Unvergessliches Verlangen: Roman (German Edition)
endet es mit höllischen Kopfschmerzen.«
Instinktiv drückte sie seine Hand. »Dann hör auf, es zu probieren. Du wirst dich erinnern, wenn du dich erholt hast und dazu bereit bist.«
Er schüttelte den Kopf und hielt ihre Hand, als hätte er Angst, er würde fallen. »Setz dich ein bisschen zu mir, Liv, bitte.«
Also setzte sie sich. Sie zog Thrashers Stuhl näher an den Sessel heran und beobachtete, wie die Empfindungen, die Jack Wyndham so fremd waren, in seinen Augen aufflackerten: Angst, Unsicherheit, Verlust, Verletzlichkeit. Sie sah es und wusste, dass Lady Kate recht hatte. Der Jack Wyndham, der zu ihr zurückgekehrt war, war nicht mehr derjenige, der sie verlassen hatte.
Jack hatte sie nie zuvor gebraucht. Er hatte sie gewollt. Er hatte sie geliebt. Aber er hatte nie ihre Nähe gesucht, wenn er sich unsicher oder traurig oder ängstlich gefühlt hatte. Andererseits hatte sie nie geglaubt, dass er so etwas empfinden würde.
Lady Kate hatte auch damit recht gehabt, dass er immer der Goldjunge gewesen war. Es war eine Wohltat gewesen, in seinem Licht zu baden. Olivia hatte das ungute Gefühl, dass es ein noch größeres Privileg sein würde, sein Licht zu sein, wenn er der Dunkelheit gegenübertrat.
Sie fragte sich plötzlich, ob die spielerische Leichtigkeit, die er Thrasher gegenüber zeigte und die einmal die Persönlichkeit von Jack ausgemacht hatte, inzwischen nur noch eine Maske war, hinter der er verbarg, was niemand sonst sehen durfte. Das, was sie nun sehen sollte.
Es machte ihr eine solche Angst, dass sie sich fast von ihm gelöst und zurückgezogen hätte. Sie wollte ihn nicht wieder lieben. Sie wollte nicht das Behältnis für seine Träume und Ängste und Sünden sein. Sie hatte schon selbst genug zu tragen.
Doch wie sollte sie sich von diesem Schmerz abwenden?
Ohne seine Hand loszulassen, kniete sie sich neben seinen Sessel. »Erzähl es mir, Jack. Sag mir, was du denkst.«
Sein Lächeln war angespannt. »Ich denke immer noch über den Kuss nach«, neckte er sie. Seine Stimme klang rau und müde. »Ich weiß, dass ich ihn nicht verdiene. Aber, bitte, Liv, ich habe fast das Gefühl, dass ich ohne einen Kuss von dir umkommen würde.«
Sie sah die Aufrichtigkeit in seinen Augen und spürte, wie er sich beinahe verzweifelt an ihre Hand klammerte, als hätte er Angst, sie gehen zu lassen. Sie erkannte in dem Moment, in welcher Gefahr sie schwebte. Sie konnte nicht Nein sagen.
Sie erhob sich, beugte sich über den Sessel und legte ihre Hand an seine geschundene Wange. Kurz schloss sie die Augen und atmete Jacks geheimnisvollen Duft ein. Sie fühlte das unsichtbare Band, das sie noch immer an ihn fesselte. Seufzend strich sie mit den Fingerspitzen über seine Bartstoppeln.
»Du hast recht«, flüsterte sie. »Du brauchst ein Bad.«
Und dann küsste sie ihn.
Wo war ihre Wut hin? Sie empfand eine seltsam wehmütige Art von Freude, die wie die Essenz längst verwelkter Rosen durch sie strömte. Sie konnte nur noch daran denken, wie sehr sie ihn vermisst hatte. Wie sie den Trost seiner Umarmung vermisst hatte, als sie sie am meisten gebraucht hätte. Wie sie das Glück seiner Berührung verloren hatte.
Sie wusste es besser, oder doch nicht? Blind für alles, außer seinem Mund, seinem Duft und dem Gefühl seiner Finger auf ihrer Haut, wurde ihr klar, dass sie hätte voraussehen können, dass das hier unvermeidlich war. Seine Blick war so dankbar, als wären Feuer und Hunger meilenweit entfernt, als würden sie einander endlich als unvollkommene Menschen begegnen, die sich gegenseitig Trost spendeten. Die eins wurden. Die sich unterstützten. Wieder schloss sie die Augen und begegnete ihm Mund an Mund – und war verloren.
Es war nicht anders. Nein. Es war besser, tiefer. Sein Geschmack war rauer, gieriger. Sie war dieses Mal diejenige, die ihre Hände über ihn gleiten ließ. Auf seiner Brust spreizte sie die Finger und reizte sich selbst mit den Löckchen des Haars, die aus dem offenen Kragen seines Baumwollhemdes schauten. Und sie reizte sich mit der Erinnerung daran, wie die Haare sich zu einem schmalen Streifen verengten, der sich über seinen Bauch zog. Sie entdeckte die Kraft seiner Muskeln wieder und die harten Konturen seiner Arme. Sie schmiegte sich an ihn, als er seine Arme um sie schlang und sie auf seinen Schoß zog.
»Dein Bein«, protestierte sie und löste ihre Lippen von den seinen.
Er vergrub seine Hand in ihrem Haar, zog die Haarnadeln heraus und hielt sie an sich
Weitere Kostenlose Bücher