Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unverkäuflich!

Unverkäuflich!

Titel: Unverkäuflich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bobby Dekeyser
Vom Netzwerk:
Eine wundervolle Familie hatten wir da kennengelernt.
    Ich rief meine Schwester Sonja in Deutschland an. In ihrem Freundeskreis gab es eine Frau, deren Vater viele Jahre geschäftliche Erfahrungen auf den Philippinen gesammelt hatte. Sein Rat: Auf keinen Fall die Polizei einschalten, denn es steckten zu viele Familienangehörige in diesem Komplott. Wir sollten Manny und Aida aus der Firma herauskaufen. Sie durften nicht ihr Gesicht verlieren und sie mussten zufrieden ausscheiden, damit wir in Ruhe weiterarbeiten konnten. Mir fiel es schwer, diesen Hinweis zu befolgen und nicht aus der Haut zu fahren und Manny zu konfrontieren. Doch der Weg der sanften Abschiebung war der beste. Wir ließen uns nichts anmerken, als wir in die Wohnung von Manny und Aida zurückkehrten, was mir bis heute als eine schauspielerische Glanzleistung erscheint. Wo wir denn den Tag verbracht hätten, erkundigte sich Manny. Wir berichteten von einem wundervollen Nachmittag auf dem Katamaran und der Entspannung auf dem Meer. In dieser Nacht stellten wir einen Stuhl vor die Tür und verkeilten ihn so, dass man unser Zimmer nicht betreten konnte. Tags darauf rief ich Manny an und bat ihn zu einem Gespräch in einem Luxushotel der Stadt, dringend, in zwei Stunden. Während Hervé und ich uns auf den Weg machten, war eine Sicherheitsfirma in unserem Auftrag unterwegs in die Produktion, mit einem Dokument, das belegte, wer die echten Besitzer der Firma waren. Im Konferenzraum des Hotels wurde es eng, denn die beiden hatten als Verstärkung und Argumentationshilfe weitere Familienmitglieder mitgebracht. Eine absurde Situation, denn allen schien klar zu sein, dass wir hinter den Betrug gekommen waren. Auch wenn es niemand offen aussprach. Ein Theaterstück begann.
    »Es gibt leider schlechte Neuigkeiten«, eröffnete ich das Gespräch. »Die Geschäfte in Deutschland laufen katastrophal und wir müssen das Projekt unterbrechen.«
    Manny sah mich kalt an, doch Aida begann tatsächlich zu weinen, erst leise, dann immer lauter, beinahe wie ein Klageweib. Die Komödie wurde nun etwas schmierig.
    »Ich will hunderttausend Dollar«, stieß Manny durch die Zähne.
    Aida hörte schlagartig mit ihrer Heuleinlage auf.
    »Ich verstehe deinen Ärger«, sagte ich und wollte zu weiteren Erklärungen ansetzen.
    »Neunzigtausend«, unterbrach er mich.
    Nun begann eine Feilscherei, die schließlich bei vierzigtausend Dollar endete. Vierzigtausend Dollar, damit Halbkriminelle unser Eigentum zurückgaben! Man könnte auch von einer Art Lösegeld für eine entführte Firma sprechen. Es würde nicht leicht sein, die Summe aufzutreiben, doch noch spannender war die Frage, wie Manny reagieren würde, wenn er herausfand, dass wir während unserer Verhandlung die Produktion übernommen hatten. Ein bewaffneter Wachdienst kontrollierte nun das Tor zur Fabrik. Manny bekam einen Wutanfall, als man ihn nicht hereinließ, und hinterließ eine Morddrohung auf der Sprachbox von Hervés Mobiltelefon. In den nächsten Monaten war erhöhte Aufmerksamkeit gefragt, so viel stand fest. Wir beriefen eine Versammlung aller Flechter und Arbeiter ein und eröffneten ihnen, dass wir uns gezwungen sahen, alle zu entlassen. Es konnte keinen Neuanfang geben, wenn wir nicht sicher sein konnten, dass Manny Spione oder Saboteure in unseren Reihen hatte. Abends aßen Hervé und ich in einem Restaurant und tranken kaltes Bier. Die Ereignisse beschäftigten uns, und in der heißen tropischen Nacht schoben sich die Tuktuks an uns vorbei. Einer von uns musste vor Ort bleiben, sonst würde es nicht funktionieren. Einer musste aufpassen und die Aufbauarbeit leisten, das war klar. Hervé nahm einen Schluck vom Bier: »Du hast Familie. Ich mache es«, sagte er.
    Ich erinnere die Szene am nächsten Morgen, als mich ein Taxi abholte und zum Flughafen fuhr. Hervé stand vor dem Tor und ich konnte sehen, dass er leicht zitterte. Er stand dort wie ein Krieger, der seine Angst besiegen muss. Ich fühlte mich schlecht, ich machte mir Gedanken, ob ich ihn wirklich in dieser Gefahr allein zurücklassen konnte. Fünf Jahre später hatten wir eine Fabrik mit mehreren tausend Angestellten, eine Produktion, die alle Besucher überrascht: sauber, effizient, sicher, eine Produktion mit europäischen Standards und etlichen Kontrollpunkten, an denen die Qualität der Möbel geprüft wird. Wir hatten aus unseren Erfahrungen mit Manny gelernt. Nach wie vor haben die Philippinen, was die Korruption betrifft, einen schlechten Ruf

Weitere Kostenlose Bücher