Unwiderstehlich (German Edition)
bevor die Treppe sich teilte und in zwei Bögen in den zweiten Stock heraufführte, gab es einen Absatz. Hier begab Carla sich auf Beobachtungsposten.
Die Party fand im Wesentlichen im weitläufigen Erdgeschoss statt. Viele nutzten die leisere Umgebung auf der Treppe und im ersten Stock, um dort zu plaudern, aber oben auf dem Gang des zweiten Stockes war alles ruhig. Hinter der letzten Stufe, die auf den oberen Flur führte, war der Weg mit dicken roten Kordeln versperrt. Zu beiden Seiten gingen verschiedene Türen ab, aber der viereckige Flur lag im Halbdunkeln und schien verlassen, während unten in der Halle Lichtblitze zuckten und laute Musik gegen die Wände hallte.
Carla hatte zwanzig Minuten gewartet, aber nichts passierte. Von hier oben hatte sie die Gäste beobachtet, in der Hoffnung, ihre Freundin Netti irgendwo zu sehen, aber die hatte sich immer noch nicht blicken lassen. Gerade, als sie sich ein neues Glas Champagner holen wollte, bemerkte sie eine Bewegung auf dem Flur. Ein Kellner lief über den dicken Teppich, der alle Geräusche schluckte, auf die Treppe zu. Sie hatte gewartet, bis er die Kordel löste, auf die andere Seite ging und die Kordel wieder schloss.
Jetzt hatte Carla sehen können, dass er vier leere Gläser auf seinem Tablett trug. Mit gesenktem Kopf war er die Stufen herabgestiegen, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Carla war ihm gefolgt, bis er hinter der langen Theke im Erdgeschoss verschwand. Auf einem Barhocker hatte sie auf ihn gewartet. Nur zwei Minuten später war er aus dem Hinterraum wieder aufgetaucht.
Das war ihre Chance. Sie hatte ihn herangewinkt, und tatsächlich war er zu ihr gekommen. »Diese Gäste dort oben im zweiten Stock, ist das eine geschlossene Gesellschaft?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.« Er blickte sie völlig regungslos an.
»Sie sind doch gerade von oben heruntergekommen, mit leeren Gläsern. Da sind doch noch mehr Gäste.«
Er antwortete nur widerwillig. »Ja.«
»Und ist diese kleine Gesellschaft dort oben auch Teil dieser Party?«
»Nein.«
Himmel, für den Typen brauchte sie eine Saftpresse. Kein Wort zu viel kam aus ihm raus. »Ich hätte Interesse, diese andere Gesellschaft näher kennenzulernen.«
»Werden Sie denn erwartet?« Sein zuvor neutraler Ton wurde eine Spur frostig.
»Nein.«
»Dann kann ich leider nichts für Sie tun.«
»Ich würde aber gerne erwartet werden.«
»Ich kann Ihnen nicht helfen.«
»Was muss ich denn machen, damit ich erwartet werde?«
»Es tut mir leid.«
Carla griff zu ihrer Handtasche und holte etwas heraus. Diskret schob sie einen Hunderteuroschein über die Theke. Der Kellner sah den Schein, legte seine Hand darauf, und zu Carlas großer Überraschung schob er den Schein zurück. Sie griff noch einmal in ihre Tasche und legte einen weiteren Schein dazu. Genervt, aber trotzdem lächelnd, schob sie die Scheine wieder in seine Richtung. Jetzt blickte der Kellner etwas böse.
»Sie machen es nur noch schlimmer.« Er griff nach einem Tablett, drehte sich weg und ging, ließ sie mit ihren zwei Scheinen unter der Handfläche einfach sitzen.
Unverschämtheit. Sie blickte ihm nach. Mit einem leeren Tablett drängte sich der Kellner durch die feiernden Menschen, dann war er plötzlich verschwunden.
»Es ist der Marquis. Sie müssen einen Termin bei ihm haben, wenn Sie ihn treffen wollen.«
Erschrocken drehte Carla sich wieder zur Theke. Ein anderer Kellner stand dort und blickte auf die zwei Scheine.
Ohne ihre Hand wegzunehmen, fragte Carla: »Wie komme ich denn an einen Termin?«
»Ich weiß nicht.« Sein Blick schweifte über die Köpfe der Menschenmenge hinweg, als würde er nach etwas Ausschau halten.
»Was passiert da hinter der Tür?«
»Oh, ich weiß es auch nicht genau, aber jede Frau, die dort hineingegangen ist, kommt völlig verändert wieder hinaus.«
Carla schnaufte. So viel wusste sie ja selbst schon. »Und weiter?«
»Mehr weiß ich nicht. Ihre Kleidung ist immer verrutscht. Ich vermute mal, dass sie da drinnen keinen Sport machen.«
»Das ist aber dürftig.«
»Ich sage Ihnen schon viel mehr, als ich darf.«
»Aber wie, verdammt noch mal, kommt man da rein?«
Der Kellner schüttelte den Kopf. »Ich kann es Ihnen nicht sagen. Ich weiß nur, dass man etwas teilen muss.«
»Teilen? Was denn?« Carla legte ihre Fingerspitzen auf die Scheine und schob sie nach vorne.
Ihr Gegenüber zuckte mit den Schultern, aber mit einem Mal griff er nach den zwei Scheinen und steckte sie schnell
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