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Unverkäuflich!

Unverkäuflich!

Titel: Unverkäuflich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bobby Dekeyser
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erstaunt und schreiben über die sizilianischen Nudeln, den Gartenteich und die Sportanlagen, als handele es sich um herausragende Errungenschaften. Zwischen den Zeilen witzeln sie über die Diskrepanz zwischen »Robert’s Ranch«  – so heißt das Reich des angelnden Hausmeisters  – und unseren Stilmöbeln. In einem Artikel schrieb man über »das Wunder von Lüneburg«. Vor allem jene, die mit spitzen Bleistiften rechnen, mögen die Nasen rümpfen über etwas, das auf den ersten Blick verschwenderisch erscheinen mag. Aber wieso? Ich finde, dass der Mensch im Mittelpunkt einer Firma steht. Wenn man es mit diesem Gedanken ernst meint, muss man ein Umfeld schaffen, in dem er sich besonders wohlfühlt, in dem er eine starke Bindung fühlt. Gewinne zu maximieren, ist nicht besonders schwer, aber ein Unternehmen aufzubauen, das einen besonderen Geist hat  – das ist eine komplexe Aufgabe! Aus Sicht eines Entrepreneurs ist es eigensinnig, so zu handeln. Sind Mitarbeiter motiviert, sind sie begeistert von ihrer Arbeit; fahren sie morgens nicht mit grauen Muffelgesichtern ins Büro oder in die Produktion, sondern voller Vorfreude auf einen Tag, an dem sie zwischendurch Billard spielen, ein wenig kicken oder in der Liegelandschaft auf der Wiese ruhen können, werden die Ergebnisse besser sein. Sie werden das Beste geben, sie werden ihre Begeisterung mit anderen teilen. Wenn sie sich in einer Sprache verbessern, ist das für ein Unternehmen, das international agiert, ebenfalls von Vorteil. Wer Leistung bringt, bekommt eine Gegenleistung. Ich finde das selbstverständlich.

    Gesichter des Wachstums: Heute arbeiten mehrere tausend Handwerker
     und Flechtkünstler rund um die Uhr in der Produktion von Cebu.
    Was die Arbeitsbedingungen angeht, achten wir darauf, dass auch in unserer Produktion in Asien höchste Standards gelten. Hervé hat ein System geschaffen, in dem die Sicherheitsvorschriften am Arbeitsplatz ähnlich streng sind wie in Europa und weit über dem liegen, was auf den Philippinen üblich ist. Es war nicht immer leicht, die Arbeiter davon zu überzeugen, dass Ohrenschützer (im Rahmenbau) oder Schutzbrillen (für Schweißer) notwendig sind. Unsere Flechter arbeiten in klimatisierten Räumen, es ist sauber und aufgeräumt; mittags kocht das Team um Dorothy viele hundert kostenlose Mahlzeiten. Wir haben eine Flotte von Bussen, in denen unsere Leute aus den Dörfern zur Arbeit und wieder nach Hause fahren können, ein wichtiger Service, denn manche wären sonst stundenlang unterwegs. Als uns zu Ohren kam, dass viele Männer den Lohn für Hahnenkämpfe ausgeben oder in der nächsten Kneipe investieren, statt die Familie daheim zu versorgen  – ein Problem, das norddeutsche Fischerfamilien oder die Angehörigen von Bergleuten im Ruhrgebiet auf andere Weise auch kennen  – , führten wir Bankkonten ein, auf die auch die Frauen Zugriff haben. Arbeiter verdienen bei uns dreißig bis fünfzig Prozent mehr, ausgeglichen durch Leistungen wie Krankenversicherungen und Weiterbildungen. In unserer Flechtschule bilden wir in Zusammenarbeit mit den Patern des Don-Bosco-Ordens junge Handwerker aus. Viele Mitarbeiter aus Lüneburg fliegen auf Firmenkosten regelmäßig auf die Philippinen. Und nicht nur, um zu sehen, wie die Produktion, sondern wie das Leben dort funktioniert.
    —
    Ich fahre mit den Mitarbeitern manchmal auch auf den Müll am Rande der Stadt Mandaue City. Seit Jahren unterstützen wir dort ein Hilfsprojekt, das der Steyler Missionar Heinz Kulüke auf den »Smokey Mountains« betreut. Der Emsländer kümmert sich um die Familien, die auf dem Müll leben. Der Müll ist kein Müll, wie man ihn in Mitteleuropa kennt: Es ist eine bräunliche Pampe, eine breiige Masse, man sieht Plastikreste, verdorbene Lebensmittel, auch Chemikalien, Exkremente, mittendrin eine Spielzeugpuppe. Jeder Schritt ergibt ein schmatzendes Geräusch, und wer nicht Acht gibt, droht metertief einzusinken. Brandnester kokeln unter der Oberfläche, an den meisten Tagen liegt dichter Rauch brennender Autoreifen über der Müllkippe, viele Menschen husten, werden von tollwütigen Hunden gebissen, verletzen sich an Skalpellen oder den Spritzen aus Krankenhausabfällen. Amputierte Gliedmaßen verwesen auf den Abfallbergen. Manchmal finden die Müllsucher abgetriebene Föten. Der Gestank, der über den Müllbergen liegt, der süßlich ist und scharf, nach Fäulnis, Fäkalien, nach Pestilenz riecht, nimmt einem den Atem. »Gott lebt auf der

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