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Untreu

Titel: Untreu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa v Bernuth
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spiegelte, als gäbe es da ein zweites Zimmer, reserviert für die blassen Geister der Teilnehmer. Ihre Lider wurden schwer, senkten sich wie ein Vorhang über die Pupillen.
    Mona!
    Sie riss die Augen auf, wandte den Blick weg vom Fenster und versuchte, sich im Stimmengewirr zu orientieren. Sie hoffte, dass niemand zu ihr her sah. Sie war die Leiterin der MK1. Sie musste das hier im Griff behalten.
    »...eine SoKo?«
    »Blödsinn!«
    »...ich glaub nicht, dass wir schon so weit sind. Keine SoKo, bevor wir nicht mehr wissen.« Martin Berghammer, Chef des Dezernats 11, sah Mona an. Seitdem Krieger, ihr direkter Vorgesetzter, krank war, nahm Berghammer an fast allen Konferenzen teil. Nichts in seinem Blick verriet, dass er ihren Sekundenschlaf bemerkt hatte.
    »Was denkst du?«
    Auch seine Stimme klang normal. Aber sie war sich sicher, dass er nur so tat, als sei nichts. Er schätzte sie. Hatte sich immer für sie eingesetzt. Er verdiente gute Arbeit und höchstes Engagement.
    »Keine SoKo«, sagte Mona. »Viel zu früh dafür.«
    Die anderen nickten. Bauer gähnte verstohlen.
    Thomas Belolavek, 44 Jahre alt, war mit mehreren Stichen eines
scharfkantigen Werkzeugs
attackiert worden, von denen
vermutlich
zwei tödlich gewesen waren. Einer hatte
vermutlich
ins Herz, der andere
vermutlich
in den linken Lungenflügel getroffen. Mona las aus dem Sektionsprotokoll vor. »Herzog sagt, der Täter oder die Täterin...«
    »Eine Frau?«
    »Möglich. Ich war vorhin bei ihm, und Herzog meint, es könnte auch eine Frau gewesen sein. Sofern man das eben jetzt noch beurteilen kann. Wir haben eine Faulleiche, teilskelettiert bis auf die Beine. Die waren geschützt durch seine Jeans. Obenrum hatte er nichts an, sonst wüssten wir mehr.
›Oberhaut vollständig gelöst, Körper erheblich von Madenfraß beschädigt. Weichgewebliche Veränderungen sind nicht mehr feststellbar.‹
Also keine Organe mehr, alles weg. Dafür gibt's Kratzer an den Rippen in Herz und Lungenhöhe.«
    »Von hinten? Vorne?«, fragte Berghammer.
    »Beides. Jemand hat ihm von hinten in die Lungenregion gestochen, dann dreht sich das Opfer um, und der nächste tödliche Stich kommt von vorne.
Möglicherweise
. Ins Herz. Oder umgekehrt.«
    »Hört sich nach Profiarbeit an.«
    »Eher nicht, sagt Herzog.«
    »Das sagt er immer.« Fischer winkte ab. »
Nicht unbedingt, kann man unter den gegebenen Umständen nicht zweifelsfrei beurteilen...
«
    »Er sagt, es kann genauso gut Affekt gewesen sein. Kein Weichgewebe mehr da, keine Wunden. Man kann gar nichts sicher sagen. Ihr habt das Opfer doch gesehen.«
    »Außer, dass es ein Messer war«, sagte Bauer.
    »Nicht mal das. Willst du die Fotos noch mal sehen?«
    »Nee.« Bauer wurde einen Schein blasser, der Rest der Runde feixte verstohlen. Mona sah ihn an, er wich ihrem Blick aus. Vielleicht war er zu sensibel für all das hier. Aber waren sie das nicht alle - auf die eine oder andere Weise?
    »Herzog denkt, das Opfer ist seit
ein paar Wochen
tot. Ungefähr. Wenn man das Wetter berücksichtigt, den Zustand der Leiche damit in Beziehung setzt und so weiter. Ein paar Wochen plus minus ein paar Tage. Genauer geht's nicht.«
    »Das ist ja gar nichts.«
    »Richtig.«
    »Was ist mit der DNS-Bestimmung? Ist die schon da?«
    »Ja, passt auf Thomas Belolavek. Es gibt eigentlich keinen Zweifel, dass er es ist. Aber alles andere...« Mona zuckte die Schultern. »Ich denke mal, als Erstes müssen wir uns auf seine Frau konzentrieren.«
    »Was ist mit dieser Nachbarin?«, fragte Berghammer.
    »Erika Weingarten«, sagte Fischer. »Die weiß gar nichts. Die können wir total vergessen. Ihr Mann ist den ganzen Tag im Büro und kennt die Belolaveks bloß vom Sehen.«
    »Andere Anwohner?«
    »Vergiss es. Das letzte Mal wurden die Belolaveks vor drei Wochen gesehen. Das war auf einer Grillparty bei einer der Nachbarn.«
    »Freunde oder bloß Nachbarn?«, erkundigte sich Berghammer.
    »Die Grillparty? Keine Freunde«, sagte Fischer. »Das waren Leute, die neu in die Straße gezogen sind und ihre Nachbarn kennen lernen wollten, mehr nicht. Sowieso ist diese Karin Belolavek...«
    »Ja. Was war die eigentlich für ein Typ?«
    »Ja, das ist komisch. Jeder fand sie unheimlich nett, freundlich und aufgeschlossen, kaum einer weiß wirklich was über sie. Aber das sagt ja im Moment noch nichts. Vielleicht haben - hatten - die ihren Freundeskreis ganz woanders.«
    »Verwandte?«
    »Einzelkind. Ihre Eltern sind vor sechs Jahren bei einem Autounfall ums

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