Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Untreu

Titel: Untreu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa v Bernuth
Vom Netzwerk:
schluchzen.
    »Nicht weinen«, sagte Mona. »Wir haben keine Zeit für so was. Wenn Sie jetzt die Wahrheit sagen, bringe ich Sie zu Leuten, die Satan aus Ihrem Leben vertreiben, und zwar für immer, das verspreche ich Ihnen.«
    Paula sah sie unter Tränen an. »Sie meinen die Klapse, was? Glauben Sie, ich bin bescheuert? Glauben Sie, ich merke nicht, was Sie von mir denken? Dass ich mir alles nur einbilde und so weiter? Glauben Sie, das bringt mir was, wenn mich ein Psychiater unter Drogen setzt?«
    »Bitte, Paula. Wir müssen weitermachen. Sie bekommen Hilfe, ganz bestimmt. Wir engagieren ... irgendeinen Schamanen oder was weiß ich für Sie. Jemand, dem Sie vertrauen. Und der wird Sie von Satans Einfluss befreien. Wir lassen Sie nicht allein. Aber erst müssen Sie reden. Da sind zwei tote Männer, und ein dritter liegt im Krankenhaus, und wenn Sie nicht reden, sterben vielleicht weitere Menschen. Wollen Sie diese Verantwortung auf sich nehmen?«
    Paula senkte den Kopf. Stille legte sich auf das Zimmer. Ihre Stimme klang wie tot, als sie schließlich sagte: »Eines Tages brachte Kai Maria mit.«
    »Maria? Wer ist das?«
    »Eine Freundin von Kai. Das hat sie gesagt.«
    »Und sie heißt Maria? Sicher?«
    »Ja. Warum?«
    »Wie sieht sie aus?«
    »Vielleicht vierzehn, fünfzehn. Lange blonde Haare, sehr hübsch.«
    »Warum brachte Kai sie mit?«
    »Sie sollte von mir lernen.«
    »Etwa fünfzehn? Blond?«
    »Erst hatte sie lange Haare. Satan verlangte von ihr, sie kurz zu schneiden.«
    Ein Mädchen aus ihrer Schule hatte das erzählt. Dass Maria plötzlich kurze Haare hatte. Dass es cool ausgesehen habe.
    »Verdammt«, sagte Mona und zog ihr Handy aus der Tasche. »Wie ist ihr Nachname? Paula! Ihr Nachname!«
    »Ich weiß nicht. Sie hat nie darüber geredet. Sie war wie Kai. Sie hat nie über sich geredet.«
    Ich habe dich seltsamerweise erst gesehen, als die Veranstaltung schon fast vorbei war und sich alles in hektische Betriebsamkeit auflöste. Ich sah dich von der Bühne aus, während dem Signieren der Bücher. Durch die Schlange der Frauen sah ich dich. Der Schock erfasste meinen ganzen Körper, und ich begann von Kopf bis Fuß zu zittern. Ich erkannte, dass ich dich nie wirklich vergessen hatte. Ich wusste in diesem Moment, dass wir füreinander bestimmt waren. Ich würde dich nie wieder loslassen. Oh, und ich hatte mich so bemüht, nie wieder an dich zu denken, nachdem du mich nicht mehr wolltest! Und dennoch zog das Unglück in mein Leben ein, so wie du daraus verschwunden warst. Die Einsamkeit in einer Großstadt, die neue Freiheit, nach der ich mich so sehr gesehnt hatte und die ich doch nie wirklich genießen konnte, als ich sie endlich hatte.
    Wie allein ich ohne dich war, Milan! Ich habe versucht, meinen Zustand zu verbergen, und das ist mir wahrscheinlich geglückt, aber tatsächlich verdorrte mein Körper ohne die Hoffnung, meine Haut wurde zu Leder, meine Glieder versteiften sich, meine Gesten verloren alle Weichheit. Ich wurde zu einer Frau in mittleren Jahren, ungeliebt, ungeküsst, unbemerkt. Ich ging durch die Straßen, und Blicke glitten an mir vorbei, als trüge ich eine Tarnkappe. Es gab mich nicht mehr, außer für die Menschen, die mich kannten. Ich fühlte mich nicht mehr, und niemand sah mich an. Ich war in das Stadium absoluter Nichtexistenz eingetreten. Menschen setzten sich einfach so an meinen Tisch, wenn ich ungestört in einem Café meinen Gedanken nachhängen wollte, und sie fragten nicht einmal um Erlaubnis. Sie redeten miteinander, laut und lebhaft, und ignorierten mich, die ich mich gestört fühlte, aber nicht protestierte, denn wer weiß: Vielleicht hätten sie mich nicht einmal gehört!
    Als ich dich wiedersah, Milan, da glaubte ich, die Zeit der Leiden habe ein Ende. Du bist ganz hinten gestanden, an der Saftbar, und hast Besucherinnen bedient, und ich sah, wie viel Spaß es dir machte: Du konntest immer gut mit Frauen umgehen - mit Frauen jeden Alters. Ich liebte dich erneut, von Sekunde zu Sekunde mehr. Ich sah an mir herunter: Würde ich dir gefallen? Ich konnte mir diese Frage nicht beantworten, in meinem Kopf war ein Rauschen, das mich fast bewusstlos machte. Immer wieder sah ich zu dir hin. Ich freute mich auf den Moment, dir gegenüberzutreten, ich fieberte dem Wiedersehen entgegen. Und gleichzeitig war da diese Angst, erneut abgewiesen zu werden.
    Ganz zum Schluss, als die Bühne leer war und ich vor mir selbst keine Ausrede mehr hatte, begab ich mich endlich zu dir - ganz

Weitere Kostenlose Bücher