Unvergessliches Verlangen: Roman (German Edition)
die traumatischen Ereignisse angesprochen werden.«
»Er weiß schon, dass er in einer Schlacht gekämpft hat«, sagte Lady Kate. »Was könnte noch traumatischer sein?«
Olivia starrte sie nur an.
»Oh«, entgegnete Lady Kate verlegen, »natürlich.«
»Es muss ihm von allein wieder einfallen«, sagte Grace.
Olivia spürte, wie die Last von Graces Worten sich wie ein Felsbrocken auf ihre Brust legte. »Also soll ich weiterhin so tun, als wären wir noch verheiratet.«
Grace wirkte betrübt. »Ja.«
Olivia sprang auf. »Nein.« Sie wusste, dass ihre Stimme schrill klang. »Das werde ich nicht tun. Ich kann nicht.«
»Sie haben keine andere Wahl«, entgegnete Lady Kate ruhig. »Was auch immer passiert ist – wir müssen seine Unschuld beweisen.«
»Nein, das müssen wir nicht«, widersprach Olivia knapp. »Er verdient meine Treue oder Hilfe nicht. Und ganz sicher verdient er nicht mein Mitgefühl.«
Lady Kate hob spöttisch eine Braue. »Warum haben Sie ihn dann überhaupt gerettet?«
Olivia schloss die Augen, als sie erneut von einer Welle ohnmächtiger Verbitterung erfasst wurde. Es gab keine gute Antwort auf diese Frage, und sie wusste es. »Er wird weiter Fragen stellen«, sagte sie.
Lady Kate nickte. »Hoffentlich erinnert er sich bald an den Rest.«
Es dauerte einen Moment, aber Olivia schüttelte schließlich den Kopf. »Nein, wir können nicht warten. Wir müssen einen anderen Weg finden.«
»Ich fürchte, Sie haben recht«, sagte Grace. »Als ich vorhin im Park war, habe ich Mr Hilliard mit Lord Thornton und Mr Armiston sprechen hören. Sie suchen Lord Gracechurch.«
»Wir können ihn nicht wegbringen«, erklärte Lady Kate.
»Wir können ihn aber auch nicht hierbehalten«, erwiderte Olivia und ging im Garten auf und ab. »Unsere Patienten werden mit Schiffen nach Hause gebracht.«
Was bedeutete, dass Jack vielleicht entdeckt werden würde. Sie würden keine Ausrede mehr haben, warum sie in Brüssel bleiben mussten, wo sie ihn verstecken konnten.
Sie hob ihr Glas und trank den Sherry. »Jack und ich müssen verschwinden.«
Lady Kate blickte sie finster an. »Und ich soll auf mein Abenteuer verzichten? Seien Sie nicht albern. Sagen Sie uns lieber, wer sonst noch von Jack weiß?«
»Chambers«, entgegnete Olivia, ohne nachzudenken.
Lady Kate hob eine Augenbraue. »Gervaises Diener?«
Olivia blickte auf und war erschrocken, dass sie vorher noch nicht daran gedacht hatte. »Er war Jacks Diener. Er ist derjenige, der ihn bei Hougoumont gefunden hat. Sagte, er hätte eine Nachricht von ihm erhalten.«
»Überläufer«, schnaubte Lady Bea.
Lady Kate drehte sich ihr zu. »Chambers? Ja. Allerdings ein praktischer Überläufer, meine Liebe.« Sie erhob sich und sammelte die Gläser ein. »Ich werde ihm eine Nachricht zukommen lassen.«
»Nein«, widersprach Olivia und ergriff ihren Arm. »Ich habe es Ihnen doch schon gesagt: Gervaise darf es nicht wissen.«
Alle wandten sich ihr zu. Olivia war bewusst, wie hysterisch ihre Stimme geklungen hatte.
»Werden Sie mir nun endlich verraten, warum Sie so eine Abneigung gegen ihn hegen?«, wollte Lady Kate wissen. »Es steckt mehr dahinter als nur die Abscheu, sich mit Jacks Familie einzulassen.«
Das ging alles zu schnell. Olivia war sich nicht sicher, ob sie den Mut dazu hatte. »Werden Sie mir glauben?«
Lady Kate hob ungerührt die Hand. »Gervaise mag ein guter Tischnachbar bei einem Dinner sein. Aber Sie haben doch nicht vergessen, dass ich tapfer ein Gewitter ertragen habe, um Sie aus seinen Fängen zu befreien, oder?«
Olivia starrte sie an. »Sie wussten, dass er dort war?«
Die kleine Frau zuckte mit den Achseln. »Jemand hat erwähnt, wie schnell er Mrs Bottomly aus der Stadt gebracht hat. Ich habe das für … außergewöhnlich gehalten. Vor allem, als er sich selbst auf die Suche nach Ihnen gemacht hat.«
Also war Lady Kates Angebot für einen Zufluchtsort nicht ganz so spontan gewesen, wie Olivia angenommen hatte.
Lady Kate setzte sich wieder und schenkte noch eine Runde Sherry ein. Olivia atmete zitternd ein und nahm ebenfalls Platz.
Nach all der Zeit fielen ihr die Worte nicht leicht. »Gervaise«, begann sie schließlich, die Hand um ihr Glas gelegt, »konzentriert sich allein auf das, was er will. Für ihn heiligt der Zweck die Mittel.«
»Und was wollte er?«, fragte Grace.
»Alles, was Jack hatte.«
Lady Kate runzelte die Stirn. »Aber er hätte es nicht erben können.«
»Wirklich? Das schien nicht wichtig zu sein. Ich
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