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Untreu

Titel: Untreu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa v Bernuth
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Wochen, ja, Monate? In wessen Macht hat sie sich begeben?
    Sie sieht an sich herunter. Sie trägt seit vier Tagen dieselbe Jeans, seit zwei Tagen dasselbe T-Shirt. Sie war früher einmal eitel und gepflegt. Was ist aus ihr geworden? Eine Lernmaschine, die sich in ihrer Freizeit auf Geistreisen begibt, statt Sport zu treiben und Freunde zu sehen. Ein Gespenst unter Gespenstern, das keine Lebensfreude mehr hat.
    Sie hat versucht, jemanden umzubringen. Der Versuch war halbherzig und konnte nicht glücken, aber das ist moralisch gesehen doch vollkommen egal. Sie hat etwas Entsetzliches getan und es nicht einmal gemerkt. Es ist ein Schock.
    »Ich will nach Hause«, sagt sie tonlos. Ihr ist schwindelig, als hätte sie Drogen genommen.
    »Sei ruhig.« Kai hat ihre Wanderung durch das Zimmer wieder aufgenommen. Sie hat ihr nicht zugehört.
    »Ich will nach Hause. Sofort.«
    »Du spinnst wohl. Wir warten jetzt auf Leila, und dann machen wir die nächste Session.«
    »Keine Session mehr. Ich mach nicht mehr mit.«
    Kai lacht. Sie klingt überhaupt nicht amüsiert. Maria hat sie nie gekannt. Kai war nie ihre Freundin. Sie ist eine Fremde mit undurchsichtigen Motiven. Sie hat sie benutzt.
    Aber wofür?
    Maria nimmt ihre Jacke und geht zur Tür. Bunte Kreise bewegen sich vor ihren Augen, ihre Ohren sind wie zugefallen. Kai stellt sich vor sie, versperrt ihr den Weg. »Was soll der Quatsch?« Maria hört ihre Stimme dumpf und verzerrt wie unter Wasser. Sie versteht die Worte kaum. Zum ersten Mal sieht sie etwas wie Angst in Kais Augen.
    »Ich will gehen.« Die Worte kommen mühsam, als sei ihre Zunge gelähmt. Auch in ihr wächst die Angst. Das Zimmer erscheint ihr dunkel und kalt, als sei Satan bereits da, ohne dass sie ihn gerufen haben.
    Satan ist überall, hat Kai gesagt. Man wird ihn nie wieder los. Du gehörst ihm allein.
    »Lass mich gehen.«
    »Das wird dir nichts nützen, Maria. Satan kennt dich jetzt. Er wird dich finden, wo immer du auch bist.«
    »Der ging raus, weil ihm schlecht war«, sagte Carola Stein alias Cordula Faltermeier. Sie deutete mit ihrem rot lackierten Fingernagel auf Fischer. Mona sah Fischer an. Langsam dämmerte ihr etwas.
    »Du hast die Vernehmung nicht geführt?«
    »Er war nur am Anfang da«, sagte Cordula Faltermeier. »Ein anderer hat dann weitergemacht, so ein junger. Ich weiß nicht mehr, wie der hieß.«
    »Patrick Bauer?«
    »Kann sein.« Cordula Faltermeier trug eine schwarze Bluse und einen schwarzen Rock, der eng auf der Hüfte saß. Ihre lackschwarzen Haare waren hoch toupiert, ihre Augen stark geschminkt. Sie roch nach etwas Teurem.
    »Stimmt das, Hans?«, fragte Mona.
    Fischer war blutrot geworden. »Kann ich dich ... kurz sprechen?«
    »Nein. Ich will jetzt wissen, ob das stimmt. Ob du alles Patrick überlassen hast.«
    »Ich... Mir war schlecht, ich konnte nicht...«
    »Das ist kein Grund. Du hättest mir Bescheid geben müssen. Patrick war zu neu für eine Vernehmung. Ich war da. Wir hätten das zusammen machen können, und alles wäre okay gewesen.«
    »Also...«
    »Geh raus«, sagte Mona ruhig. »Ich mach das hier allein weiter.«
    Und Fischer ging ohne ein Widerwort. Nicht einmal die Tür knallte.
    »Läuft das bei Ihnen immer so?«, fragte Cordula Faltermeier.
    »Tut mir Leid.«
    »Können wir nach der Vernehmung mal über Ihren Job reden? Ich finde das interessant, eine Frau in dieser Position.«
    »Vielleicht. Fangen wir erst mal mit Ihnen an.«
    »Klar. Darf ich rauchen?«
    Manchmal hat Leiden eine geradezu sinnliche Qualität. Es war eine süße Qual, euch beiden zuzuhören, die ihr mich als beste Freundin auserkoren hattet. Ich erlebte meine Liebe zu dir noch einmal, wenn auch nur aus zweiter Hand. Alles war so wie bei uns beiden. Mit dem Unterschied, dass du mich nach kurzer Zeit überhattest und von Karin nicht genug bekommen konntest. Die Monate vergingen, und noch immer wart ihr ein heimliches Paar. Karins Mann ahnte nichts. Sie musste nicht bezahlen für ein verbotenes Feuer, so wie ich. Sie wurde wirklich geliebt - von zwei Männern. Ich wurde nur ausgenützt.
    Die Qual war bald nicht mehr süß, sondern bitter. Ich wollte den Anfang und das Ende dieser Liebesgeschichte auskosten. Ich wollte alles noch einmal erleben, aber vor allem brauchte ich den ultimativen Beweis, dass es einer anderen Frau nicht besser gehen würde als mir. Dieser Trost blieb mir versagt. Du warst besessen von ihr, während sie bald nur noch Mitleid für dich übrig hatte. Sie gestand mir das,

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