Unverkäuflich!
Geschäftsmodelle oder sogar eine südamerikanische Edelsteinmine aufzuschwatzen. Ich sollte auf Rohstoffpreise wetten und fragte mich im Stillen: Wenn die Herren so schlau sind, warum müssen sie dann überhaupt andere Anleger finden? Selbst über meine Kinder versuchten sie, mit mir in Kontakt zu treten, und es kam vor, dass der Vater einer Schulfreundin von Marie rein zufällig Unterlagen für das Geschäftsmodell des Jahres zur Hand hatte. Genauso gut hätten sie versuchen können, den Papst zu einem Ründchen im Swingerklub zu überreden. Aktienanlagen sind für mich auch keine Option; wenn ich mit Geld spielen möchte, gehe ich ins Kasino. Ich habe während der Finanzkrisen keinen Cent verloren, denn ich bin, was Geldanlagen betrifft, wirklich konservativ. Ich investiere lieber in meine eigene Firma oder gebe es an meine Stiftung.
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Was mich mit Freude erfüllte, war aber nicht nur die Idylle des Wohnorts. Seit Jahren hatte ich den Gedanken, eine Stiftung zu gründen, und nun nahm »Dekeyser & Friends« die Arbeit auf. Für mich ist die Stiftung eine Lebensentscheidung und ein Wert, den ich einmal an meine Kinder übergeben möchte. Sie ist mir sehr wichtig. Ich glaube an die Jugend, mögen auch viele andere über sie meckern. Ich bin überzeugt, dass jede Generation mit Skepsis auf die nächste blickte, aber in der heutigen Zeit ist das besonders ungerecht. Nie zuvor war es so leicht und gleichzeitig so schwer, ein junger Mensch zu sein: Beeinflusst von Medien und den täglichen Horrormeldungen, gesteuert von Ängsten, dauerbefeuert von allen möglichen Einflüssen, von Vorgaben, unbedingt schön zu sein und am besten sofort erfolgreich, fällt es ihnen schwer, den eigenen Weg zu finden. Es muss ein Labyrinth sein, in dem man sich leicht verirren kann. Manchmal ist es schwer, sich selbst zu entdecken, wenn theoretisch doch alles möglich zu sein scheint. Ich habe das Gefühl, dass sich mancher auch in der virtuellen Welt verliert, zwischen Facebook-Freunden und echten Freunden, zwischen Tweets und wirklichen Gesprächen kaum noch unterscheiden kann. Vieles ist oberflächlich und verlogen – und es mangelt an Vorbildern, die diesen Namen verdienen. Es fehlen Werte, die sich nicht auf Bankkonten abbuchen lassen. Eine fatale Kombination, die dazu führt, dass sich Proleten über junge Menschen lustig machen und Millionen dafür den Fernseher einschalten. Mich erinnert das ans finsterste Mittelalter, an den Pöbel und den Pranger.
Vor einigen Jahren hatte ich Florian Hoffmann kennengelernt, einen Oxford-Studenten und Handballspieler, der mir auf Anhieb sympathisch war. Wir unterhielten uns über das Thema Bildung – und entdeckten viele gemeinsame Gedanken. Vielleicht war es Fügung, dass wir uns trafen, denn meine Pläne und sein Organisationstalent, meine Leidenschaft und seine Gedankenklarheit ergaben das Konzept der Stiftung. Florian ist ein Enthusiast, jemand, der für die Vision lebt, die Welt im Kleinen ein bisschen besser zu machen. Die Idee unserer Stiftung: Erfahrene Persönlichkeiten (»Friends«) geben ihr Wissen, ihre Erfahrung, ihre Sicht der Dinge an jeweils fünfzehn Jugendliche und junge Erwachsene (»Fellows«) weiter, die sich aus der ganzen Welt bewerben. Sie schenken ihnen etwas sehr Wertvolles: ihre Erfahrung, ihre Zeit. In einem Projekt saß ein ehemaliger Kindersoldat aus Uganda neben einer Bloggerin aus Pakistan und neben einer Studentin aus Kanada. Es geht uns auch um den Austausch der Kulturen, das Miteinander, das die Stipendiaten in der zehnwöchigen Projektphase erleben. In dieser Lehrzeit dreht sich alles um Kunst, Kultur, um Sport oder soziales Unternehmertum, es soll eine Art »Schule des Lebens« sein, in der die Fellows aufgefordert werden, einen Plan zu entwickeln, den sie in ihrem Heimatland umsetzen. Wie dieser Plan aussieht, ist ihre eigene Entscheidung – er soll lediglich, das ist die einzige Vorgabe, ein soziales oder ökologisches Anliegen haben. Zehn weitere Monate lang unterstützen wir die Fellows finanziell und durch den Rat der Mentoren, diesen Plan in die Tat umzusetzen. Man könnte sagen, dass es sich um eine neue Art von Bildung handelt. Statt mit einem Zeugnis oder irgendeinem Zertifikat verlassen die Stipendiaten unsere Akademie mit mehr Lebenserfahrung, dem Wissen, wie man Dinge angeht, und der Struktur einer kleinen Firma, eines Vereins, einer Hilfsorganisation. Sie lernen selbst, wie man Dinge verändert, und treffen Gleichgesinnte, mit denen
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