ist ein riesiges graues Gebäude, das abschreckend aussieht, als wollte es die Leute davon abhalten, hineinzugehen, hier zu wohnen. Sie versucht sich vorzustellen, wie ihre Mutter... hinter einem dieser hässlichen grauen Balkons... Es ist unvorstellbar, dass ihre Mutter so etwas tut! Es kann nicht sein! Lange Zeit hat sich Maria eingebildet, dass ihr ihre Mutter nichts bedeutet, und nun spürt sie, dass sie sich etwas vorgemacht hat. Ihre Mutter ist alles, was sie hat. Nicht einmal Kai ist ihr so wichtig wie sie. Jemand versucht, sie ihr wegzunehmen. Sie wird das nicht zulassen.
Die verschrammte Glastür öffnet sich, eine Gruppe älterer Ausländer drängt heraus. Ihre Gesichter sind dunkel und zerfurcht, und der Ausdruck in ihren Augen ist voller Resignation. In ihrem offensichtlichen Unglück strahlen sie eine seltsame Würde aus. Keiner von ihnen sagt etwas. Sie gehen an Maria vorbei, als wäre sie gar nicht da.
Die Tür öffnet sich ein weiteres Mal, und der junge Mann, mit dem ihre Mutter gesprochen hat, als sie und Kai sie beschattet haben, steht vor ihr. Er ist es tatsächlich, und das kann kein Zufall sein. Er wirkt vollkommen überrascht, gerade sie hier zu sehen: Er erkennt sie, das ist offensichtlich. Vielleicht weiß er sogar ihren Namen. Hat ihm ihre Mutter Fotos von ihrer Familie gezeigt? Vielleicht im Bett, nachdem sie...
Er bleibt vor ihr stehen, unschlüssig. Schließlich lächelt er, und dieses Lächeln trifft Maria mitten in die Magengrube: Es ist freundlich, unbeschwert und charmant. Hier steht der Mann, der dabei ist, ihre Familie zu zerstören, und lächelt so, als wäre gar nichts. Als gäbe es keine Probleme. Als wäre ihm alles egal. Sein Lächeln erstirbt, als er Marias wilden, ernsten Blick bemerkt.
»Willst du zu mir?«, fragt er.
»Wer sind Sie?«, fragt Maria zurück. Ihre Stimme bebt, die Worte wollen kaum aus ihrem Mund. Sie beginnt trotz der Hitze zu frieren, und gleichzeitig spürt sie, wie sie rot wird. Sie steht vor ihm. Es ist ihre Chance. Er ahnt nicht, was sie vorhat, er ist verwundbar. Diese Gelegenheit kommt nie wieder.
Ein Mann und eine Frau verlassen das Gebäude und werfen ihnen beim Vorbeigehen einen neugierigen Blick zu. Hier kann sie es nicht tun. Sie muss ihn dazu bewegen, sie in seine Wohnung einzuladen. Kai hat gesagt, er wohnt allein in einem Ein-Zimmer-Apartment. Die Frage, woher sie das eigentlich so genau weiß, schießt ihr durch den Kopf.
»Ich heiße Milan«, sagt der junge Mann.
»Milan? Und wie weiter?«
»Milan Farkas«, gibt er ihr gehorsam Auskunft. Sein Lächeln ist zurückgekehrt. Es versteckt sich in seinen Augen, wartet nur darauf, bis es endlich wieder die Lippen erreichen kann. Maria hasst es, sie hasst seine Schönheit, seinen weich geschwungenen Mund, seine dunklen Augen mit den langen Wimpern. Sie zermartert sich den Kopf, was sie jetzt sagen soll.
»Kann ich... Können wir irgendwo reden?«
Milan zuckt die Schultern, die Hände lässig in die Taschen seiner beigefarbenen Stoffhose gesteckt, die teuer aussieht. Woher hat er so viel Geld? Von ihrer Mutter? Die ständig spart?
»Warum nicht?« Er rollt das R ganz leicht. Hat das ihrer Mutter gefallen? Er passt nicht zu ihr, sie ist viel zu alt für ihn. Sie wären ein idiotisches Paar.
»Wir können was trinken gehen«, schlägt er
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