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Unvermeidlich

Unvermeidlich

Titel: Unvermeidlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Hinz
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Ersatzvater.
    Wir sitzen am Rand des Nichtschwimmerbeckens und beobachten gemeinsam Anna, die sich mit einer zufällig getroffenen Kindergartenfreundin austobt. Ich gebe mir wirklich Mühe, ihn nicht zu sehr anzustarren. Deswegen lenke ich mich selbst ab, wenn auch mit einem sehr unangenehmen Thema. Es ist schwer, ihn nicht wie selbstverständlich berühren zu dürfen. Nicht in der Öffentlichkeit.
    „Nächste Woche muss ich bei meinem Vater antanzen. Er will mit mir reden. Ich habe ein ganz böses Gefühl.“
    „Warum?“, fragt Alex. „Meinst du, er hat wirklich etwas mitbekommen?“
    „Ich weiß es nicht. Er verhält sich komisch seitdem. Auf jeden Fall wird er ein paar Fragen haben, was uns beide betrifft. Da bin ich mir ziemlich sicher.“
    „Und was wirst du ihm sagen?“
    „Ich habe keine Ahnung. Am liebsten würde ich mich drücken, doch das ist wohl keine Option.“
    „Ist es nicht. Nicht bei deinem Dad.“
    Meine Eltern mögen Alex sehr, im Gegensatz zu meinem Bruder, der seine Abneigung noch nicht ganz verwunden hat. Aber ihre Sympathie wird ein abruptes Ende finden, wenn sie rauskriegen, was zwischen uns läuft. Und vor allem, wie lange schon.
    Immer mit dem Blick auf Anna lehnt sich Alex zu mir. „Ela?“, flüstert er leise.
    „Ja?“ antworte ich mit genauso gedämpfter Stimme. Wenn er so nah ist, kann ich ihn nicht anschauen. Nicht hier. Ein Blinder würde in dem Moment sehen, was ich für ihn empfinde.
    „Ich habe ganz plötzlich unglaublichen Hunger auf Cupcakes.“
    „Du hast doch vorhin …“ Erst jetzt bemerke ich, dass er auf meine Schulter starrt. „Oh …“
    „Ela, du fehlst mir“, wispert er. „Es ist Ewigkeiten her, dass ich dich das letzte Mal richtig berühren konnte.“ Exakt zwei Wochen, um genau zu sein. Ich kann inzwischen auch nur noch schwer an etwas anderes denken, aber wie immer kommt das Leben dazwischen. Für uns besonders, da unsere Möglichkeiten stark eingeschränkt sind.
    „Mama, können wir gleich noch zu McDonalds?“, quakt Anna und versucht, sich an meinem Knie aus dem Wasser zu ziehen. Mit routinierter Unschuldsmiene zieht Alex sich zurück. Ihm fällt das viel leichter als mir, in diesen Momenten umzuschalten.
    „Natürlich Schatz. Das hab ich dir doch versprochen.“
    „Darf ich auch mitkommen, Mama?“, fragt Alex grinsend.
    „Hey, das ist nicht deine Mama!“, protestiert mein Kind lautstark. „Das ist nur meine Mama!“
    „Und was für eine tolle Mama das ist. Die würde ich auch nicht hergeben wollen.“
    Wenn er noch ein paar Mal in diesem Tonfall „Mama“ zu mir sagt, kann ich für nichts mehr garantieren. Alex muss heute Abend einen Umweg über mein Schlafzimmer machen, auch wenn wir dann schrecklich leise sein müssen.
     
    Ich hasse es, mich noch halb nass in stickiger Luft und einer viel zu engen Kabine anziehen zu müssen. Wenigstens hat sich Anna heute ohne weiteres Theater selbst angezogen, doch jetzt hüpft sie aufgeregt vor mir auf und ab, während ich mich in eine verfluchte Jeans zwänge, die auf jedem Zentimeter kleben bleibt.
    „Ich hab Durst, Mama!“ Der quengelige Tonfall lässt auf einen sehr kurzen Geduldsfaden schließen.
    „Schatz, ich hab nichts mitgenommen. Aber wir fahren ja jetzt etwas essen. Da kannst du sofort etwas haben.“
    „Kann ich mir nicht vorne am Automaten etwas holen?“
    „Ich muss mich erst fertig anziehen. Kann es wirklich nicht mehr warten?“
    „Nein!! Ich hab so einen Durst.“
    Leise klopft es an unsere Kabinentür. Es ist Alex, der offenbar schon angezogen ist. „Ich geh mir dir, Anna. Dann kann die Mama sich in Ruhe fertigmachen.“
    Ich öffne die Tür einen Spalt, damit sie hindurchschlüpfen kann, doch sie bleibt vor mir stehen. „Ihr müsst nicht mitgehen. Ich kann das schon alleine. Ich bin doch kein Baby.“
    Alex steckt vorsichtig den Kopf rein und stellt erleichtert fest, dass ich meinen BH schon trage. Generell hat er natürlich nichts dagegen, meine nackten Brüste zu sehen, aber vor meiner Tochter muss das nicht sein.
    „Darf ich, Mama? Bitte!“
    „Bekommst du das denn am Drehkreuz hin? Du musst ja auch deine Karte da einstecken.“
    „Maaamaa!“, nörgelt sie. „Ich mache das schon immer alleine.“
    „Na gut.“ Ich drücke ihr die Eintrittskarte und ein Zwei-Euro-Stück in die Hand. „Wir sind sofort bei dir. Du gehst auf keinen Fall alleine auf den Parkplatz und wartest neben der Kasse auf uns.“
    „Okay.“ In Windeseile drängt sie sich an uns vorbei und

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