Unvergessliches Verlangen: Roman (German Edition)
vielen Jahren in seinen Armen von ihrer Lust mitgerissen worden war?
Und obwohl er es besser wusste, glaubte er, dass es Herbst 1810 war. Es fehlte mindestens ein Jahr, eine gigantische Lücke. Zeit, die zweifellos alles einfärbte, was danach gekommen war. Wie das Wort Löwen. Es schien bedeutend zu sein, aber er wusste nicht, warum. Wie die Tatsache, dass er gespannt war zu erfahren, was mit Mimi passiert war – so als hätte er sie in der Hand gehalten und verlegt.
Es hätte genügen sollen, dass er Livvie nie vergessen hatte, dass es seiner Familie gut ging und dass er wieder auf britischem Boden war. Doch irgendwie genügte es nicht. Und er wusste nur, dass es irgendetwas mit seiner fehlenden Erinnerung zu tun hatte.
Jedenfalls konnte er nicht länger darauf warten, dass sein Erinnerungsvermögen zurückkehrte. Auch ohne Braxton musste er Kontakt zu Whitehall aufnehmen und mit seiner Familie sprechen. Aber er konnte weder das eine noch das andere ohne einige grundlegende Informationen tun. Zum Beispiel, welches Datum sie hatten. Oder was er seit seinem Besuch in der Jagdhütte getan hatte. Oder warum er frische Narben hatte. Bis er das alles herausgefunden hatte, stellte er weiterhin ein Risiko für jeden in diesem Haus dar.
Irgendwann in den vergangenen Monaten musste er gelernt haben, sich um sich selbst zu kümmern, denn es kam ihm nicht einmal in den Sinn, auf Harper zu warten, damit der ihm beim Anziehen und Rasieren half. Er hatte den Stolz auf sein gutes Aussehen – die Wyndham-Züge – offenbar verloren, denn der Anblick seiner Narben machte ihm nichts aus. Oder vielleicht hatte er nur Livvies Reaktion sehen müssen, um zu wissen, wie wenig sie bedeuteten.
Sie hatte weder geweint, noch war sie zusammengezuckt. Sie hatte ihn geküsst, jede Narbe, die sie gefunden hatte, liebkost, und hatte ihm versichert, dass er die Narben in einem ehrenhaften Kampf bekommen hatte, weil er einer der ehrenhaftesten Männer war, die sie je kennengelernt hatte.
Warum fühlte er sich dadurch nur noch schlechter?
Verstohlen öffnete er die Tür. Er stellte zufrieden fest, dass niemand ihn sehen würde, und machte sich über die Dienstbotentreppe auf den Weg nach unten in die Küche. Er musste zugeben, dass Lady Kates Haus ihn beeindruckte. Nicht nur wegen der exklusiven Sheraton- und Chippendale-Möbel, mit denen sie es eingerichtet hatte, sondern vor allem wegen der Sachlichkeit, mit der sie es unterhielt. Sie hatte sogar den Dienstbotenflur und die Treppe in einem Zitronengelb streichen lassen und die Zierleisten in Weiß gehalten, damit es leichter war, in dem schmalen, steilen Treppenhaus alles zu erkennen.
Er erreichte die Küche, die sich über den hinteren Teil des Erdgeschosses erstreckte. Es war ein gewölbter, widerhallender Raum, der in einem sanften Blau gestrichen war, um die Fliegen abzuwehren, und der ausgerüstet war mit den neuesten geschlossenen Öfen. Er konnte sogar den Gehilfen bei der Arbeit summen hören.
»Mylord?«, fragte der Koch und trat vor.
Er war ein dünner, ernsthafter Belgier mit einem borstigen Bart und hervorquellenden Augen, und er wirkte, als müsste er sein hart erkämpftes Terrain verteidigen. Jack beäugte das Hackbeil, das er an seine Brust presste, und lächelte.
»Ich bin gerade einer Herde von Ladys entflohen, die sich im Salon getroffen haben, Maurice. Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich mir ein paar Lebkuchen und eine Tasse Tee nehme?«
Für einen so dürren Mann konnte der Koch ziemlich finster schauen. »Sie sind viel zu dünn, und Tee ist pffft. « Abfällig winkte er, das Hackbeil in der Hand, ab. »Ich gebe Ihnen Ale. Das wird Sie stärken. Und Käse. Guten Käse aus Belgien habe ich leider nicht. Also müssen wir uns mit dem Cheddar begnügen, ja?«
Jack nahm auf der Bank Platz und ließ den Koch herumwerkeln. »Wie lange arbeiten Sie schon für die Duchess?«, erkundigte er sich.
»Seit mein letzter Master, dieses Ekel von einem Comte, der Meinung war, jemand hätte ihn vergiftet.« Mit einem lauten Krachen landete das Hackbeil auf dem Tisch. »Die großartige Duchess hat mich bei sich aufgenommen, bevor ich im Haus dieses alten Hundes Schaden anrichten konnte.«
Jack verkniff sich mühsam ein Lächeln. »Nett von ihr.«
Maurice knallte einen Becher mit Ale vor ihm auf den Tisch. »Nur ihretwegen bleibe ich. Ein Mann mit meinem Talent sollte sich nicht jeden Tag mit Hexen herumärgern müssen.«
»Er meint mich«, erklang Mrs Harpers Stimme aus
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