Unvergessliches Verlangen: Roman (German Edition)
dir dieses eine Mal sagen und dann nie wieder. Ich habe nie gespielt. Wenn du mir nicht glauben kannst, gibt es nichts mehr zu sagen, und ich werde dich in Sergeant Harpers fähige Hände übergeben.«
»Aber Gervaise …«
»… hat gelogen.«
»Ach, sei nicht albern, Livvie. Warum sollte Gervaise lügen?«
Wieder versuchte sie, vernünftig und ruhig zu bleiben. Sobald sie anfangen würde, ihm die Wahrheit zu sagen, würde es kein Halten mehr geben. Alles würde wie Gift aus ihr herausquellen. Sie atmete bedächtig ein und war stolz darauf, wie beherrscht sie klang. »Es ist eines der Probleme, von denen ich gesprochen habe, Jack. Du hast allen anderen mehr geglaubt als mir. Dein mangelndes Vertrauen hat begonnen, uns aufzufressen.«
»Wie kann ich dir vertrauen, wenn ich nicht mehr weiß, was überhaupt passiert ist?«, fragte er und war mit einem Mal wütend.
»Du weißt, dass ich geschworen haben, nie gespielt zu haben. Du weißt, dass ich niemals einen Schwur brechen würde. Doch du hast nie hinterfragt, was andere über mich erzählt haben. Du hast mich nie verteidigt.« Tränen stiegen in ihr auf, aber sie weigerte sich, ihnen freien Lauf zu lassen. »Ich werde nicht zulassen, dass das alles noch einmal geschieht.«
Sie sah den Schmerz in seinen Augen und wünschte sich nichts sehnlicher, als dass er echt war. »Gib mir eine Chance, Liv«, flehte er und wollte erneut nach ihrer Hand greifen. »Wahrscheinlich verdiene ich es nicht, doch ich möchte alles wiedergutmachen. Wir sollten einander neu kennenlernen. Bitte.«
Sie hatte ihn eigentlich auf Abstand halten wollen. Sie hatte eigentlich zurückweichen wollen. Stattdessen erwischte sie sich dabei, dass sie seine Hand ergriff. Sie erwischte sich dabei, dass sie wieder Platz nahm.
»Ich werde es versuchen.«
Er lehnte sich in seinem Sessel zurück, als hätten die vergangenen Minuten ihn erschöpft. »Ich habe so sehr versucht, mich zu erinnern«, sagte er. Mit einem Mal bemerkte sie, dass es ihm wirklich zu schaffen machte, dass er sich nicht mehr erinnern konnte. Seine Augen waren dunkel. »Es fühlt sich an, als könnte ich danach greifen und es wiederfinden, indem ich nur die Augen schließe. Aber wenn ich es versuche, ist es weg, und ich bin … wütend, aufgewühlt und durcheinander und habe Angst. Irgendetwas lauert im Nebel, und ich kann es einfach nicht erkennen.« Er sah sie an, und die Qual in seinen Augen versetzte ihr einen Stich. »Wovor habe ich Angst, Liv? Was habe ich getan?«
Und plötzlich wollte sie für ihn lügen. Sie wollte ihn festhalten und ihm versprechen, dass alles gut werden würde, auch wenn sie wusste, dass es nicht so war. Einem alten Instinkt gehorchend, streckte sie die Hand aus und schob ihm eine Locke aus der Stirn. »Wir werden es herausfinden«, sagte sie. »Ich verspreche es. Was ist denn bis jetzt aus dem Nebel aufgetaucht?«
»Na ja«, sagte er und strich mit den Fingern über seine Verletzung, »ich weiß, dass es seltsam klingt …« Er zuckte die Schultern. »… Löwen.«
Olivia starrte ihn an. Er runzelte die Stirn, als erwartete er, dass sie in Lachen ausbrach. »Löwen?«
»Ja. Sie blicken in die falsche Richtung.«
Sie blinzelte. »Wer? Die Löwen?«
Sein Lächeln war etwas schief. »Komisch, oder? Doch dieser Gedanke war auf einmal in meinem Kopf und verschwindet nicht wieder. Löwen. Und die Überzeugung, dass sie in die falsche Richtung blicken – was auch immer das bedeuten mag.« Sein Lächeln wurde breiter. »Ich denke nicht, dass Lady Kate einen kleinen Zoo ihr Eigen nennt, den ich im Schlaf gehört habe? Zutrauen würde ich es ihr.«
»Sie ist eine gute Freundin«, erwiderte Olivia hitziger, als sie es vorgehabt hatte.
Jack hob die Augenbrauen. »Glaubst du, ich würde weniger von dir halten, weil du ausgerechnet bei ihr Zuflucht gesucht hast?«
»Der Punkt ist, dass es mir egal ist. Sie ist meine Freundin. Und daran wird nichts und niemand etwas ändern.«
Er hob ihre Hand und küsste sie. »Dann ist es so. Ich bin der Letzte, der dir deine Freunde aussucht, Liv.« Erneut hielt er inne, runzelte die Stirn, schloss die Augen, als würden die Erinnerungen ihn wieder einholen. »Ich weiß noch, dass mir kalt war. Und dass ich Hunger hatte. Gott, ich war so hungrig. Wir müssen auf einem schnellen Fußmarsch gewesen sein.«
»Du hast Gewicht verloren.«
Er rieb sich über die Narbe. »Ich kann das nicht ertragen. Ich will mich so sehr erinnern. Und jedes Mal, wenn ich es probiere,
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