Unvergessen wie Dein Kuss
wollte er das auch gar nicht mehr. Nicht nur, weil sie vielleicht ein Kind von ihm trug, sondern weil er die wirkliche Isabella wieder kennenlernen wollte, den übermütigen Unternehmungsgeist, den sie als Mädchen versprüht hatte, die Frau, die in ihrer Leidenschaft der seinen gleichkam.
Dennoch schien es, als ob es Isabella nicht so erging. Sie sträubte sich gegen die Nähe zwischen ihnen, und er musste herausfinden, warum das so war. Dass er sie verletzt hatte, war nicht der alleinige Grund. Er spürte, dass sie vor irgendetwas Angst hatte, und sagte sich immer wieder, dass er so sanft und so zart wie möglich um sie würde werben müssen.
“Eine Ehe zwischen uns wird nie gut gehen.” Bei diesen Worten sah sie gerade in ihrer Sturheit so begehrenswert aus, dass er sie küssen wollte. Heiße Erregung durchflutete seinen Körper, und Marcus wusste, dass das für seine Werbung die größte Schwierigkeit darstellte. Er war kein geduldiger Mann, und da er sie schon körperlich geliebt hatte, müsste es schon mit dem Teufel zugehen, wenn er sie nicht wieder berühren würde.
Er versuchte, sein Begehren nicht weiter zu beachten und sich auf ihre Worte zu konzentrieren.
“Unsere Ehe wird nicht gut gehen, weil du es nicht willst?”, fragte er leise.
“Sie wird nicht gut gehen, weil die Vergangenheit immer zwischen uns kommen wird.” Sie unterstrich ihre Worte mit einer Handbewegung. “Da ist India, und da ist Ernest …”
Und da waren ihre namenlosen Liebhaber, die Marcus vergessen wollte, aber nicht konnte. Eifersucht nagte so sehr an ihm, dass ihm der Atem stockte. Die Hindernisse waren in der Tat groß, aber seine Entschlossenheit war es auch. Er würde Isabella nicht gehen lassen.
Sie sah auf ihre zusammengepressten behandschuhten Finger. Dann wandte sie ihm den Blick zu.
“Liebst du mich, Marcus?”
Ihre Worte trafen ihn unvorbereitet. Also hatte er in der Nacht, da sie sich liebten, nicht laut gesprochen, dachte er erleichtert. Weil er sich seiner innersten Empfindungen noch nicht ganz sicher war, wollte er seine Gefühle für sie nicht so schnell offenlegen. Er zweifelte nicht daran, dass er Isabella einmal geliebt hatte, wusste aber nicht, ob er sie jetzt noch so liebte. Er begehrte sie, ja, er brauchte sie. Das musste zunächst reichen.
In Isabellas Stimme schwang eine Spur von Kummer mit, so als ob sie die Antwort schon kannte. Und als Marcus nicht antwortete, schüttelte sie leicht den Kopf.
“Da ich einmal dein Herz besaß, Marcus, wie könnte ich da mit weniger zufrieden sein? Es wäre eine Ehe zweiter Wahl.”
Marcus atmete tief und versuchte, ruhig zu sprechen. Er hatte sich seit Langem nicht so verletzbar gefühlt. Isabellas schonungslose Offenheit gab ihm das Gefühl, dass das, was er ihr anbot, einfach nicht gut genug war.
Er räusperte sich. “Bella, wir sind verheiratet. Es kann keine Auflösung geben. Liebe ist für …”
“Narren?” In ihren Worten schwang Bitterkeit mit.
“Ich wollte sagen, dass Liebe etwas für junge Leute ist”, antwortete er. “Wenn man älter wird, werden die Dinge komplizierter.”
“Wie geschwollen sich das anhört”, sagte sie. “Als ob wir so alt wie Methusalem wären.” Sie drehte sich ein wenig und sah aus dem Fenster.
“Ich habe schon einmal eine Frau verloren”, sagte Marcus mit einem Anflug von Bitterkeit. “Ich will nicht noch eine verlieren.”
Der Blick ihrer intensiv blauen Augen wandte sich ihm wieder zu, und er dachte einen Moment lang, dass sie ihn über India befragen wollte. Er wünschte es sich so sehr, weil dieses Thema wie ein Hindernis zwischen ihnen stand. Während ihrer Ehe hatte er India vernachlässigt und deswegen schon damals ein schlechtes Gewissen gehabt. Und bestimmt hätte sie den Unfall mit dem Wagen nicht gehabt und wäre nicht gestorben, wenn er zu der Zeit bei ihr gewesen wäre. Diese Schuld belastete ihn immer noch schwer und ließ ihn auch jetzt schweigen.
Aber Isabella fragte nicht, und Marcus spürte, wie sie sich innerlich etwas zurückzog.
“Ich kann natürlich eine Annullierung oder eine gesetzliche Trennung nicht erzwingen”, sagte sie. “Das akzeptiere ich. Aber ich sehe keinen Sinn darin, eine Ehe zu führen, wenn du mich nicht liebst.”
Er beugte sich eindringlich vor. “Bella, gib mir eine Chance. Ich möchte, dass wir verheiratet bleiben.”
“Weil da vielleicht ein Kind ist?” Es hörte sich an, als ob Isabella bei ihren eigenen Worten Schmerz empfand. “Das werden wir früh
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