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Untreu

Titel: Untreu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa v Bernuth
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Ich hatte... etwas Angst. So was wie Klaustrophobie.«
    »Ein Polizist brachte Sie zur Aula?«
    »Ja. Ich kann mich nicht an ihn erinnern.«
    »Macht nichts. Sie kommen also in diese Aula...«
    »In der Mitte des Schneckenhauses. Ja. Es war ein komisches Gefühl.«
    »Warum?«
    »Die vielen jungen Männer. Sie sahen überhaupt nicht so aus, wie ich gedacht hatte.«
    »Sondern wie?«
    »Besser. Netter. Einige waren richtig attraktiv. Keiner wirkte wie ein Schläger oder Mörder. Aber der Chef dort...«
    »Wilhelm Kaiser?«
    »Ja, ich glaube, so hieß der. Er hat mir gesagt, dass es alles schwere Jungs sind. Man kommt nicht in den Knast, weil man einer alten Frau die Handtasche geklaut hat, sagte er. Diese Jungs saßen wegen schwerem Raub, schwerer Körperverletzung, Vergewaltigung, Mord.«
    »Das hat Sie überrascht.«
    »Ja, sehr. Sie wirkten so sympathisch. Die Insassen, meine ich.«
    »Kennen Sie diesen Mann auf dem Foto?«
    »Wer ist das?«
    »Er heißt Milan Farkas. Haben Sie ihn schon mal gesehen?«
    »Nein... Ich glaube nicht. Aber der Name sagt mir irgendwas.«
    »Wir haben Sie darüber schon befragt. Wir haben Ihnen eine Liste mit allen möglichen Namen vorgelegt.«
    »Ja, aber diese Liste meine ich nicht. Der Name sagt mir jetzt was - im Zusammenhang mit diesem Abend.«
    »Aber Sie kennen den Mann auf dem Foto nicht?«
    »Nein. Ich kann mich nicht an den erinnern. Aber komischerweise an den Namen. Milan.«
    »Haben Sie sich nichts zu trinken geholt? Nach der Lesung, meine ich?«
    »Nein, jemand hat mir was gebracht. Ich musste ja noch Bücher signieren. Ich saß relativ lange auf der Bühne, und da brachte mir einer der Jungs ein Glas... Orangensaft, glaube ich.«
    »Sie kamen nie in die Nähe der Saftbar?«
    »Nein... Doch, schon. Kurz. Jetzt fällt's mir wieder ein. Ich wollte mir noch was zu trinken holen. Hinter dem Tisch mit den Getränken stand aber niemand. Ich dachte, dann bedien ich mich eben selber. Und in dem Moment fiel diese Frau hin.«
    »Diese Frau, die den Schwächeanfall hatte, von dem Sie berichtet haben? Sie fiel an der Saftbar in Ohnmacht?«
    »Ja. Ziemlich stämmige Frau. Also, die fiel hin. Die Veranstalterin...«
    »Karin Belolavek?«
    »Ja. Sie war gleich da und beugte sich über sie. Wir anderen standen so herum.«
    »Okay. Passierte sonst noch etwas an dieser Saftbar? Haben Sie noch etwas beobachtet? Was tat zum Beispiel Karin Belolavek?«
    »Sie versuchte, die Frau auf die Beine zu bringen. Das dauerte... sicher ein paar Minuten. Schließlich stand die Frau auf.«
    »Und Karin Belolavek? Was tat sie anschließend?«
    »Sie ging, glaube ich, mit der Frau in ein Nebenzimmer.«
    »Und als sie zurückkam? Standen Sie da noch an der Saftbar?«
    »Milan«, sagte Cordula Faltermeier in diesem Moment.
    »Bitte?«
    »Die Frau. Jetzt fällt's mir wieder ein. Sie lag am Boden, machte die Augen auf und sagte etwas wie Milan. Nur dieses eine Wort, und das klang wie Milan.«
    »Die Frau, die ohnmächtig wurde?«
    »Ja. Sie sagte Milan. Ich hatte das wieder vergessen, ich bin danach noch mit diesem Wilhelm Kaiser essen gegangen, wir haben bis in die Nacht hinein gequatscht, und er hat mir seine Theorie über die Insassen erzählt...«
    »Dass sie alle lügen wie gedruckt.«
    »Genau, und...«
    »Okay. Noch mal zu der Frau am Boden.«
    »Ja. Sie sagte Milan.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ziemlich. Deswegen kam mir der Name bekannt vor. Ist das wichtig?«
    »Vielleicht. Können Sie sich an die Frau erinnern? An ihr Aussehen, ihren Namen?«
    »Puh. Nein, keine Ahnung, wie die hieß. Sie war ziemlich mollig. Angegraute Haare. So Mitte, Ende vierzig. Eher unattraktiv.«
    »Würden Sie sie wiedererkennen?«
    »Ich weiß nicht. Käme auf einen Versuch an.«
    »Kann ich Sie einen Moment allein lassen?«
    »Sicher.«
    »Ich bin gleich wieder da.«
    »Kein Problem.«
    »Karl? Hast du was von Kai Lemberger gehört? Oder ihrem Vater?«
    »Der Vater. Lars Lemberger. Sie haben ihn zu Hause angerufen. Einer von der Schupo bringt ihn her. Die müssten gleich da sein.«
    »Bring ihn ins Verhörzimmer, sobald er da ist.«
    »Vielleicht stehen sie im Berufsverkehr, dann dauert's länger.«
    »Sag mir Bescheid, wenn er da ist.«
    In Marias Kopf vergrößert sich das Chaos in Lichtgeschwindigkeit. Es ist bunt und beängstigend. Sie stürzt in einen Tunnel aus wilden Farben und Formen. Die Worte, die allein sie wieder hinausführen könnten in die klare Welt der geordneten Begriffe, haben sie verlassen. Sie weiß nicht

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